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06.03.2008 10:26

"Rechtswissenschaft ist immer ein politisches Geschäft"

Axel Burchardt Referat Öffentlichkeitsarbeit
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Prof. Dr. Christian Fischer zum neuen Arbeitsrechtler an der Universität Jena ernannt

    Jena (06.03.08) "Der objektive Zweck des Gesetzes gebietet es..." Wenn ein Gerichtsurteil oder ein wissenschaftlicher Entscheidungsvorschlag solche Sätze enthält, reagiert Prof. Dr. Christian Fischer mit deutlichem Unwillen. Rechtsanwender dürften die historischen Interessenbewertungen des Gesetzgebers nicht unter Berufung auf angebliche objektive Zwecke aushebeln. Solche Sätze seien Leerformeln, "mystisch-elitär" und "undemokratisch", meint der Rechtswissenschaftler von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Denn "Gesetze sind geronnene Politik", ist der frisch ernannte Lehrstuhlinhaber für Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht, Zivilprozessrecht und Rechtstheorie überzeugt. Und "Rechtswissenschaft ist immer ein politisches Geschäft", weshalb Fortbildungen des Gesetzesrechts als solche offen gelegt werden müssten, wie der neue Jenaer Jurist bereits in seiner Habilitation, die 2007 erschienen ist, dargelegt hat.

    In dieser Schrift mit dem Titel "Topoi verdeckter Rechtsfortbildungen im Zivilrecht" behandelt Fischer Argumente, mit denen man die Fortbildungen des Gesetzesrechts verdeckt statt sie zu begründen. Denn Juristen legen oftmals erst in Gesetze ein, was sie als Auslegungen wieder herausholen, kritisiert er. Fischer hat in seinem umfangreichen Werk sogar rechtliche Sanktionen gegen derartige Leerformeln entwickelt. Wenn sich eine Urteilsbegründung in Leerformeln erschöpfe, dann müsse das Urteil als nicht prozessordnungsgemäß begründet und mit Rechtsmitteln angreifbar betrachtet werden. Ob ihm die rechtswissenschaftliche Forschung und die Rechtsprechung folgen werden, darauf ist der engagierte Jurist, "der immer ein Standbein in der Praxis" als Anwalt oder Unternehmensberater hatte, sehr gespannt.

    In Jena will Prof. Fischer die bereits vorhandenen Kontakte der Fakultät zum Bundesarbeitsgericht noch intensivieren und weitere Schwerpunkte aufbauen: Einer ist das Arbeitsrecht in Familienunternehmen, "ein bislang vollständig vernachlässigtes Forschungsgebiet". Dabei denkt er nicht an die kleine Pizzeria, in der die ganze Familie im gleichen Lokal arbeitet, sondern insbesondere an mittlere und große Unternehmen wie die ostthüringische Bauernfeind AG oder Dr. Oetker, in denen Leitung und Eigentum des Unternehmens in der Hand einer Familie liegen. Die arbeitsrechtlichen Besonderheiten derartiger Familienunternehmen, die durch eine "Autoritätsaufladung an der Spitze" und eine "familiäre Prägung der Arbeitsbeziehungen" gekennzeichnet seien, will er näher analysieren.

    Darüber hinaus wird der verheiratete Vater von vier Kindern seine Forschungen zur Ausbildungs- und Grundlagenkrise der Jurisprudenz, zur Methode der Praxis, zum Zivilprozessrecht, zum Betriebsverfassungsrecht und zum Tarifrecht fortführen. Über "Die tarifwidrigen Betriebsvereinbarungen" wurde der gebürtige Münsteraner, der Jura, Politologie, Philosophie und Psychologie studiert hat, bereits 1997 an der Uni Konstanz promoviert. In dieser mehrfach preisgekrönten Dissertation, deren Ergebnisse "Arbeitnehmer- wie Arbeitgebervertretungen nicht passten", hat er den schon damals aktuellen Prozess der Abweichungen vom Flächentarifvertrag rechtlich neu definiert und sprachlich verfeinert.

    Der Sprachgenauigkeit fühlt sich Prof. Fischer bis heute verpflichtet: "Urteile sollten verständlich und die tragenden Gründe zumindest für Juristen deutlich sein", fordert er und bemüht sich selber um eine angemessene Sprache. Vielleicht ist ihm daher auch der Dialog mit den Studierenden so wichtig, "die das eigene Verstauben verhindern". "Ohne Lehre wäre der Job für mich nicht interessant", betont Fischer und meint mit Job den Beruf des Rechtswissenschaftlers. Den kann er nun an seiner neuen Wirkungsstätte in Jena ausüben, die er wegen der "ungewöhnlich harmonischen Kultur und der starken arbeitsrechtlichen und rechtstheoretischen Ausrichtung der Fakultät" trotz eines weiteren attraktiven Rufes gewählt hat.

    Kontakt:
    Prof. Dr. Christian Fischer
    Rechtwissenschaftliche Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena
    Carl-Zeiß-Str. 3, 07743 Jena
    Tel.: 03641 / 942120
    E-Mail: ch.fischer[at]recht.uni-jena.de


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-jena.de


    Bilder

    Prof. Dr. Christian Fischer ist neuer Inhaber des Jenaer Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht, Zivilprozessrecht und Rechtstheorie.
    Prof. Dr. Christian Fischer ist neuer Inhaber des Jenaer Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Arbeitsr ...
    Foto: Peter Scheere/FSU
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Politik, Recht, Wirtschaft
    regional
    Personalia
    Deutsch


     

    Prof. Dr. Christian Fischer ist neuer Inhaber des Jenaer Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Arbeitsrecht, Zivilprozessrecht und Rechtstheorie.


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