Von der VolkswagenStiftung geförderter Dokumentarfilm erhält renommierten Medienpreis. Preisverleihung am 4. April 2008 in Marl
Der von der gebrueder beetz filmproduktion GbR produzierte Dokumentarfilm "Zwischen Wahnsinn und Kunst - Die Sammlung Prinzhorn" erhält den Grimme-Preis 2008 in der Kategorie Information und Kultur und zusätzlich den renommierten Grimme-Spezial-Preis, den Publikumspreis der Marler Gruppe. Dem Autor des Films Christian Beetz werden diese Preise für Buch und Regie am 4. April in Marl überreicht. Die Preisverleihung wird auf 3sat ab 22.25 Uhr übertragen. Der 75-minütige Film entstand in Koproduktion mit dem Südwestrundfunk (SWR) und dem ZDFdokukanal; er wurde gefördert von der Filmförderung Baden-Württemberg und der VolkswagenStiftung.
In seinem Film "Zwischen Wahnsinn und Kunst" nimmt Christian Beetz den Zuschauer mit auf eine Entdeckungsreise durch die Archive der Sammlung Prinzhorn. Die weltweit bedeutendste Sammlung bildnerischer Werke von Psychiatrie-Patienten hat seit ihrem Entstehen Anfang der 1920er Jahre nachhaltigen Einfluss auf die psychiatrische und therapeutische Praxis. Auch die Kunst der Moderne, namentlich Paul Klee, Alfred Kubin, Max Ernst und mit ihm die surrealistische Bewegung begeisterte sich für die Werke der "Irrenkunst", die der Heidelberger Arzt und Kunsthistoriker Hans Prinzhorn in seinem Buch "Bildnerei der Geisteskranken" 1922 publizierte. Prinzhorn gilt als Wegbereiter neuer Therapieformen, vor allem der Kunsttherapie. Sein Ansatz, den bildnerischen Werken von Anstaltsinsassen einen eigenen Wert beizumessen, war ein mutiger erster Schritt auf einem damals noch ganz unbekannten Terrain.
Anlässlich der Auszeichnung wird der Film "Zwischen Wahnsinn und Kunst - Die Sammlung Prinzhorn" im ZDFdokukanal wiederholt am Samstag, dem 5. April, um 22.25 Uhr, und am Sonntag, 6. April, 14.15 Uhr. Davor wird jeweils eine 15-minütige aspekte-Extra-Sendung zur Grimme-Preis-Verleihung ausgestrahlt. Außerdem sollen alle Filmteile noch einmal einzeln laufen am Sonntag, 20. April zum ZDFdokukanal-Thementag "Du - Ich - Überich": und zwar um 15.55 Uhr "Die Sammlung Prinzhorn, Teil 1", um 16.20 Uhr "Die Sammlung Prinzhorn, Teil 2", und um 0.45 Uhr "Zwischen Wahnsinn und Kunst".
Hintergrund Prinzhorn-Sammlungen
Der Ursprung der Sammlung datiert ins Jahr 1919: Der damals als Assistenzarzt an der Heidelberger Universitätsklinik tätige Psychiater und Kunsthistoriker Hans Prinzhorn (1886 - 1933) forderte in einem Rundschreiben die Leiter psychiatrischer Anstalten im In- und Ausland auf, schöpferische Erzeugnisse ihrer Patienten zu schicken. Das Echo war enorm: Tausende von Objekten, die noch heute den Grundstock der Sammlung bilden, fanden den Weg nach Heidelberg. Hans Prinzhorn selbst hat einige der von ihm in seinem Buch "Bildnerei der Geisteskranken" als "schizophrene Meister" gewürdigten Patienten-Künstler besucht. Das Buch avancierte in den 1920er Jahren zur Bibel des Surrealismus. Die Lebensgeschichten von vielen der künstlerisch Tätigen blieben jedoch über Jahrzehnte im Dunkeln. Erst in den vergangenen Jahren kamen nach und nach die Schicksale der Menschen hinter ihren Werken an den Tag. Christian Beetz nimmt in seinen Dokumentationen diese biographischen Spuren auf und verknüpft sie mit den Kunstwerken zu einer ansprechenden und fesselnden Geschichte der Sammlung Prinzhorn und ihrer "Meister".
Die zu einiger Berühmtheit gelangten Werke der Sammlung Prinzhorn wurden 1938 vom damaligen Leiter der Heidelberger Klinik der nationalsozialistischen Wanderausstellung Entartete Kunst zur Verfügung gestellt und somit zur Diffamierung avantgardistischer Kunst missbraucht. Auf der Liste der Leihgaben standen Skulpturen des Holzschnitzers Karl Genzel und Bilder von Franz Karl Bühler. Der ehemalige Kunstschmied Bühler wurde wie Tausende anderer Psychiatriepatienten Opfer der nationalsozialistischen "Euthanasie" oder "Vernichtung lebensunwerten Lebens"; nach 42 Jahren in psychiatrischen Anstalten wurde er im März 1940 im Vergasungsschuppen der Tötungsanstalt Grafeneck ermordet. Die Werke der Sammlung Prinzhorn überdauerten den Zweiten Weltkrieg und gerieten danach in Vergessenheit. Erst seit den 1960er Jahren begann man den wertvollen Bestand zu archivieren und zu restaurieren, seit 2001 hat die Sammlung Prinzhorn ein eigenes Museum in Heidelberg. Für die Erfassung, Erschließung und wissenschaftliche Aufbereitung der Sammlung stellte die VolkswagenStiftung seit dem Jahr 1978 umgerechnet rund 260.000 Euro zur Verfügung und unterstützte jetzt auch die Filmdokumentation.
Zur Filmdokumentation
Die von den Nationalsozialisten propagierte Vorstellung von der "Vernichtung lebensunwerten Lebens" führte zur planmäßigen Tötung vieler Psychiatriepatienten. Der Film zeigt auch eine dieser Tötungsanstalten: Grafeneck auf der Schwäbischen Alb, wo 1940 an die 10.000 Patienten vergast worden sind - unter ihnen auch Künstler der Sammlung Prinzhorn. Erst viele Jahre nach dem Krieg wiederentdeckt, wandert die mittlerweile 5.000 Werke umfassende Sammlung heute mit ihren wechselnden Ausstellungen um den Globus und bietet ein Forum für die Kunst von Psychiatriepatienten. Einige der Künstler stellt der Film vor, ergänzt durch Analysen der ehemaligen Leiterin der Sammlung, Inge Jadi und ihres Mannes, des Psychoanalytikers Frederic Jadi. Weitere Interviewpartner: die Kunsttherapeutin Professor Karin Dannecker und der österreichische Künstler Arnulf Rainer. Erstmals zu sehen sind historische Aufnahmen von Hans Prinzhorn in seiner Hütte im Schwarzwald. Der "Outsider" starb nach einem ruhelosen Dasein - drei gescheiterte Ehen, wiederkehrende Depressionen und Verlust der Stimme - mit 47 Jahren 1933 in München.
Kontakt
VolkswagenStiftung
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Dr. Christian Jung
Telefon: 0511 8381 - 380
E-Mail: jung@volkswagenstiftung.de
Der Text der Presseinformation sowie ein Foto des Autors stehen im Internet zur Verfügung unter http://www.volkswagenstiftung.de/service/presse.html?datum=20080319.
http://www.beetz-brothers.de
http://www.grimme-institut.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Geschichte / Archäologie, Kunst / Design, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Medizin, Musik / Theater, Psychologie
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Personalia
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).