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27.10.2000 15:12

Am 28.Oktober 2000 ist Weltpoliotag

Heidrun Wothe Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Robert Koch-Institut

    Die Erfolgsgeschichte ist noch nicht ganz abgeschlossen. Seit Anfang der Sech-zigerjahre die Schluckimpfung gegen die vom Polio-Virus verursachte Kinder-lähmung (Poliomyelitis) flächendeckende Immunisierungen ermöglichte, gingen die Erkrankungszahlen drastisch zurück. In Deutschland traten zuletzt 1992 zwei - durch "importierte" Wildviren verursachte - Polio-Erkrankungen auf, die letzte hier entstandene (autochthone) Erkrankung wurde im Jahr 1990 erfasst. Im November 1998 wurde der bislang letzte Polio-Fall in Europa aus dem Süden der Türkei gemeldet. Dennoch gilt der Kontinent, im Gegensatz zu Nord- und Südamerika, noch nicht offiziell als poliofrei. Im Jahre 1988 hatte die Weltge-sundheitsorganisation (WHO) ein globales Poliomyelitis-Eradikationsprogramm initiiert.

    Möglich wird die Ausrottung der Poliomyelitis, weil der Mensch einziger Wirt des Erregers ist. Wenn praktisch alle Menschen in einer Bevölkerung gegen einen Krankheitserreger wie das Polio-Virus immun sind, kann sich der Erreger nicht mehr vermehren und stirbt aus. Daher ist die Impfung (inzwischen hat eine Injektion mit inaktivierter Polio-Vakzine in den Oberarm den Würfelzucker mit dem aufgeträufelten Impfstoff abgelöst) nach wie vor unverzichtbar: Die Grundimmunisierung beginnt entsprechend dem Impfkalender für Säuglinge, Kinder und Jugendliche im dritten Lebensmonat. Ab dem 11. Lebensjahr wird für Jugendliche (bis zum vollendeten 18. Lebensjahr) eine Auffrischungsimpfung empfohlen.

    Für die Attestierung der Poliofreiheit durch die WHO muss eine Region drei Jahre poliofrei sein, und ein gut funktionierendes Überwachungssystem muss bele-gen, dass die Zirkulation der Poliowildviren unterbrochen ist. Dabei gilt die Überwachung aller akut auftretenden schlaffen Lähmungen bei Kindern unter 15 Jahren (AFP-Surveillance = acute flaccid paralysis) als "Goldstandard". Die Fälle solcher plötzlichen Muskellähmungen sollten der Zentralen Erfassungsstelle am Niedersächsischen Landesgesundheitsamt mitgeteilt werden (diese Einrichtung ist für die vom Bundesministerium für Gesundheit mit der AFP-Surveillance beauftragte Deutsche Vereinigung zur Bekämpfung von Virus-krankheiten tätig).

    Die Wissenschaftler des Nationalen Referenzzentrums für Poliomyelitis und En-teroviren am Robert Koch-Institut untersuchen dann an Stuhl- und Serumproben mit virologischen und molekularen Methoden, ob das Polio-Virus im Spiel ist. Der Erreger wird hauptsächlich fäkal-oral übertragen. Schon kurz nach Infekti-onsbeginn kommt es zu massiver Virusvermehrung in den Zellen der Darmwand (Epithel), so dass bis zu einer Milliarde infektiöse Viren pro Gramm Stuhl ausgeschieden werden können.

    Als regionales WHO-Referenzlabor unterstützt das Nationale Polio-Referenzzentrum am Robert Koch-Institut sieben weitere europäische Staaten. In dieser Funktion ist es insbesondere verantwortlich für die Unterscheidung zwischen Impf- und Wildvirus.

    Aktive internationale Hilfe, zum Beispiel im Labor-Akkreditierungsprozess und beim Aufbau einer AFP-Surveillance, leistet das Robert Koch-Institut durch Aufenthalte der Polio-Spezialisten in anderen Nationalen Polio-Laboratorien und die Entsendung von
    Infektionsepidemiologen im Rahmen von "STOP Polio" (Stop Transmission of Polio). Mit diesem Programm unterstützt die WHO die Ausrottung des Virus in Ländern Südasiens und Zentralafrikas. Dort gibt es Gebiete, in denen nach wie vor Erkrankungen durch Polio-Wildviren auftreten (vor allem in Indien beziehungsweise in der Subsahara-Region und am Horn von Afrika). Reisende in solche Polio-Endemiegebiete sollten über eine aktuelle Polio-Impfimmunität verfügen (Auffrischung der Polio-Impfimmunität, falls die letzte Impfstoffgabe länger als zehn Jahre zurückliegt, ggf. Grundimmunisierung oder Ergänzung fehlender Impfungen). Eine spezifische Therapie mit antiviralen Substanzen ist nicht verfügbar.

    Nach der Unterbrechung der Poliovirus-Übertragung weltweit werden die bio-medizinischen Laboratorien die einzige potenzielle Quelle von Poliowildviren sein. Daher ist es notwendig, eine Inventur aller gelagerten Poliowildviren durchzuführen. Deutschland ist einer von fünf europäischen Staaten, die die WHO als Modellländer bestimmt hat, um Erfahrungen mit der notwendigen Sicherheitslagerung von Polioviren (Containment) zu sammeln. Die Aktivitäten dabei koordiniert die Deutsche Vereinigung zur Bekämpfung von Viruskrankhei-ten, unterstützt vom Robert Koch-Institut.


    Weitere Informationen:

    Weitere Informationen:
    Ratgeber des Robert Koch-Instituts zu Poliomyelitis http://www.rki.de/INFEKT/RATGEBER/RAT.HTM
    Epidemiologisches Bulletin des Robert Koch-Instituts, Ausgabe 43/2000, S. 341-343 http://www.rki.de/INFEKT/EPIBULL/EPI.HTM
    WHO: Global Pol


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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