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14.11.2000 11:29

Schwierige Vergangenheit: Zwangsarbeiter an Universität und Klinikum?

Rudolf-Werner Dreier Hochschul- und Wissenschaftskommunikation
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau

    Recherche des Universitätsarchivs zur Lage in Freiburg

    Gab es in der Zeit des so genannten Dritten Reiches Zwangsarbeiter auch an der Freiburger Albert-Ludwigs-Universität oder am Universitätsklinikum Freiburg? Seit zwei Jahren beschäftigen sich auf ausdrücklichen Wunsch des Rektors der Universität, Professor Dr. Dr. h.c. Wolfgang Jäger, die Historiker am Universitätsarchiv mit dieser Frage. Nach umfangreichen Recherchen gelang es nun erstmals den Fall einer osteuropäischen Zwangsarbeiterin zweifelsfrei zu dokumentieren. Daß erst in einem Fall konkrete Nachweise vorhanden sind hängt vor allem mit den Schwierigkeiten einer historisch und wissenschaftlich einwandfreien Datenerhebung und Recherche zusammen. Zum einen sind Namen, die als Suchvoraussetzung verwendet werden könnten, unbekannt, zum anderen entstanden durch die großen Zerstörungen gerade der naturwissenschaftlichen Institute und Kliniken große Überlieferungslücken dieser Einrichtungen.

    Das Universitätsarchiv, unter Leitung des Archivars, Dr. Dieter Speck, hat sich dennoch auf die Suche nach der berühmten Stecknadel im Heuhaufen begeben. Dabei wurden zunächst alle Akten des Rektorats, die die Kriegsjahre betreffen, systematisch nach Hinweisen auf Zwangsarbeiter geprüft. Auch Kassenunterlagen, Lohnbuchhaltungen und Mitarbeiterkarteien von Rektorat und Klinikum unterlagen der Einsicht. In den Restbeständen der Personalkartei des Klinikums fand sich während dieser Untersuchung nicht nur der Vermerk "Ostarbeiterin", der eine Frau aus der Sowjetunion bezeichnet, die als "Hausmädchen" in der Medizinischen Klinik eingesetzt war, sondern auch Hinweise auf weitere Personen, deren Zwangsarbeiterstatus für möglich oder wahrscheinlich gehalten wird, ohne daß dies aus den Unterlagen jedoch explizit hervorgeht.

    Eine ähnliche Quellenlage liegt auch für die Recherche der zwischen 1941 und 1945 in der Universitätsfrauenklinik an Fremdarbeiterinnen durchgeführten Zwangssterilisationen vor. Weniger als zehn Fälle sind hier relativ konkret bekannt. Man vermutet jedoch etwa 300 bis 400 von dieser Maßnahme betroffene Personen.

    Der Fund, daß mehrere hundert Zwangsarbeiter zwischen 1945 und 1948 an der Freiburger Universität immatrikuliert waren, hat das Universitätsarchiv weiterhin dazu veranlasst, mit dem Aufbau einer Datenbank zu beginnen, in die alle recherchierten Daten einfließen. So kann Betroffenen mit konkreten Anfragen sofort Auskunft erteilt werden.

    In Zusammenarbeit mit dem Staatsarchiv Freiburg und dem Freiburger Stadtarchiv wurde auch außerhalb der Universität recherchiert wobei weitere Ergebnisse erzielt werden konnten: Es stellte sich heraus, daß im Ostarbeiterlager Habsburgerstraße 1944 mindestens sechs Personen untergebracht waren, die das Arbeitsamt Freiburg für Arbeiten in den Universitätskliniken zugeteilt hatte.

    Anhand dieser Beispiele wird schnell deutlich, daß im Kontext mit der Zwangsarbeiterthematik noch eine Menge Arbeit getan werden muss. Und so werden auch die Recherchen in Freiburg noch lange nicht abgeschlossen sein.

    Das Universitätsarchiv Freiburg bittet die Mitbürgerinnen und Mitbürger aus der Region um Ihre Mithilfe. Zeitzeugen sowie Personen, die Hinweise oder Erinnerungen in diesem Zusammenhang haben, werden gebeten, sich mit dem Universitätsarchiv, Dr. Dieter Speck, in Verbindung zu setzen.

    Kontakt:

    Dr. Dieter Speck
    Leitender Archivar, Universitätsarchiv Freiburg
    Werthmannplatz 2
    Telefon 0761/ 203-3831
    Telefax 0761/ 203-3834
    E-mail: speckd@ruf.uni-freiburg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    überregional
    Organisatorisches, Personalia
    Deutsch


     

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