idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
19.09.2000 11:21

100 Jahre deutsches Leben auf Capri - Die Insel feiert ein besonderes Jubiläum

Kai Uwe Bohn Hochschulkommunikation und -marketing
Universität Bremen

    Die Deutschen lieben Mittelmeer-Inseln: der aktuelle Mallorca-Boom zeigt es wieder
    einmal. Diese Liebe hat eine lange Geschichte. Was heute die Baleareninsel Mallorca
    ist, war vor 100 Jahren Capri, die Sireneninsel im Golf von Neapel.

    Nachdem der
    deutsche Dichter August Kopisch die "Blaue Grotte" entdeckt und zahlreiche deutsche
    Schriftsteller die Schönheit der Insel in Reiseberichten, Erzählungen und Gedichten
    besungen hatten, wurde Capri zum Traum-Eiland der deutschen Italien- Sehnsucht.
    Und das Publikum, das es in den Süden zog, war bunt gemischt: Künstler und
    Lebenskünstler, die sich dort ansiedelten; Industrielle, wie der "Kanonenkönig"
    Friedrich Alfred Krupp, der auf der Insel eine eigene Straße baute; Wissenschaftler,
    wie Emil Behring, der Entdecker des Diphterie-Serums, in dessen Villa sich Gorki und
    Lenin trafen; Dichter, wie Rainer Maria Rilke oder Gerhart Hauptmann - aber auch
    Massentouristen und nicht zuletzt "Aussteiger", Zivilisationsflüchtlinge,
    Lebensreformer, Homosexuelle oder andere ungleiche Paare. Deutsch wurde die
    zweite Sprache auf der Insel, es gab deutsche Hotels, deutsche Wirtschaften (mit
    Münchner Hackerbräu im Ausschank), und die Hauptstraße hieß zu Ehren von Kaiser
    Wilhelm via Hohenzollern. Sogar die Schiffspassage von Neapel nach Capri
    funktionierte unter deutscher Flagge: Der Norddeutsche Lloyd in Bremen bediente die
    Linie mit einem ausgemusterten Rheindampfer.

    Dieser ganze Zauber ist heute verschwunden - was aber geblieben ist aus der
    "deutschen Periode" auf Capri ist eine liebenswerte Einrichtung, die in diesem Jahr ihr
    100-jähriges Jubiläum feiert: die "Deutsche Evangelische Kirche" an der via Tragara,
    einer der heutigen Luxusmeilen der Insel. Wie vieles auf Capri ist auch sie ein
    Kuriosum. Ihre Gründung verdankt sie der privaten Initiative eines Vereins Frankfurter
    Kaufleute, die in Zeiten vehementer interkonfessioneller Auseinandersetzungen, wie
    sie damals an der Tagesordnung waren, auf evangelische Seelsorge und Predigt
    auch im katholischen Italien nicht verzichten wollten. Regelmäßig wurden aus
    Deutschland sogenannte "Kurprediger" nach Capri geschickt, die während der
    Hauptsaison (damals im Winter) ihren Dienst versahen. Als Capri nach dem 2.
    Weltkrieg eine neue deutsche Reisewelle erlebte, wurden die Pastoren von der
    Evangelischen Kirche in Deutschland entsandt. Daneben stand das Gotteshaus
    Anglikanern und Waldensern zur Verfügung: ein früher Ort der Ökumene, der
    interkonfessionellen und interkulturellen Begegnung von Menschen unterschiedlicher
    Herkunft, Überzeugung und Lebensführung.

    Das Jubiläum dieser deutschen "Enklave" im Süden wird in der ersten Oktoberwoche
    2000 auf Capri groß gefeiert. Vorgestellt wird in diesem Rahmen auch ein neues Buch
    des Bremer Germanisten und Kulturhistorikers Professor Dieter Richter, eines
    Spezialisten auf dem Gebiet der Geschichte des europäischen Italien-Tourismus.
    Richter hat aus deutschen und italienischen Archiven die Geschichte des deutschen
    Lebens auf Capri rekonstruiert und legt unter dem Titel "Das Gotteshaus an der Via
    Tragara" die offizielle Festschrift zum 100- jährigen Jubiläum vor. "Es wäre zu
    wünschen" - so Richter - "dass auch in Zeiten schwindender konfessioneller und
    nationaler Profilierung diese Einrichtung erhalten bleiben könnte: als Zentrum
    deutsch- italienischer Begegnung auf der schönsten Insel der Welt".

    Dieter Richter (Hrsg.): Das Gotteshaus an der Via Tragara. 100 Jahre Deutsche
    Evangelische Kirche auf Capri. Eine Festschrift. Capri (Verlag La Conchiglia) 2000. DM
    28.-

    Kontakt:

    Prof. Dr. Dieter Richter
    Universität Bremen
    Fachbereich Kulturwissenschaften
    Tel. 0421/218- 3046 oder -2032; Fax 2449557
    Email: dieterrichter@uni-bremen.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Sprache / Literatur
    überregional
    Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).