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21.06.1996 00:00

Autoren im Vergleich

Dipl.-Ing. Mario Steinebach Pressestelle und Crossmedia-Redaktion
Technische Universität Chemnitz

    Autoren im Vergleich Was denkt ein Chemnitzer Literaturwissenschaftler ueber Joyce, Ponge und Handke?

    CHEMNITZ. Der Chemnitzer Literaturwissenschaftler Prof. Dr. Guenter Peters beschaeftigt sich gegenwaertig mit Methoden literarischer Realisation bei James Joyce, Francis Ponge und Peter Handke. Und dem Chemnitzer Professor geht es konkret um die "Erscheinungen" in der Lektuere dreier zunaechst kaum vergleichbar erscheinender Autoren aus dem ersten, dem mittleren und dem letzten Drittel des 20. Jahrhunderts. Unabhaengig von der sprachlichen Aufgliederung der Literaturen, denen sie zugehoeren, reagieren die drei Autoren auf die Krise der Moderne und die Aufloesung der literaischen Tradition mit einer radikalen Neufassung der Kategorie der aesthetischen Erscheinung. Geleitet von der sprachlichen Aufgliederung der Literatur, aber auch durch die bewusste UEberwindung dieser Schranken, realisieren sie neue Formen der Welterschliessung und neue Welten der Sprachformung. Alle drei Autoren richten ihre Intention zuerst auf die Sprache selbst und verstehen sich als Realisatoren autonomer Sprechwerke. Auf unterschiedliche Weise verfolgen sie mit ihrem Projekt aber auch den Versuch, den verlorengegangenen Zusammenhang des Menschen mit der Welt wiederherzustellen. In James Joyces Portrait of the Artist as a Young Man wird die Tradition des Kuenstler- Erziehungs- und Bildungsromans aufgeloest. Joyce, dessen Schreiben sich aus dem Widerstreit von irischem Patriotismus und literarischem Weltbuergertum, von Katholizismus und Aufklaerung, Buergerlichkeit und Kuenstlerleben konstituierte, verwandelt alles Objektive in Bewusstseinsprozesse und Sprachbewegungen und entwirft fuer die sprunghaften Veraenderungen der Psyche und der Sprache die ihnen jeweils entsprechenden literaischen Strukturen. Francis Ponge will - mit leiser Stimme und zarter Ironie - die Ur-Taetigkeit Adams nach dem Tod Gottes neu beginnen: den Dingen Namen geben - gute franzoesische Namen - und durch die sprachliche Anverwandlung der Welt den menschlichen Geist realisieren. Der Autor von Le Parti pris des choses, der sozialistischen Ideen nahestand, sich in der Resistance engagierte, und nach dem Krieg enttaeuscht von der Kommunistischen Partei abwandte, konfrontiert die Sprache mit den Dingen, um den Text einer besseren, gerechteren Welt zu finden. Jenseits der epischen, lyrischen oder dramatischen Gattungen erneuert er mit seinen "Definitionen- Deskriptionen" die klassische Fabel. Die Langsame Heimkehr des oesterreichischen, in Paris lebenden Erzaehlers Peter Handke und seiner Figur, des Erdforschers Sorger, aus der menschenleeren und geschichtslosen Landschaft des hohen amerikanischen Nordens in die Moderne Mitteleuropas will durch die praezise sprachliche Versenkung in die Formen der Natur die Moeglichkeit des Erzaehlens wiedergewinnen und die Welt in eine Friedensperspektive ruecken. Das Bemuehen, fuer die Wahrnehmung der Dinge freie Entsprechungen im Text zu finden, wird in Handkes Prosa als Bewusstseinsprozess von Figuren erzaehlt, die sich aus Agression und Fremdbestimmung fortsehnen und zu neuen Formen individueller Selbstverordnung und sozialer Aufgeschlossenheit kommen wollen. Die Darstellung psychischer Prozesse und zwischenmenschlicher Wahrnehmungen (Joyce) und die Methode der Realisation der Dinge in der Sprache (Ponge) werden in Handkes Erzaehlverfahren funktional verschraenkt. Im Blick auf die literarische Methode der drei Autoren werden Grundlinien einer Poetik des 20. Jahrhunderts sichtbar, die zwar den traditionellen Darstellungsbegriff hinter sich gelassen hat, gerade dadurch aber zu neuen Formen des literarischen Weltbezugs vordringt.

    Weitere Informationen erteilt Prof. Dr. Guenter Peters, Telefon 03 71/5 31-45 41, -45 40.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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