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12.11.1997 00:00

Moleküle im Käfig

Adolf Kaeser Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Bewegungsfreiheit oder beklemmende Enge - auch fuer Molekuele macht das einen bedeutenden Unterschied. Waehrend freie Molekuele, nachdem sie genuegend Energie aufgenommen haben, ungehindert in Fragmente zerbrechen koennen, ist dies fuer Molekuele, die in einem Kaefig eingesperrt sind, nicht ohne weiteres moeglich.

    Bei chemischen Reaktionen werden Bindungen zwischen den Bestandteilen der Molekuele - Atome oder Atomgruppen - aufgebrochen und geschlossen. Wesentlich fuer den Chemiker ist es zu verstehen, wie Reaktionen ablaufen und besonders, wie die Umgebung der Molekuele diese Reaktionen beeinflussen kann.

    Selten sind Molekuele im Reaktionsablauf unbehindert. Das ist etwa dann gegeben, wenn die Reaktionen in Gasen bei niedrigem Druck ablaufen: In diesem Fall ist der naechste Nachbar so weit entfernt, dass es waehrend der Reaktionszeit praktisch zu keinen Zusammenstoessen kommt. In den meisten Faellen finden Reaktionen jedoch in fluessigen oder festen Systemen statt. Hier finden wegen der hohen Dichte staendig Stoesse zwischen den Molekuelen statt. Molekuele, die zum Beispiel in Wasser geloest sind, sind quasi in einem Kaefig eingesperrt, der von den Wassermolekuelen gebildet wird - sie koennen nicht frei reagieren. Diesen "Kaefigeffekt" untersuchen Wissenschaftler um Dr. Arnulf Materny vom Institut fuer Physikalische Chemie der Universitaet Wuerzburg. Ihre Arbeiten sind in ein Schwerpunktprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft eingebunden.

    Um den Kaefigeffekt experimentell zu analysieren, beschreiten die Wuerzburger Forscher einen Weg, den Dr. Materny am Beispiel des zweiatomigen Molekuels Natriumiodid (NaI) erlaeutert. Die Bindung zwischen den Atomen wird dabei durch Lichteinstrahlung gebrochen. Bei etwa 700 Grad Celsius ist die Dichte des NaI-Dampfes so gering, dass die Atome Natrium und Iod frei auseinanderfliegen koennen. Sperrt man nun diesen NaI-Dampf in eine Hochdruckzelle und fuegt zum Beispiel ein Edelgas bei immer hoeher werdendem Druck hinzu, so bildet sich um die NaI-Molekuele ein immer dichter werdender Edelgaskaefig. Bei Druecken bis zu 3000 bar erreichen die Wissenschaftler dann Bedingungen, die denen in einer Loesung entsprechen. Die Reaktion wird bei verschiedenen Edelgasdruecken betrachtet, so dass die Veraenderungen unmittelbar dem UEbergang vom freien zum geloesten System zugeordnet und somit der Kaefigeffekt gezielt untersucht werden kann.

    Wie aber kann solch eine Reaktion beobachtet werden? Nachdem das Molekuel Energie aus dem einfallenden Licht aufgenommen hat, beginnen die Atome auseinanderzufliegen. Die Bindung gilt als gebrochen, wenn sich die Fragmente bis auf einen Abstand entfernt haben, der ein Vielfaches des urspruenglichen Bindungsabstandes betraegt. Das geschieht extrem schnell, typischerweise in einigen 100 Femtosekunden. Eine ungefaehre Vorstellung von dieser Groesse vermittelt das folgende Beispiel: Licht benoetigt fuer die Strecke von der Erde zum Mond etwa eine Sekunde, in 100 Femtosekunden passiert es lediglich die Breite eines menschlichen Haares. Um sich derart ultraschnelle Vorgaenge anschauen zu koennen, werden Lichtpulse von weniger als 100 Femtosekunden Dauer eingesetzt, die in einem komplexen Lasersystem erzeugt werden. Ein Puls startet die Reaktion, ein zweiter "schaut" sich zu verschiedenen Zeiten danach den Zustand des Molekuels oder der Fragmente an.

    Die Erkenntnisse aus diesen Untersuchungen sollen zu einem besseren Verstaendnis der elementaren Schritte chemischer Reaktionen unter variablen Umgebungseinfluessen beitragen. Ein schrittweiser UEbergang zu komplizierteren Molekuelsystemen soll hierbei zu immer realistischeren Reaktionsbedingungen fuehren.

    Kontakt: Dr. Arnulf Materny, Telefon (0931) 888-6335, e-mail: amaterny@phys-chemie.uni-wuerzburg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Mathematik, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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