In den Angeboten der beruflichen Weiterbildung laufen Migrantinnen und Migranten bislang in der Regel "einfach mit". Ihre besondere Lernsituation
wird bei der Gestaltung der Kurse kaum berücksichtigt. Untersuchungen des
Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) - veröffentlicht in der neuen Ausgabe von BIBB REPORT - zeigen, dass eine bedarfsgerechte Unterstützung dieser Zielgruppe zur Sicherung der Qualität von Weiterbildung sinnvoll und mit vergleichsweise geringem Aufwand möglich ist. Dabei sind insbesondere die methodisch-didaktische Kompetenz des Lehrpersonals sowie
weiterbildungsbegleitende Hilfen von entscheidender Bedeutung. Neue Impulse verspricht zudem die nationale Ausgestaltung eines Programms des Europäischen Sozialfonds (ESF) zur berufsbezogenen Sprachförderung, das auch für qualifizierte Migrantinnen und Migranten ergänzende sprachliche Angebote in-nerhalb von Weiterbildungslehrgängen vorsieht.
Migrantinnen und Migranten, die bereits über qualifizierte berufliche und/oder akademische Abschlüsse verfügen, stellen in den beruflichen Weiterbildungslehrgängen eine Minderheit dar. Ihre Weiterbildungsbeteiligung ist im Vergleich zu Deutschen gering, die Arbeitslosenquote dagegen überproportional hoch. Dies erschwert ihre eigene gleichberechtigte
gesellschaftliche Teilhabe und auch die der nachfolgenden Generation. Denn die Bildungs- und Berufsverläufe der Eltern und Großeltern entscheiden mit über die Startchancen junger Migrantinnen und Migranten in Schule, Ausbildung und Beruf.
Empfehlungen für eine bessere Berücksichtigung migrationsspezifischer Aspekte
Migrantinnen und Migranten haben - verglichen mit deutschen Kursteilnehmerinnen und -teilnehmern - häufiger Probleme, Erklärungen und Übungsaufgaben zu verstehen und dem Unterrichtstempo zu folgen. In der beruflichen Weiterbildung wünschen sie sich daher vor allem zusätzliche Unterrichtsstunden und mehr schriftliche Lernmaterialien wie etwa Glossare mit ausführlichen Erläuterungen von Fachausdrücken. Der Wunsch, die schriftliche Prüfung lieber in der eigenen Muttersprache ablegen zu wollen, ist eher gering ausgeprägt. Dies gilt zumal dann, wenn sie sich im Kurs gut unterstützt fühlen.
Von entscheidender Bedeutung für den Erfolg der Weiterbildungsmaßnahme ist ferner die Kompetenz des Lehrpersonals. Trainerinnen und Trainer von Kursen mit Teilnehmern unterschiedlicher Herkunft sollten daher didaktische und methodische Kenntnisse und Fertigkeiten besitzen, um auch die Lernsituation von Zweitsprachlerinnen und Zweitsprachlern angemessen zu berücksichtigen. Dazu gehören zum Beispiel die Verbindung sprachlicher Vermittlungsformen mit visuellen Darstellungen, Kenntnisse zu Fragen des Deutschen als Zweitsprache sowie eine erhöhte Sensibilität für kulturelle Unterschiede innerhalb der Lerngruppe. Trainerinnen und Trainer sollten in der Lage sein, die Zugehörigkeit aller Teilnehmenden zur Lerngruppe zu unterstützen und dabei das Merkmal der Herkunft weder ausblenden noch überbetonen.
Empfehlungen für eine bessere Arbeitsmarktintegration
Im Interesse einer besseren Integration von Migrantinnen und Migranten in den Arbeitsmarkt sind darüber hinaus weitere Schritte notwendig:
oAnerkennung ausländischer Bildungsnachweise: Migrantinnen und Migranten sollte ein besserer Zugang zu einer Tätigkeit ermöglicht werden, die ihren vorhandenen Qualifikationen entspricht. Dazu ist es notwendig, Regelungen zur Anerkennung von Bildungs- und Berufsabschlüssen, die im Ausland erworben wurden, neu zu fassen oder zu vereinheitlichen. So wird auch eine Vergeudung von dringend benötigten fachlichen Ressourcen vermieden.
oNachqualifizierung: Wenn im Ausland erworbene berufliche Abschlüsse nicht pass-genau an die Erfordernisse des deutschen Arbeitsmarktes anschließen, aber teilweise anerkannt werden, sind Anpassungsqualifizierungen sinnvoll. Entsprechende Konzepte werden für Ärztinnen und Ärzte erprobt, sind aber zum Beispiel auch für Lehrerinnen und Lehrer, Handwerkerinnen und Handwerker oder nichtärztliche Gesundheits-Fachberufe sinnvoll.
oInformation und Sensibilisierung von Personalverantwortlichen: Personalverantwortliche in Unternehmen und Behörden benötigen migrationsspezifische Kenntnisse und die Fähigkeit zur Reflexion des eigenen Verhaltens, um in Bewerbungsverfahren auf das äußere Erscheinungsbild oder ein spezifisches Verhalten angemessen und überlegt reagieren zu können.
oForschung und Evaluation: Die Förderung der Weiterbildung und beruflichen Integration von Migrantinnen und Migranten bedarf einer verbesserten Datenlage. In Forschungs- und Evaluationsprojekten sollte diese Zielgruppe künftig regelmäßig und systematisch berücksichtigt werden.
Ausführliche Informationen in BIBB REPORT, Heft 4/08. Die neue Ausgabe kann kostenlos im Internetangebot des BIBB unter http://www.bibb.de/bibbreport heruntergeladen werden.
Inhaltliche Auskünfte im BIBB erteilt:
Dr. Monika Bethscheider; Tel.: 0228 / 107-1229; E-Mail: bethscheider@bibb.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Gesellschaft, Pädagogik / Bildung, Wirtschaft
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Wissenschaftspolitik
Deutsch
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