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21.08.1995 00:00

Berechnungen für alternative Energien

Dr. Josef König Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    Bochum, 21.08.1995, Nr. 126

    Neue Energien fuer kuehle Rechner

    Strategien zur Einfuehrung erneuerbarer Energietraeger

    Systemstudie von RUB-Ingenieuren fertiggestellt

    Mit neuen Konzepten koennte der Durchbruch gelingen, den Anteil der regenerativen Energietraeger an der Energieversorgung zu erhoehen. Wie Staedte und Gemeinden die erneuerbaren Energieformen in die bestehenden Versorgungsstrukturen integrieren koennen, zeigt die Studie ,Analyse von Moeglichkeiten zur praktischen Solarenergienutzung und deren Entwicklungsperspektiven in Nordrhein-Westfalen" von Prof. Dr.-Ing. Hermann Unger und Dr.-Ing. Markus Mohr (Nukleare und Neue Energiesysteme, Fakultaet fuer Maschinenbau der Ruhr-Universitaet Bochum), gefoerdert durch die Arbeitsgemeinschaft Solar Nordrhein-Westfalen (AG Solar).

    Wie die Bochumer Wissenschaftler ermittelt haben, gehoeren Energiegewinnung aus Biomasse und solare Nahwaermesysteme derzeit zu den kostenguenstigsten Loesungen. Angesichts angespannter Haushaltslagen der Kommunen bestimmen Kosten wesentlich den Wandel auf dem Energiemarkt. Mit einer optimalen Kombination der verschiedenen Energietraeger koennen die Staedte und Gemeinden trotzdem in eine regenerativ orientierte Energieversorgung einsteigen. Wie hoch die jaehrlichen Kosten liegen, um eine groesst moegliche Versorgung durch erneuerbare Energien zu erzielen, laesst sich der Strategiestudie der Arbeitsgruppe ,Energie - System - Umwelt" um Prof. Unger entnehmen. Grossstaedte koennten zur Zeit rund 20 Prozent ihres Energieverbrauchs durch regenerative Energien decken. In laendlichen Gemeinden steigt dieser Anteil sogar auf ueber 50 Prozent.

    Die Bochumer Ingenieure erstellten zunaechst einen Strahlungsatlas mit der raeumlichen Verteilung der durchschnittlichen Sonneneinstrahlung in NRW. Fuer den Einsatz von Photovoltaik und Solarthermie, aber auch von Biomasse zur Ausnutzung der Sonnenenergie, steht in dem bevoelkerungsreichsten Bundesland NRW nur eine begrenzte Flaeche zur Verfuegung. Im zweiten Teil des Projekts beschreiben sie deshalb die solartechnisch nutzbaren Potentialflaechen von Gebaeuden und Freiflaechen der Staedte und Gemeinden. Dabei haben sie fuer verschiedene Modellgemeinden Konzepte entwickelt, wie die Energieversorgung umstrukturiert werden kann. Sie ordnen die Kommunen anhand ihrer derzeitigen Energieversorgungsstruktur, ihres spezifischen Energieverbrauchs, der Kohlendioxid-Emissionen, Einwohnerdichte, solartechnisch nutzbaren Flaechen und anderer struktureller Merkmale ein. Vier Modellgemeinden repraesentieren die Vielzahl der Staedte und Gemeinden in NRW:

    I.) Metropolen,

    II.) Grossstaedte,

    III.) Staedte oder Gemeinden in Bal-lungsrandzonen und

    IV.) laendliche Staedte oder Gemeinden.

    Fuer jeden der vier Typen von Modellgemeinden erarbeiteten die Wissenschaftler eine Strategie zur kostenguenstigsten Einfuehrung der erneuerbaren Energietraeger. Um die Wirtschaftlichkeit der verschiedenen regenerativen Energiesysteme vergleichen zu koennen, kalkulierten die Wissenschaftler die spezifischen Kosten fuer Investition und Betrieb anhand einer dynamischen Investitionsmethode. Hierbei beruecksichtigten sie die unterschiedliche Nutzungsdauer der verschiedenen Systeme. Bevor die Kommunen mit dem Aufbau von regenerativen Energiesystemen beginnen, empfehlen die Bochumer Ingenieure Massnahmen zur generellen Energieeinsparung. Eine effizientere Energieausnutzung senkt den Energieverbrauch und damit auch die Kohlendioxid-Emissionen um rund 30 Prozent und sollte der intensiven Nutzung der erneuerbaren Energietraeger vorausgehen.

    Die Studie fasst die verschiedenen Energietechniken zu acht Nutzungskonzepten zusammen. Von diesen acht sind hauptsaechlich die Windkraft, die Photovoltaik und zum Teil die Biomasse fuer die direkte Stromerzeugung vorgesehen, waehrend die anderen zur Waermeversorgung beitragen. Zur Zeit bezahlen die Verbraucher in NRW fuer eine Kilowattstunde (kWh) Strom durchschnittlich 23 Pfennig. Die Erzeugung von Waerme schlaegt mit ca. 8 Pf/kWh zu Buche. Das Nutzungskonzept der ,festen Biomasse" ist mit realen Kosten von derzeit rund 5 Pf/kWh die guenstigste Loesung. Es beinhaltet die thermische Verwertung von land- und forstwirtschaftlichen Reststoffen und von speziell zur Energieverwertung angebauten Pflanzen wie z. B. das Elefantenschilfgras (Miscanthus sinensis). Damit liessen sich ca. 5 Prozent der in NRW verbrauchten Endenergie decken. Die Verwertung von ,feuchter Biomasse", also von organischen Muellfraktionen, Klaerschlaemmen und tierischen Exkrementen, erfolgt ueber ihre anaerobe Vergaerung. Anschliessend verbrennen Blockheizkraftwerke das entstandene methanhaltige Gas. Die ,feuchte Biomasse" kann in Metropolen fuer 25 Pf/kWh relativ guenstig ausgenutzt werden, waehrend die Kosten in den laendlichen Gemeinden hoeher liegen, da hier wegen der geringen Einwohnerzahl nur kleine Anlagen in Frage kommen. Fuer die Nutzung der Solarthermie stehen drei Konzepte zur Verfuegung: Solarthermische Nahwaermesysteme liefern zentral Raumwaerme und warmes Brauchwasser mit realen Kosten zwischen 18 und 35 Pf/kWh. Der Anteil an der Endenergieversorgung in NRW koennte 10 Prozent betragen. Mit etwa gleich hohen Energiekosten kann Brauchwasser in einem dezentralen Konzept erwaermt werden. Die dezentrale Versorgung mit Brauchwarmwasser zusammen mit Raumwaerme bewirkt zwar hoehere Deckungsgrade, wird aber auch teurer (bis zu 49 Pf/kWh). Die mit Abstand teuerste Nutzungsmoeglichkeit von Sonnenenergie ist derzeit die Photovoltaik. Bei zentralen Anlagen liegen die realen Kosten fuer die Stromerzeugung bei ca. 1,62 DM/kWh und steigen bei dezentralen Anlagen auf ungefaehr 4 DM/kWh. Insgesamt koennte die Photovoltaik rund 4,5 Prozent des NRW-Energieverbrauchs decken. Dies lohnt sich nur bei ausreichenden Potentialflaechen, die nur in laendlichen Staedten und Gemeinden zur Verfuegung stehen. Fuer die direkte Stromerzeugung ist die Windkraft mit realen Kosten von ca. 29 Pf/kWh guenstiger.

    Das Fazit der Bochumer Ingenieure: Die guenstigste Moeglichkeit zum Einstieg in eine regenerativ orientierte Energieversorgung ist thermische Verwertung von fester Biomasse. Solare Nahwaermesysteme bieten ebenfalls eine kostenguenstige Alternative. Forschungsprojekte laufen auf Hochtouren um die Nutzung von Sonnenenergie fuer die Stromerzeugung und die Waermegewinnung zukuenftig wirtschaftlicher zu machen.

    Kommunen, die ueber neue Perspektiven in der Energieversorgung nachdenken, koennen die Studie beim Fachinformationszentrum Karlsruhe (Gesellschaft fuer wissenschaftlich-technischen. Informationen mbH, Leopoldshafener Allee, 76344 Eggenstein-Leopoldshafen, Tel. 07247/808-0) bestellen.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Elektrotechnik, Energie
    überregional
    Es wurden keine Arten angegeben
    Deutsch


     

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