114. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin
29. März bis 31. April, Rhein-Main-Hallen, Wiesbaden
Alkoholkrankheit in Deutschland selten angemessen behandelt
Wiesbaden - In Deutschland trinken mehr als zehn Millionen Menschen Alkohol in gesundheitlich riskanten Mengen. Etwa zwei Millionen gelten als abhängig. Trotz dieser alarmierenden Zahlen zeigen Studien: weniger als zehn Prozent der alkoholkranken Menschen gelangen in professionelle suchtmedizinische Behandlung. Über Alkoholabhängigkeit und alkoholassoziierte Erkrankungen in Klinik und Praxis sprechen Experten auf dem 114. Internistenkongress, der vom 29. März bis 2. April 2008 in Wiesbaden stattfindet.
Die Entwicklung einer Abhängigkeit frühzeitig zu erkennen, fällt häufig dem Hausarzt zu. Hausärzte trauen sich aus Unsicherheit oft nicht die richtigen Fragen zu stellen. Viele Patienten wehren das Gespräch darüber ab, weil sie es als stigmatisierend empfinden. Betroffene machen oft falsche Angaben zu ihrem Trinkverhalten. Doch Laborwerte lassen sich zumindest nicht lange leugnen: Biologische Marker geben dem Hausarzt Aufschluss über die Alkoholmengen, die ein Patient zu sich nimmt.
"Dennoch sollte der behandelnde Arzt vermeiden, seine Patienten mit Laborwerten konfrontativ zu überführen", sagt Professor Dr. med. Claudia Spies, von der Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin, Charité-Universitätsmedzin Berlin, im Vorfeld des 114. Internistenkongresses. Ein offenes direktes Gespräch biete hier einen vorsichtigeren Zugang zum Alkoholproblem. Zugleich bringt es den Betroffenen dazu, sich selbst wirklichkeitsnäher einzuschätzen. Dazu dienen auch standardisierte Fragebögen. Als besonders hilfreich haben sich in diesem Zusammenhang der "alcohol use disorder identification test" (AUDIT) und der "Lübecker Alkoholabhängigkeits- und -missbrauchs-Screening Test" (LAST) erwiesen.
"Für die tägliche Praxis empfiehlt sich eine Kurzversion des AUDIT, der AUDIT-C Test. Gegenüber dem LAST weist er eine größere Sensitivität für den riskanten Alkoholkonsum auf", sagt Professor Spies. In die Zielgruppe fallen alle stationär aufgenommenen Patienten, da ein Fünftel von ihnen eine Alkoholkrankheit aufweist. Aber auch alle ambulanten Patienten schätzen ein offenes Gespräch mit ihrem Hausarzt über Ihr Trinkverhalten. Ein Patient mit einer nachgewiesenen Alkoholkrankheit sollte motiviert werden, über sein Verhalten nachzudenken. Dazu ist streng darauf zu achten, dass die Gesprächsführung nach den "FRAMES" Kriterien verläuft. "Der Arzt sollte auf keinen Fall Fragen und Antworten werten, er sollte reflektiert zuhören, positive Rückmeldungen geben und regelmäßig das Gespräch zusammenfassen", erläutert Professor Spies.
Im Rahmen der medizinischen Erstversorgung können Hausärzte bei entsprechender Motivation des Patienten, sich in eine begleitende interdisziplinäre Behandlung zu begeben, sogenannte "Anticraving Substanzen" einsetzen. Sie verringern das Verlangen nach dem Suchtstoff und helfen so dem Patienten, abstinent zu bleiben. Studien haben gezeigt, dass bestimmte Substanzen die Abstinenzrate verdoppeln. Den angemessenen Umgang mit alkoholkranken Patienten in der Hausarztpraxis und deren Therapie erörtern Experten in einem Symposium im Rahmen des 114. Internistenkongresses.
TERMINHINWEIS:
Mittwoch, 2. April 2008, 10.15 bis 12.15 Saal 2A/B
Symposium: Alkoholassoziierte Erkrankungen in Klinik und Praxis:
Neue Perspektiven in Früherkennung und Therapie
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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