idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
20.10.2000 13:56

MP3-Entwickler erhalten den Zukunftspreis

Dr. Johannes Ehrlenspiel Kommunikation
Fraunhofer-Gesellschaft

    Die Erfinder des MP3-Verfahrens, Dr. Karlheinz Brandenburg, Bernhard Grill und Harald Popp, sind gestern von Bundespräsident Johannes Rau mit dem »Deutschen Zukunftspreis« ausgezeichnet worden. Die Entwicklung der drei Fraunhofer-Forscher: Ein Audiocodierverfahren, das Musikdaten auf ein Zwölftel komprimiert. Damit lässt sich Musik über das Internet übertragen und digitales Radio via Satellit in Hifi-Qualität ausstrahlen.

    Bei der Verleihung des mit 500 000 DM dotierten Preises auf der EXPO in Hannover würdigte Bundespräsident Rau die Mitarbeiter des Erlanger Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen, Abteilung Angewandte Elektronik, als »Pioniere für ein neues Denken in Deutschland«. Die drei Wissenschaftler nahmen den Zukunftspreis stellvertretend für das gesamte Team entgegen, dass MP3 entwickelt hat.

    Radiosendungen in guter Qualität sogar in entlegenen Regionen Afrikas empfangen, Musik aus dem Internet in Minutenschnelle herunterladen - das Codierungsverfahren MPEG Layer-3, kurz MP3 genannt, macht es möglich. Es komprimiert Musikdaten auf etwa acht Prozent der sonst notwendigen Datenmenge - und das fast ohne hörbare Qualitätsverluste. Der Trick: Töne, die das menschliche Ohr nicht wahrnimmt, werden einfach herausgefiltert. MP3 spart so wertvolle Speicher- und Übertragungskapazitäten. Dank der Audiocodierung können beim digitalen Rundfunk zwölfmal so viele Radioprogramme ausgestrahlt werden. Das Codierungsverfahren macht zudem die Übertragung von Musik via Internet praktisch möglich: Ein mit MP3 komprimiertes Lied kann über den ISDN-Anschluss innerhalb weniger Minuten aus dem Netz heruntergeladen oder sogar in Echtzeit angehört werden. Mittlerweile senden bereits Internetradios in guter Audioqualität. Das Codierungsverfahren, das die Musikindustrie revolutioniert, hat ein Forscherteam am Erlanger Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS, Bereich Angewandte Elektronik, in jahrelanger Arbeit entwickelt. Für diese herausragende Forschungsleistung wurden gestern stellvertretend Dr. Karlheinz Brandenburg, Bernhard Grill und Harald Popp mit dem »Deutschen Zukunftspreis 2000« ausgezeichnet.

    Heute ist MP3 einer der am häufigsten gesuchten Begriffe im Internet und sogar seriöse Wirtschaftszeitungen loben das Audiocodierungsverfahren als »the hottest thing in cyber-space«. Doch bis es so weit war, mussten die Forscher in Zusammenarbeit mit der Universität in Erlangen umfangreiche Grundlagenforschung leisten und sich gegen zahlreiche Widerstände durchsetzen. Bereits vor mehr als 20 Jahren hatte Prof. Dieter Seitzer, ehemaliger Leiter des IIS und Doktorvater von Brandenburg, die Idee, Musik über das Telefonnetz zu übertragen. Allerdings weigerte sich das Patentamt diese visionäre Idee zu patentieren. Die Begründung: Das sei technisch nicht machbar. Dass es doch funktionierte, zeigte Brandenburg in seiner Dissertation. Bereits 1987 codierten die Erlanger Forscher Stereosignale in Echtzeit. Schon damals haben die Wissenschaftler an die Anwendung gedacht: Sie arbeiteten am Digital Audio Broadcasting DAB mit und entwickelten Datenkompressionen für den digitalen Rundfunk. Seither haben die Forscher gemeinsam mit Firmen die Audiocodierung ständig verbessert und ein auch im internationalen Vergleich besonders leistungsfähiges Verfahren erarbeitet. Diese Technik wurde 1992 von der Moving-Picture Expert Group - einem Komitee der Internationalen Standardorganisation ISO - als MPEG Layer-3 standardisiert.

    Um die neue Technik zu vermarkten, stellten Erlanger Forscher Mitte der neunziger Jahre eine Demoversion ihrer Entwicklung ins Internet. Schnell entdeckten amerikanische Studenten die vielfältigen Möglichkeiten von MP3. Sie nutzen das Verfahren, um Musik - auch illegal - via Internet auszutauschen. Von USA aus trat die Audiocodierung dann ihren Siegeszug um die Welt an. Mittlerweile haben mehr als 150 Millionen Internet-Nutzer einen Software-Player im Rechner installiert. 1999 wurden bereits über eine Million Abspielgeräte verkauft und in diesem Jahr sollen es nach Schätzungen von Experten schon über zehn Million sein. Auch im digitalen Rundfunk wird die Technik nun eingesetzt. Das amerikanische Unternehmen WorldSpace nutzt das Verfahren, um Afrika, Asien und Südamerika mit digitalem Rundfunk via Satellit zu versorgen. Es gibt schon über 60 verschiedene mobile, digitale MP3-Player. Sie lösen den Walkman ab, weil sie kleiner sind und keine verschleißanfälligen mechanischen Teile enthalten. Immer mehr Firmen nutzen das Codierungsverfahren, um neue innovative Produkte auf den Markt zu bringen. Auch aus dem IIS haben sich schon junge Unternehmen gegründet. Während MP3 im Internet und Musik-Business für Furore sorgt, haben die IIS-Wissenschaftler schon die nächste Generation der Audiocodierung entwickelt: das Advanced Audio Coding AAC. Damit können Musikdaten sogar um den Faktor 16 verkleinert werden.

    Das ZDF zeigt am 20. Oktober, um 22.20 Uhr die Verleihung des Deutschen Zukunftspreises.

    Birgit Niesing

    Interview mit Dr. Brandenburg im Fraunhofer-Magazin:
    www.fraunhofer.de/german/publications/df/df2000/index_idx_2-2000.html

    Ansprechpartner:
    Dr. Karlheinz Brandenburg
    Telefon: 0 36 77/6 69-40 19, Telefax: 0 36 77/6 69-40 24
    Fraunhofer-Arbeitsgruppe Elektronische Medientechnologie
    Am Ehrenberg 8, 98693 Ilmenau
    E-Mail: bdg@iis.fhg.de


    Weitere Informationen:

    http://www.fhg.de/german/press/pi/pi2000/index-pi21-2000-t.html
    http://www.fhg.de/german/press/pi/pi2000/index-pi30-2000-t.html
    http://www.fraunhofer.de/german/press/pi/pi2000/pi42-2000-fo.html
    http://www.iis.fhg.de
    http://www.deutscher-zukunftspreis.de


    Bilder

    Die Erlanger Forscher Bernhard Grill, Karlheinz Brandenburg und Harald Popp (v.l.n.r.) © Deutscher Zukunftspreis, Ansgar Pudenz
    Die Erlanger Forscher Bernhard Grill, Karlheinz Brandenburg und Harald Popp (v.l.n.r.) © Deutscher Z ...

    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Informationstechnik, Kunst / Design, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Musik / Theater, Wirtschaft
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Personalia
    Deutsch


     

    Die Erlanger Forscher Bernhard Grill, Karlheinz Brandenburg und Harald Popp (v.l.n.r.) © Deutscher Zukunftspreis, Ansgar Pudenz


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).