idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
12.02.2008 13:24

Die Eisenspeicherkrankheit ist eine Lebererkrankung

Dr. Annette Tuffs Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Universitätsklinikum Heidelberg

    Erbkrankheit geht auf genetischen Defekt in Leberzellen zurück / Heidelberger Wissenschaftler publizieren in "Cell Metabolism"

    Die Eisenspeicherkrankheit (Hämochromatose) ist eine Erkrankung der Leber und nicht - wie bislang angenommen - eine Erkrankung des Dünndarms. Wissenschaftler des Universitätsklinikums Heidelberg und des Europäischen Laboratoriums für Molekularbiologie (EMBL) haben im Tiermodell nachgewiesen, dass bei der Erbkrankheit ein defektes Gen in der Leber ausschlaggebend ist. Durch den Defekt wird die Produktion des Hormons Hepcidin gedrosselt, das im Darm die Eisenaufnahme hemmt. Die Ergebnisse, die Ausgangspunkt für neue Therapieansätze sind, wurden in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift "Cell Metabolism" veröffentlicht.

    Die Eisenspeicherkrankheit gehört zu den häufigsten erblichen Stoffwechselerkrankungen in Nordeuropa; allein in Deutschland sind schätzungsweise bis zu 100.000 Menschen erkrankt. Als Bestandteil des roten Blutfarbstoffs ist Eisen lebensnotwendig, Eisenüberschuss jedoch gefährlich.

    Bei der Eisenspeicherkrankheit nimmt der Dünndarm verstärkt Eisen aus der Nahrung auf. Da der Körper überschüssiges Eisen nicht ausscheiden kann, lagert es sich in Organen wie Leber, Bauchspeicheldrüse und Herz sowie in den Gelenken ab und schädigt deren Funktion. Leberkrebs, Diabetes mellitus, Herzmuskelschwäche und Gelenkerkrankungen sind die häufigen Folgen. Die schleichende Erkrankung tritt bei Männern zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr in Erscheinung, bei Frauen oft erst nach den Wechseljahren, da sie meist erhöhten Eisenbedarf haben. Einzige Therapie ist bislang der Aderlass.

    Gendefekt ist schon lange bekannt, aber nicht der Mechanismus

    Die genetische Ursache der Erkrankung ist bekannt: das bereits 1996 entdeckte Gen HFE auf Chromsom 6. "Wir wussten bereits, dass die Hämochromatose auftritt, wenn HFE defekt ist", erklärt Professor Dr. Martina Muckenthaler, Abteilung Onkologie, Hämatologie, Immunologie und Pneumologie am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin Heidelberg. "Wir wussten allerdings nicht, in welchem Organ oder Gewebe HFE aktiv sein muss, um den Eisenüberschuss zu verhindern."

    Die Heidelberger Forschungsgruppen um Professor Muckenthaler, Professor Dr. Wolfgang Stremmel, Ärztlicher Direktor der Abteilung Gastroenterologie, Hepatologie, Infektionskrankheiten und Vergiftungen an der Medizinischen Universitätsklinik, und Professor Dr. Matthias Hentze, Vizedirektor des EMBL, züchteten daher Mäuse, denen jeweils in unterschiedlichen Geweben das Gen HFE fehlte.

    Nicht der Dünndarm, sondern die Leber ist die Schwachstelle

    Dabei kam heraus: Nur diejenigen Mäuse zeigten alle Symptome der Erkrankung, denen das kritische Gen in den Leberzellen fehlte. "Lange Zeit ging die Wissenschaft davon aus, dass die Hämochromatose eine Erkrankung des Darmes sei, weil hier die Eisenaufnahme stattfindet", so Professor Hentze. "Unsere Forschungen beweisen aber, dass stattdessen die Leber die Schwachstelle ist."

    Das Gen HFE enthält die Bauanleitung für ein Eiweiß, mit dessen Hilfe die Leberzellen feststellen können, dass der Körper ausreichend Eisen aufgenommen hat. Daraufhin produzieren die Leberzellen ein spezielles Hormon, Hepcidin, das in den Blutkreislauf ausgeschüttet wird und im Darm die Eisenaufnahme hemmt. "HFE fördert über eine ganze Reihe von Zwischenschritten die Bildung von Hepcidin. Ist dieses Gen defekt, wird zu wenig Hepcidin produziert", erklärt Professor Muckenthaler. "Die Eisenaufnahme kann nicht mehr gedrosselt werden und es sammelt sich ein Überschuss an."

    Erfolgreiche Zusammenarbeit in der Molecular Medicine Partnership Unit (MMPU)

    Das Universitätsklinikum Heidelberg und das European Molecular Biology Laboratory (EMBL) arbeiten bereits seit 2002 im Rahmen der Molecular Medicine Partnership Unit (MMPU) erfolgreich zusammen. Ziel der MMPU ist es, molekularbiologische Grundlagenforschung mit klinischer Medizin zu verknüpfen und so ein tieferes Verständnis für verschiedene Erkrankungen zu erlangen. Störungen des Eisen-Stoffwechsels nehmen dabei eine zentrale Rolle ein.

    Weitere Informationen im Internet unter:
    www.klinikum.uni-heidelberg.de/Molekulare-Onkologie-und-Haematologie.6683.0.html
    www.klinikum.uni-heidelberg.de/Molecular-Medicine-Partnership-Unit-MMPU.101349.0.html?&L=
    www.klinikum.uni-heidelberg.de/Iron-homeostasis-in-health-and-disease.101688.0.html?&0=
    www.embl.org/research/partners/mmpu/team3.html
    www-db.embl.de/jss/EmblGroupsOrg/per_252.html
    www.klinikum.uni-heidelberg.de/Innere-Medizin-IV-Gastroenterologie-Infektionskrankheiten-Vergiftungen-.106655.0.html

    Literatur
    Vujic Spasic M, Kiss J, Herrmann T, Galy B, Martinache S, Stolte J, Gröne HJ, Stremmel W, Hentze MW, Muckenthaler MU: Hfe acts in hepatocytes to prevent hemochromatosis. Cell Metab. 2008 Feb;7(2):173-8.

    (Der Originalartikel kann bei der Pressestelle des Universitätsklinikums
    Heidelberg unter contact@med.uni-heidelberg.de angefordert werden.)

    Ansprechpartner:
    Professor Dr. Martina Muckenthaler
    Zentrum für Kinder und Jugendmedizin
    Universitätsklinikum Heidelberg
    Tel.: 06221 / 56 69 23
    E-Mail: martina.muckenthaler@med.uni-heidelberg

    Professor Dr. Matthias Hentze
    Vizedirektor des EMBL, Heidelberg
    Tel.: 06221 / 3 87 85 01
    E-Mail: matthias.hentze@embl.de

    Professor Dr. Wolfgang Stremmel
    Ärztlicher Direktor der Abteilung Gastroenterologie, Hepatologie,
    Infektionskrankheiten und Vergiftungen
    Medizinische Universitätsklinik Heidelberg
    Tel.: 06221 / 56 87 05 (Sekr.)
    E-Mail: wolfgang.stremmel@med.uni-heidelberg.de

    Bei Rückfragen von Journalisten:
    Dr. Annette Tuffs
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Universitätsklinikums Heidelberg
    und der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg
    Im Neuenheimer Feld 672
    69120 Heidelberg
    Tel.: 06221 / 56 45 36
    Fax: 06221 / 56 45 44
    E-Mail: annette.tuffs(at)med.uni-heidelberg.de

    Diese Pressemitteilung ist auch online verfügbar unter
    http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/presse


    Bilder

    Professor Dr. Martina Muckenthaler, Abteilung Onkologie, Hämatologie, Immunologie und Pneumologie am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin Heidelberg.
    Professor Dr. Martina Muckenthaler, Abteilung Onkologie, Hämatologie, Immunologie und Pneumologie am ...
    Quelle: Universitätsklinikum Heidelberg
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Professor Dr. Martina Muckenthaler, Abteilung Onkologie, Hämatologie, Immunologie und Pneumologie am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin Heidelberg.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).