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21.09.2000 10:50

Medizintechniker tagen in Lübeck

Rüdiger Labahn Informations- und Pressestelle
Universität zu Lübeck

    34. Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaft für Biomedizinische Technik

    Neuentwicklungen und Optimierungen in der Medizintechnik können weitreichende Auswirkungen auf eine verbesserte Diagnostik und Therapie haben und erhebliche Kosteneinsparungen für das Gesundheitswesen bedeuten. Einen Überblick über den aktuellen Stand und die interessantesten Projekte der Medizintechnik gibt die 34. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Biomedizinische Technik (BMT), die vom 28. bis 30. September 2000 in der Medizinischen Universität Lübeck (MUL) stattfindet.
    An der Tagung, die zusammen mit den Schwestergesellschaften der BMT aus Österreich und der Schweiz veranstaltet wird, nehmen etwa 400 Naturwissenschaftler, Ingenieure und Ärzte aus dem gesamten deutschsprachigen Raum teil, die in der Medizintechnik arbeiten. Tagungspräsident ist Prof. Dr. rer. nat. Ewald Konecny, Direktor des Instituts für Medizintechnik der MUL.
    Die wissenschaftlichen Vorträge umfassen das gesamte Gebiet der Medizintechnik. Neben inzwischen schon traditionellen Gebieten wie Biomechanik, Biosignalverarbeitung, Endoskopie, Lasermedizin, bildgebende Verfahren und Bildverarbeitung gehören dazu auch vergleichsweise junge Disziplinen wie z. B. OP-Robotik, Zell- und Gewebetechnik, Mikrosystemtechnik.
    Anlässlich der Tagungseröffnung findet am Donnerstag, dem 28. September 2000, um 12.45 Uhr eine Pressekonferenz statt. Ort: Zentralklinikum der MUL, Seminarraum 3 b (am Haupteingang rechts).
    Alle Journalistinnen und Journalisten sind dazu herzlich eingeladen. Bitte teilen Sie Ihre Teilnahme telefonisch unter 0451/500-3004 oder per Fax unter -3016 kurz mit.

    Der erste Vormittag des Kongresses ist dem Rückblick und der Vorschau auf ein sehr etabliertes Gebiet gewidmet, der Therapie und der Überwachung von Patienten in kritischen Situationen, d. h. insbesondere während der Anästhesie und bei Intensivpflege. Zu diesem Gebiet hat Lübeck besonderen historischen Bezug. Vor ca. einhundert Jahren wurde hier vom Lübecker Chirurgen Otto Roth zusammen mit dem Begründer der Dräger-Werke, Heinrich Dräger, weltweit das erste Anästhesiegerät entwickelt, und auch in der Folge wurde die Reihe bahnbrechender Neuentwicklungen auf dem Gebiet der Anästhesie- und Beatmungstechnik fortgesetzt.
    Ein wichtiges Anliegen ist Prof. Konecny anlässlich der Lübecker Tagung der Schulterschluss zwischen der universitären Forschung in der Medizintechnik und der Entwicklung in der Industrie. Gerade in diesem Punkt sind regional in Schleswig-Holstein die Weichen prinzipiell richtig gestellt. In der Arbeitsgemeinschaft für Medizintechnik in Schleswig-Holstein (AGMT) sind Industrieunternehmen des Landes mit den Hochschulen zu einem aktiven Forum mit Sitz in Lübeck zusammengeschlossen. Die Landesregierung hat die Medizintechnik zu einem der zentralen Gebiete für Wirtschaftsförderung erklärt. Als ersten konkreten Schritt hat das Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr die Förderung des Medizintechnikprojektes PROTIS mit einem Fördervolumen von ca. eine Million Mark zugesagt, dessen unmittelbaren Empfänger die MUL, Lübeck, FHL, Lübeck und CAU, Kiel sein werden. Das vollständige Kongressprogramm kann in der Informations- und Pressestelle der MUL angefordert werden. Es ist auch im Internet unter www.imt.mu-luebeck.de/bmt2000/home.htm zu finden

    Beispiele aktueller medizintechnischer Projekte in Lübeck sind u.a. ein Kalibrationsverfahren für die Pulsoximetrie (Eichung von Geräten zur Messung der Sauerstoffsättigung des Blutes), ein neuartiger Test für den Keim Helicobacter pylori ("Der Atem verrät das Magengeschwür") und das Projekt PROTIS Medizintechnik (Promoting Technology / Innovation and Systems)
    Eine Demonstration und Erläuterung dieser Projekte ist am Montag, dem 25., und Dienstag, dem 26. September 2000, in den Labors des Lübecker Instituts für Medizintechnik möglich. Kurze Projektbeschreibungen finden Sie beigefügt.
    Bitte melden Sie sich bei Interesse telefonisch unter 0451/500-3004 oder per Fax unter -3016 an.

    Eine neue Methode zur Kalibration von Pulsoximetern (Eichung von Geräten zur Messung der Sauerstoffsättigung des Blutes)
    Die Pulsoximetrie ist ein nicht-invasives Verfahren zur kontinuierlichen Messung der Sauerstoffsättigung des arteriellen Blutes. Pulsoximeter werden bislang ausnahmslos in Probandenstudien kalibriert. Der Pulsoximeter-Kalibrator ist ein Gerät, das es ermöglichen soll, die Gerätekalibirierung zu überprüfen, ohne auf Probanden zurückgreifen zu müssen. Das vorgestellte Konzept wurde federführend vom Institut für Medizintechnik der Medizinischen Universität zu Lübeck (MUL) entwickelt. Es erfordert im einzelnen beträchtliches Know-how in Hard- und Software. Da die europäische Normungsbehörde dem Projekt positiv gegenübersteht, erscheint eine kommerzielle Auswertung vielversprechend.
    Die Pulsoximetrie hat sich in den letzten zwanzig Jahren zu einer der wichtigsten Methoden entwickelt, um den Zustand des Patienten in kritischen Situationen, insbesondere bei der Anästhesie und auf der Intensivstation, zu beurteilen. Gemessen wird der Beladungszustand der arteriellen Blutes mit Sauerstoff als Aussage über die Sauerstoffversorgung des Patienten. (Eine Unterbindung der Versorgung für nur fünf Minuten führt im allgemeinen schon zu bleibenden Schädigungen des Gehirns bzw. zum Tod.)
    Die Messung erfolgt, ohne dass in den Körper eingedrungen wird (also nicht-invasiv), über die Durchstrahlung z.B. eines Fingers mit Licht von zwei Wellenlängen (Farben). Die Unterscheidung des interessierenden arteriellen Blutes vom restlichen Gewebe gelingt dadurch, dass in den optischen Signalen nur die durch den Herzschlag erzeugten zeitlichen Spitzen herangezogen werden.
    Trotz der wachsenden Bedeutung der Pulsoximetrie war es bisher nicht möglich, Pulsoximeter zu kalibrieren oder ihre Leistungsfähigkeit zu vergleichen, ohne reale Patienten zur Ader zu lassen und die Anzeigewerte mit den Laborwerten der Blutproben zu vergleichen. In dem in einer multizentrischen europäischen Studie erarbeiteten Konzept wird das vom Pulsoximeter empfangene Licht aufgenommen, mit den in einer Datenbank gespeicherten Patientendaten moduliert und auf die Detektoren des Pulsoximeters zurückgespielt.
    (Beteiligte Kliniken und Institute an der MUL: Institut für Medizintechnik, Klinik für Anästhesiologie)

    Ein neuartiger Test für den Keim "Helicobacter pylori" ("Der Atem verrät das Magengeschwür")
    In Zusammenarbeit von Physikern und Medizinern an der MUL und der israelischen Firma ORIDION wurde ein optisches Verfahren entwickelt, mit dem die Funktion verschiedener Organe aus der Analyse des Ausatemgases beurteilt werden kann. 1979 wurde in Bakterium entdeckt, der "Helicobacter pylori", dessen Existenz im Magen oder Zwölffingerdarm als notwendige Voraussetzung für Geschwüre bis hin zum Krebs erkannt wurde. Weiß man erst um seine Existenz, kann man ihm durch Antibiotika begegnen.
    Eine Untersuchung, ob Befall des Patienten mit dem Helicobacter vorliegt, ist einfach möglich, indem man den Patienten ein brausepulverartiges Getränk trinken lässt, dass eine stickstoffhaltige Substanz Harnstoff enthält, die mit dem nicht radioaktiven Isotop 13C markiert ist. Im menschlichen Magen und Darm kann Harnstoff nämlich nicht zerlegt werden, wohl aber durch den Helicobacter. Zerlegter Harnstoff wird als Kohlendioxid (CO2) beim Ausatmen ausgeschieden. Wird markiertes 13CO2 im Ausatemgas gefunden, ist der Patient befallen.
    Beim Durchstrahlen mit Infrarotlicht werden fingerabdruckartig bestimmte Wellenlängen absorbiert. Das 13CO2 ist etwas schwerer als das normale 12CO2 und hinterlässt im Absorptionsspektrum einen etwas unterschiedlichen Fingerabdruck.
    Wie aber kann man 13CO2 im abundanten Beisein von 12CO2 sicher erkennen? Das exakte Spektrum sowohl von 12CO2 wie von 13CO2 besteht aus vielen einzelnen Linien, die weit voneinander getrennt sind.
    Dieses natürliche Spektrum kann aber nur mit millionenteuren Spektrometern aufgelöst werden. Selbst sehr gute Interferenzfilter vermögen es nicht, die einzelnen Linien zu trennen. Daher "sieht" ein normales Absorptionsmessgerät nur die Einhüllende der Spektrallinien, und da ist 13CO2 in dem sehr viel stärkeren Untergrund des normalen 12CO2 kaum auszumachen. Baut man aber spezifische Lampen, die man durch elektrische Gasentladung (analog zu den Leuchtstoffröhren) anregt, so senden diese ausschließlich das entsprechende Spektrum aus, das entweder zu 12CO2 oder zu 13CO2 gehört. Die "Querempfindlichkeit" gegenüber der anderen Komponente ist sehr klein.
    Der Test geschieht durch einfaches Ausatmen, ohne die Qual einer Magensonde. Nach ca. zwanzig Minuten erfährt der Patient durch den Arzt das Ergebnis. (In Deutschland sind ca. 20 % vom Bakterium befallen, meist ohne es zu wissen). In den USA ist das Verfahren in dieser Form bereits wegen seiner offensichtlichen Vorteile zugelassen. Bei uns wird noch um die Abrechungsmöglichkeit durch die Krankenkassen gerungen.
    (Beteiligte Kliniken und Institute: Institut für Medizintechnik und Medizinische Klinik I der MUL)

    Das Projekt PROTIS Medizintechnik (Promoting Technology / Innovation and Systems)
    Im Projekt PROTIS Medizintechnik wird in einem regionalen multidisziplinären Verbund von Hochschulen und Industrie der Region angestrebt, auf einem Teilgebiet der Medizintechnik die besondere Kompetenz zu erweitern. Dabei sollen insbesondere bestehende kostenintensive Prozesse im OP-Bereich verbessert werden. Wesentliche allgemeine Ziele sind u. a. die Förderung des Wissenstransfers zwischen Hochschule und Industrie, die Umsetzung des Hochschul-Know-Hows in die Praxis, die Förderung von Spin-Off-Gründungen und der Aufbau von Netzwerken und Kooperationen.
    Konkret werden die folgenden thematischen Schwerpunkte behandelt:
    1. Die sog. Minimalinvasive Chirurgie, die versucht, unter minimaler Verletzung der Körperhülle auch chirurgische Operationen an inneren Organen durchzuführen. Für eine sichere Operationsführung sollen verbesserte Lichtquellen, Lichtleiteroptiken und Bilddarstellungen entwickelt werden.
    2. Im Bereich der Endoprothetik sollen Methoden zu computergestütztem Operieren durch verbesserte Operationsvorbereitung mit Modellen und durch Simulation und durch verbesserte Operationskontrolle durch verbessertes Monitoring durchgeführt werden.
    3. Für die Planung und Operationskontrolle soll ein umfassendes System für das Qualitäts- und Wissensmanagement aufgebaut werden.
    (In Lübeck beteiligte Institute: Klinik für Chirurgie und Institut für Medizinische Informatik der MUL, Labor für Biomedizinische Technik der Fachhochschule Lübeck)


    Weitere Informationen:

    http://www.imt.mu-luebeck.de/bmt2000/home.htm


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Maschinenbau, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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