Forscher legalisieren "Lauschangriff"
Chip aus Chemnitz legt Ohr an unruhige Maschinen
Ruetteln und Schuetteln wird frueher erkannt
Weniger Verschleiss, geringere Reparaturkosten
CHEMNITZ. Computer sind dumm - dieser Grundsatz war noch bis vor wenigen Jahren unumstoesslich. Doch die kleinen Siliziumplaettchen lernen langsam, mitzudenken und koennen auf manchen Gebieten schon den menschlichen Experten ersetzen. Ein Beispiel dafuer sind Chips, mit denen sich Schwingungen mechanischer Systeme ueberwachen lassen. Solche neuartigen Chips stellen Wissenschaftler der Technischen Universitaet Chemnitz-Zwickau vom 22. bis zum 27. April auf der Hannover Messe vor.
Wenn Maschinen unerwartet anfangen zu schwingen, ist meist eine kleine Unwucht oder ein winziger Riss in einem Teil die Ursache. Wird dieses Schwingen nicht rechtzeitig erkannt, dann werden auch andere Teile in Mitleidenschaft gezogen. Die Folge: fruehzeitiger Verschleiss, hohe Reparaturkosten, schlechtere Qualitaet der mit der Maschine hergestellten Waren. Erfahrene Ingenieure und Bediener haben jedoch oft im Laufe der Zeit ein so empfindliches Gehoer entwickelt, dass sie solche Schwingungen fruehzeitig an der Vibration oder am Geraeusch erkennen koennen.
Den Chemnitzer Forschern um Prof. Dr. Steffen F. Bocklisch und Prof. Dr. Dietmar Mueller ist es jetzt gelungen, dieses Expertenwissen auf ein paar Quadratmillimeter Silizium zu bannen. Die neuen Chips arbeiten nach dem Fuzzy-Prinzip, das dem menschlichen Denken nachgebildet ist. Solange alles normal laeuft, ueberwachen sie lediglich den Betrieb der Maschinen. Taucht jedoch die geringste Unregelmaessigkeit auf, wird sie sofort vom Chip erkannt und bewertet. Anschliessend entscheidet er selbstaendig, was zu tun ist. Die Chips sind auf eine bestimmte Aufgabe zugeschnitten: es handelt sich um sogenannte ASICs (application specific integrated circuits, anwendungsspezifische integrierte Schaltkreise). Gerade deshalb sind sie so leistungsfaehig und gleichzeitig so klein. So koennen sie etwa die eingehenden Messwerte direkt verarbeiten, stoeranfaellige lange Leitungen entfallen. Mit herkoemmlichen Rechnern war es bisher schwierig bis unmoeglich, derartige Schwingungen vor Ort zu analysieren: entweder reichte die Rechenleistung nicht aus oder das System war einfach zu gross und zu teuer.
Angewendet werden koennen die neuen Chips etwa zur UEberwachung von Turbinen und Pumpstationen, aber auch von Werkzeugmaschinen und sogar der nervtoetenden kleinen Luefter in vielen Computern. So mancher teure Prozessor koennte dadurch vor dem vorzeitigen Aus bewahrt werden. Der Einsatz der Chips beschraenkt sich aber nicht nur auf die UEberwachung unerwuenschter Schwingungen. Auch eine Qualitaetskontrolle, etwa von Blechen in Walzwerken, ist moeglich. Und nicht zuletzt koennten sie auch in den zwei Bereichen nuetzlich sein, die den Deutschen am wichtigsten sind: sein Auto und seine Gesundheit. So liesse sich etwa bei einer Inspektion routinemaessig der tatsaechliche Verschleiss von Kurbelwellen oder Zylindern feststellen, und der Arzt koennte bestimmte Krankheiten, wie etwa Krebs oder einen erhoehten Schaedelinnendruck, eher und leichter diagnostizieren. Softwareloesungen hierfuer haben die Forscher bereits entwickelt, sie muessen nur noch fest auf einem Chip verdrahtet werden. Damit zeigt die TU Chemnitz-Zwickau erneut, dass sie in der Mikroelektronik ganz vorn mitmischt.
Kontakt: Technische Universitaet Chemnitz-Zwickau, Fakultaet fuer Elektrotechnik und Informationstechnik, Reichenhainer Str. 70, 09107 Chemnitz, Prof. Dr. Steffen F. Bocklisch, Telefon: 03 71/5 31-34 32, Fax: 03 71/5 31-34 26, Prof. Dr. Dietmar Mueller, Telefon: 03 71/5 31-31 95, Fax: 03 71/5 31-31 86 oder vom 22. bis 27. April auf der Hannover Messe 1996, Halle 18, 1. Obergeschoss, Stand J 16 auf der Gemeinschaftsflaeche "Forschungsland Sachsen" der saechsischen Hochschulen. Stichwort: Fuzzy-ASICs zur Schwingungsueberwachung
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Elektrotechnik, Energie, Maschinenbau
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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