AKADEMIE FÜR TECHNIKFOLGENABSCHÄTZUNG IN BADEN-WÜRTTEMBERG
Ratgeber Reaktivierungen im SPNV
Was ist passiert? - Im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) haben sich die Rahmenbedingungen geändert - Aus dem Monopolisten Deutsche Bundesbahn wurde die Deutsche Bahn AG, das Eisenbahnwesen wurde neu geordnet. - Die Verantwortung und das Geld für den Schienenpersonennahverkehr sind vom Bund an die Länder übergegangen. - Der Verkehrsmarkt wurde dereguliert. Nun ist auf der Schiene Wettbewerb möglich.
Wo ist das Problem? - Kommunen und Gebietskörperschaften fordern Reaktivierung, ...aber wie geht das? - Die Bundesbahn hatte viele Strecken stillgelegt, nun wollen die betroffenen Gemeinden wieder einen Anschluß ans Eisenbahnnetz. - Die Reaktivierung ist aber ein komplexes Unternehmen, bei dem aus dem alten "Zügle" ein modernes Nahverkehrsmittel werden muß. - Unter den Akteuren besteht große Unsicherheit hinsichtlich der Bedingungen, der Kosten und der Konsequenzen einer Reaktivierung.
Wo ist die Lösung? - Fundierte Konzepte für erfolgreiche Reaktivierungen die Akademie für Technikfolgenabschätzung hat ein Buch initiiert und herausgegeben: "Reaktivierungen im Schienenpersonennahverkehr" - Ein Ratgeber für Entscheidungsträger und Praxis, Hestra-Verlag, 48,- (im Buchhandel) - Fundierte Informationen und Empfehlungen zur Konzeptbildung, Hinweise zu Bedingungen, Zielen und Folgen der Reaktivierung und zur Bürgerbeteiligung. - Für Entscheidungsträger in Kommunal- und Regionalpolitik, Verwaltung, Verkehrswirtschaft und Bürgerinitiativen; auch für andere Interessierte.
Nur einfach Züge fahren zu lassen reicht nicht.... ... aber auch das ist schon schwer genug! - Reaktivierung bedeutet: Ein leistungsfähiges und attraktives Verkehrsmittel für den öffentlichen Nahverkehr (ÖV) hinzu zu gewinnen. - Reaktivierung kostet Geld: Eine Million D-Mark je Kilometer Strecke (ohne Fahrzeuge!) sind durchaus übliche Kosten. Ein guter Schätzwert lautet: Für jeden zusätzlichen Fahrgast muß die Allgemeinheit 5.000,- DM aufwenden. - Neue Konzepte sind gefragt: Anstelle von Bahnhöfen vor dem Ort brauchen wir Haltepunkte an den Siedlungsschwerpunkten, anstelle von Schnauferlzügen brauchen wir moderne Triebwagen. - Die Bahn kann in einem weit verstreuten Siedlungsgebiet und/oder bei längerer Strecke gegenüber der Straße nicht gegen die "Konkurrenz Auto" bestehen. - Sorgfältige Vorplanung und eine risikobewußte Entscheidung sind unverzichtbar - auch wenn es keine Fördermittel dafür gibt. - Mit einer Reaktivierung sind hohe planerische und finanzielle Aufwendungen und auch Risiken verbunden: Zuschüsse nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) müssen, wenn die Strecke weniger als 25 Jahre betrieben wird, anteilig zurückgezahlt werden. - Dem symbolischen Preis von 1,-DM für die Übernahme der Strecke von der DB AG können Millionen-Verluste folgen: Nach GVFG werden nur echte Neubauten, nicht aber Sanierungen bezuschußt - wird die Strecke wieder aufgegeben, so fallen alle Anlagen ohne Ausgleich an die DB AG. Der Erfolg aber gibt den Planern und Initiatoren Recht: Vorzeige-Strecken wie die Schönbuchbahn (WEG, 4000 Fahrgäste je Werktag) oder die Stahringen-Stockach-Bahn (MThB, 3500 Fahrgäste je Werktag) beweisen, daß mit neuen Konzepten aus stillgelegten Gleisen attraktive Verbindungen werden können.
Initiator und Herausgeber dieses Ratgebers ist die Akademie für Technikfolgenabschätzung, eine unabhängige wissenschaftliche Einrichtung des Landes Baden-Württemberg in Stuttgart.
Ratgeber Reaktivierungen im SPNV - Detailinformation
Die Betriebslänge des Schienennetzes mit Personenverkehr hat in den alten Bundesländern in den vierzig Jahren 1950 bis 1990 von 29.000 Kilometern um fast ein Drittel auf 20.800 km abgenommen. Dieser Verlust an Netzlänge ist vor allem auf die Stillegung von Nebenbahnen zurückzuführen. Eine Unzahl von Städten und Gemeinden hat ihren Eisenbahnanschluß verloren. Heute fährt kein Zug mehr "von Dinkelsbühl nach Simmern". Nach Öffnung der Verkehrsmärkte in der EU, nach Neuordnung des Eisenbahnwesens in Deutschland, vor allem aber nach Übergang der Zuständigkeit für den Personennahverkehr vom Bund an die Länder (sog. Regionalisierung) spüren die Regionen, Landkreise und Kommunen einen neuen Eisenbahnfrühling. Der einst zentralistische Monopolist Bundesbahn hat seine Alleinzuständigkeit verloren, sich in den Mitbewerber DB AG gewandelt. Die Regionalisierungsmittel wecken neue Begehrlichkeit: 1,8 Milliarden DM für Bayern, 750 Millionen für Brandenburg allein im Jahr 1997, das sind 160,- bzw. fast 300,-DM pro Einwohner. Kein Wunder also, daß sich viele Landräte schon als Direktor ihrer einst stillgelegten und nun zu reaktivierenden Lokalbahn sehen. Viele Kommunen hoffen auf einen Anschluß an die große Eisenbahnwelt, viele Bürger auf ein komfortables und umweltfreundliches Verkehrsmittel. Daß der Start ins neue Eisenbahnzeitalter keine triviale Aufgabe ist, das merken die Verantwortlichen spätestens bei den Kosten. Die in der Reaktivierung einzusetzenden Steuermittel dürfen nicht für die Wiederherstellung desjenigen Zustands ausgegeben werden, dessen Probleme zur Stillegung geführt haben. Reaktivierung dient nicht der Schienennostalgie. Aus der Raupe 'Nostalgiebähnle' muß mit der Reaktivierung der Schmetterling 'attraktives Schienenverkehrsmittel' werden. Reaktivieren muß heißen: "ein modernes Verkehrsmittel mit neuem Konzept akzeptiert und sinnvoll einsetzen". Ein Vademecum auf dem Weg zum Reaktivierungserfolg ist der nun im Hestra-Verlag erschienene Ratgeber, der im Hause der Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg entstanden ist. Die Akademie für Technikfolgenabschätzung ist eine unabhängige wissenschaftliche Landesstiftung mit Sitz in Stuttgart. Reaktivierung gibt es nicht "auf Probe". Bevor eine stillgelegte, vielleicht überwucherte, vielleicht gänzlich entwidmete Strecke wieder in Betrieb gehen kann, sind konzeptionell und finanziell hohe Aufwendungen zu tätigen. So gilt denn auch für eingleisige Nebenbahnen das heimliche Motto des Ratgebers: "Es müssen viele Weichen gestellt werde, bevor der erste Zug wieder fahren kann". Die Autoren des Ratgebers -Fachleute aus Planungs- und Verwaltungspraxis, aus Verkehrs- und Sozialwissenschaft- geben detaillierte Hinweise, wie das Unternehmen Reaktivierung zum Erfolg wird. Dazu gehört eine Kostenschätzung ebenso wie die Beurteilung der verkehrlichen und strukturellen Wirkungen einschließlich der Akzeptanz durch potentielle Fahrgäste, dazu tragen Hinweise zur rechtlichen Gestaltung und zu den planerischen Rahmenbedingungen bei, und dazu verhelfen nicht zuletzt die Erläuterungen zu Umfeld und Hintergründen der Reaktivierung. Neben anschaulichen Beispielen aus der Praxis enthält der Ratgeber auch einen als 'Kurzverfahren' bezeichneten Katalog von Verfahrensstufen.
Mit diesem Ratgeber soll den Regional- und Kommunalpolitikern, der Verwaltung, der Planung, der Verkehrswirtschaft und den Verkehrsunternehmen ein Instrument in die Hand gegeben werden, um aus dem reaktivierten Schienenverkehr das beste zu machen: ein revitalisiertes, d.h. ein attraktives, konkurrenzfähiges und umweltfreundliches Personenverkehrsmittel.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Gesellschaft, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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