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05.03.1998 00:00

Rechtsradikalismus: Studie relativiert

Dr. Wolfgang Hirsch Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    FSU-Mediendienst

    Neue Studie ueber Rechtsradikalismus Jugendlicher: Ohnmachtsprotest und UEberbewertung

    Jena (05.03.) Eine besonnenere Analyse und Bewertung des Rechtsradikalismus unter Jugendlichen mahnt der Jenaer Psychologe Prof. Dr. Wolfgang Frindte an. Die juengst publizierte Studie Bernd Wagners vom Berliner Zentrum Demokratische Kultur sei "offensichtlich falsch und ueberinterpretiert worden", so Frindte. "Wir haben es mit einer besorgniserregenden Tendenz zu tun", erklaert der Jenaer Wissenschaftler, "aber zur Panikmache besteht kein Grund." Vielmehr fuehlten sich Jugendliche von der Politik massiv vernachlaessigt.

    Frindte und sein Team an der Friedrich-Schiller-Universitaet fuehren seit 1991 regelmaessig Untersuchungen zur politisch-gesellschaftlichen Einstellung Jugendlicher durch und kommen in ihrer juengsten Studie 1996-98 im Auftrag der VW-Stiftung zu weniger dramatischen Ergebnissen. Befragt wurden 2.130 Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren in Thueringen, Brandenburg, Schleswig-Holstein und Bayern. Danach bezeichnen sich nur 5,7 Prozent der Jugendlichen selbst als "politisch rechts" und 11,2 Prozent als "politisch eher rechts". Lediglich zwei Prozent wuerden Republikaner waehlen, und 1,5 Prozent sehnen sich nach der Wiederholung eines nationalsozialistischen Regimes.

    "Wir muessen sehr umsichtig mit diesen empirisch-sozialwissen- schaftlichen Statistiken umgehen", erklaert Frindte, "weil die Gefahr bewusst provozierender, verfaelschender Angaben bei den Befragten sehr hoch ist." Als eindeutige Aussage haelt Frindtes Team die Skepsis der jungen Generation gegenueber den altvorderen politischen Repraesentanten fest: 75 Prozent der Befragten meinen, dass Politik nichts oder gar nichts mit den Problemen Jugendlicher zu tun habe; gar 80 Prozent fuehlen sich "eher" oder "voll und ganz" gegenueber der Politik machtlos. "Sich als rechtsradikal zu outen muss als ein Mittel des resignativen Protests verstanden werden", interpretiert Frindte.

    Die Problematik der statistischen Methodik offenbart seine Analyse der Auslaenderfeindlichkeit bei Jugendlichen. Auf einer Werteskala der Zustimmung kreuzten in Thueringen nur 13 Prozent der Befragten (Bayern: acht Prozent, Brandenburg: 7,7 Prozent) den hoechsten Wert "5" an. Addiert man den Tendenzwert "4" hinzu, erhaelt man als Ergebnis, dass in Thueringen 40 Prozent der Jugendlichen (Brandenburg: 33 Prozent, Bayern 26 Prozent) "in mehr oder weniger starkem Masse auslaenderfeindlich" eingestellt seien. Lediglich drei Prozent der Befragten in allen fuenf untersuchten Bundeslaendern gab aber an, schon einmal gewalttaetig gegen Auslaender geworden zu sein.

    "Wissenschaftler, Medien und Politiker sollten sehr umsichtig mit diesen Daten umgehen", warnt Wolfgang Frindte, "sonst ensteht der Eindruck bei den Jugendlichen, es entspraeche der sozialen Norm, auslaenderfeindlich zu sein."

    Ansprechpartner: Prof. Dr. Wolfgang Frindte, Institut fuer Psychologie der Friedrich-Schiller-Universitaet Jena, Tel.: 03641/945280.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Politik, Psychologie, Recht
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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