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14.09.2000 09:59

DGPs-Kongress: Psychologen stehen vor einer Zeitenwende

Dr. Wolfgang Hirsch Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Jena. (14.09.00) Mehr als 2.000 Wissenschaftler versammelt der 42. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie vom 24. bis 28. September in Jena. Noch nie waren so viele ausländische Teilnehmer, insbesondere auch aus Osteuropa, zu Gast bei einer solchen Tagung. Das Programm setzt sich aus rund 1.400 wissenschaftlichen Einzelbeiträgen zusammen und umfasst die ganze Bandbreite der psychologischen Teilgebiete.

    Mit Spannung erwartet werden zum Beispiel die ausgewählten 14 Überblicks- und 24 Positionsreferate, etwa zu "Positivem Denken", zur Emotionspsychologie der Mediennutzung, zur "Falschbeschuldigung bei sexuellem Kindesmissbrauch", zur kognitiven Steuerung des Essverhaltens ("Übergewicht als Schicksal"), zum prozessorientierten Wissensmanagement, oder zur Psychologie unternehmerischen Erfolgs. Andere Veranstaltungen widmen sich besonders aktuellen Themen, wie der zunehmenden Gewalt und - allgemeiner - den oft gespannten Beziehungen zwischen sozialen Gruppen.

    Die Wolfgang-Köhler-Gedächtnisvorlesung hält in diesem Jahr Prof. Frank Rösler (Marburg) über das "Elektroenkephalogramm des Menschen" beim Verstehen sprachlicher Information, jenes Diagnoseverfahren, das vor rund 75 Jahren von Hans Berger in Jena entwickelt wurde. Auch eine Informationsveranstaltung des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen (bdp) zum Arbeitsmarkt für Psychologie ist in das Programm integriert. Der mit 10.000 Mark dotierte Deutsche Psychologiepreis wird am 24. September verliehen.

    Angesichts neuer Herausforderungen an Wissenschaft und Profession gilt das diesjährige Meeting als Richtungskongress. "Die Psychologie in Deutschland steht am Scheideweg", erklärt Tagungspräsident Prof. Dr. Rainer K. Silbereisen, Entwicklungspsychologe an der Uni Jena. Interdisziplinarität und Internationalisierung sind die Schlagworte, mit denen Silbereisen operiert. "Über unsere eigenen Erklärungen menschlichen Verhaltens hinaus", meint Silbereisen, "sind wir gut beraten, mehr gemeinsame Ansätze mit anderen Fachrichtungen zu suchen, etwa Neurowissenschaften oder Wirtschaftswissenschaften, und uns gemeinsam fachgrenzenübergreifend den großen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Fragen unserer Zeit zu widmen: zum Beispiel der Funktionsanalyse des Genoms, der Globalisierung und ihren Folgen wie Medien-Boom, Migration und der Auflösung tradierter Sozialstrukturen, aber auch neuen Formen des multimedialen Lernens, oder psychologischen Aspekten des Unternehmertums und der Finanzmärkte." Heute arbeitet die Psychologie einerseits mit naturwissenschaftlichen Methoden, ähnlich der Biologie und Medizin, andererseits stärker sozialwissenschaftlich orientiert. Diese Variabilitäten gelte es, stärker miteinander zu verschränken - ein Stichwort: "biopsychosozial" -, um die wechselseitigen Einflüsse beispielsweise zwischen hirnphysiologischen Prozessen und sozialen Verhaltensweisen besser zu verstehen.

    Und das, wenn es nach Silbereisen geht, am besten in internationalem Rahmen. "Die deutsche Psychologie verliert seit Jahren ihre besten Nachwuchskräfte ins Ausland", moniert er und fordert mehr Austauschprogramme, mehr Forschung in internationalen Kooperationen und bessere Bedingungen für junge Psychologen, auch aus dem Ausland, um in Deutschland zu reüssieren. Nicht zuletzt, um solche Kontakte zu fördern, haben er und sein Organisationsteam für den Jenaer Kongress besondere Veranstaltungsformen kreiert: vertrauliche Runden unter dem Motto "Meet the Scientists", in denen junge Leute Karrierefragen mit arrivierten Wissenschaftlern diskutieren, ein "Home-coming-Program", in dem Professoren deutscher Herkunft wie Dieter Wolke (University of Herfordshire), Gil Noam (Harvard University) oder Fred Vondracek (Pennsylvania State University) ihre Erfahrungen mit dem dortigen Wissenschaftssystem schildern und damit zur hiesigen Diskussion über Reformen beitragen. Schließlich der "Jahrmarkt Psychologie 2000" am Dienstag Abend, der auf dem gesamten Campus-Areal am Abbe-Platz einen bunten gesellschaftlichen Rahmen aufspannt.

    Ansprechpartner:
    Prof. Dr. Rainer K. Silbereisen, Dr. Matthias Reitzle
    Tel.: 03641/945200, Fax: 03641/945202
    E-Mail: jena2000@rz.uni-jena.de
    Kongress-Homepage: http://www.dgps-jena2000.de/

    Friedrich-Schiller-Universität
    Referat Öffentlichkeitsarbeit
    Dr. Wolfgang Hirsch
    Fürstengraben 1
    07743 Jena
    Tel.: 03641/931031
    Fax: 03641/931032
    E-Mail: h7wohi@sokrates.verwaltung.uni-jena.de


    Weitere Informationen:

    http://www.dgps-jena2000.de/


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Psychologie
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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