In einer globalisierten Welt und in unserer aus vielen Kulturen zusammengesetzten Gesellschaft gilt interkulturelle Kompetenz im Umgang miteinander als wichtige Fähigkeit, die Kindern möglichst früh vermittelt werden sollte. Bislang richten sich Angebote des internationalen Austauschs jedoch eher an ältere Jugendliche. Eine explorative DJI-Studie hat nun untersucht, welche Angebote im Bereich des internationalen Austauschs für Kinder im Alter von 8 bis 12 Jahren vorhanden sind, welche Erfahrungen speziell mit dieser Altersgruppe vorliegen und welchen Stellenwert interkulturelle Lernprozesse in den Begegnungsprojekten haben. Der Fokus dieser Vorstudie lag auf Gruppenbegegnungsprojekten.
Zwei Auslandsaufenthalte und/oder drei Fremdsprachen fließend - in den Lebensläufen heutiger BerufseinsteigerInnen ist dieses Profil keine Seltenheit. 16 Prozent der StudentInnen - vorwiegend aus bildungsnahen Elternhäusern - nutzen laut einer Auswertung des Deutschen Studentenwerks die Möglichkeit zum Auslandsstudium. Und bereits während der Schulzeit kann sich die Mehrheit der 16-Jährigen im Rahmen eines Schüleraustauschs einige Monate fern der Heimat vorstellen - so das Ergebnis einer aktuellen Forsa-Umfrage. Aber auch unabhängig vom Arbeitsmarkt und der angestrebten Erhöhung des eigenen Marktwerts ist interkulturelle Handlungskompetenz angesichts des globalen Zusammenrückens verschiedenster Nationalitäten eine gefragte Fähigkeit.
Unter entwicklungspsychologischen Aspekten ist die Vermittlung interkultureller Kompetenz bereits für die bisher wenig beachtete Altersgruppe der 8- bis 12-Jährigen sinnvoll, da in diesem Alter grundlegende kognitive Kompetenzen, Moral- und Wertvorstellungen aufgebaut werden. Die Chance für diese "Übergangskids", informelle Kontakte mit Gleichaltrigen anderer Herkunft aufzubauen, ist regional unterschiedlich ausgeprägt. Während in westdeutschen, vor allem in großstädtischen Lebensräumen mit einem hohen Anteil an Zugewanderten die alltäglichen interkulturellen Lernchancen höher sind, ist dies in ostdeutschen Regionen mit einem niedrigen Anteil an Zugewanderten kaum gegeben. Insgesamt sind gezielte Angebote für diese Altersgruppe eher selten. Bedauerlich, wenn die Annahme gilt, dass durch die frühzeitige Vermittlung von interkultureller Kompetenz der Entstehung und Verfestigung eines fremdenfeindlichen Verhaltens im Jugendalter entgegengewirkt werden kann.
Weder politisch noch wissenschaftlich haben internationale Kinderbegegnungen bislang größere Aufmerksamkeit erhalten. So ist auch die Förderung von internationalen Begegnungsprojekten im Rahmen des Kinder- und Jugendplans des Bundes (KJP) daran gebunden, dass die teilnehmenden Kinder nicht jünger als 12 Jahre sein dürfen.
Um die Lücke der wissenschaftlichen Analysen ansatzweise zu schließen, wurde in Zusammenarbeit mit dem Forscher-Praktiker-Dialog Internationale Jugendarbeit das Forschungsvorhaben "Interkulturelle Kompetenz durch internationale Kinderbegegnung" vom Deutschen Jugendinstitut (DJI) entwickelt. Die Ergebnisse der Vorstudie werden in "Auf einen Blick" zusammengefasst.
Im "Interview" betont Barbara Rink von der Forschungsgruppe "Migration, Integration und interethnisches Zusammenleben" am DJI, die die Vorstudie durchgeführt hat, dass die besondere Chance, die internationale Begegnungsprojekte bieten, nämlich interkulturell tatsächlich auf Augenhöhe miteinander zu kommunizieren und von einander zu lernen, stärker für Kinder erschlossen werden sollte. Entscheidend für die Herausarbeitung förderlicher Faktoren sei es unter anderem, so Rink, die abschließende Evaluation der Programme auszubauen, denn die stehe nach Aussagen der befragten Fachkräfte erst am Anfang und beschränke sich meist auf informelle Gespräche mit den Kindern.
Werden TeilnehmerInnen von Jugendbegegnungen gezielt im Rahmen von Wirkungsstudien befragt, belegen die subjektiven Bewertungen eine überraschend nachhaltige Wirkung auf die Biografie und sprechen dafür, dass internationale Jugendbegegnungen einen unersetzbaren Beitrag zur Entwicklung von Jugendlichen leisten, wie Professor Alexander Thomas in seinem "Blick von außen II" unterstreicht. Er plädiert dafür, möglichst vielen jungen Menschen diese Begegnungen zu ermöglichen und die Fachkräfte entsprechend zu qualifizieren.
Unterstützung bieten hierbei Jugendverbände wie die Arbeitsgemeinschaft der evangelischen Jugend (aej), deren Fachreferenten Dirk Thesenvitz und Florian Dallmann im "Blick von außen III" betonen, dass es nicht um eine reine Ausweitung des Teilnehmendenalters gehen darf, sondern die Chance zu einer fachlichen Weiterentwicklung pädagogischer Modelle genutzt werden soll - zum Beispiel durch speziell auf Kinder zugeschnittene theater-, spiel- und erlebnispädagogische Konzepte.
Auf viele Jahre praktischer Erfahrung mit grenzüberschreitenden Kinderbegegnungen kann Maren Ernst zurückblicken. Die Leiterin eines interkulturellen Projekts in Brandenburg an der deutsch-polnischen Grenze schreibt in ihrem "Blick von außen I" über Vorurteile, Freundschaften, "exotische" Fremdsprachen wie Polnisch und reflektiert konstruktiv-kritisch die Entwicklung des Modellprojekts Spotkanie, an dem rund 1.700 Kinder teilnehmen.
Das DJI-Online-Thema wird inhaltlich abgerundet durch ein Gespräch auf der DJI-Startseite mit Dr. Andrea Müller (Grundsatzreferentin der Abt. Kinder und Kinderbetreuung) über Interkulturelle Kompetenz im Kindergarten.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Gesellschaft, Pädagogik / Bildung, Politik, Psychologie, Recht, Sprache / Literatur
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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