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15.11.2000 21:17

Reform der Juristenausbildung: "Politiker sollen ihre Blockade aufgeben"

Dr. Wolfgang Hirsch Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Jena (16.11.00) "Die Reform der deutschen Juristenausbildung ist längst in vollem Gang", analysiert der Jenaer Prof. Dr. Peter M. Huber, der Vorsitzende des Deutschen Juristen-Fakultätentages. "Nach über 100 Jahren des Diskutierens und Bemühens ist nun endlich Bewegung in die Sache gekommen - und zwar von unten, aus den Fakultäten selbst." Flexibilität heißt offensichtlich das neue Zauberwort unter den Rechtswissenschaftlern, die einer einstufigen Ausbildungslösung, wie sie die Justizverwaltungen in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen vorschlagen, weiterhin eine klare Absage erteilen.

    "Jede Veränderung ist letztlich nur gemeinsam mit den Hochschullehrern durchsetzbar", bemerkt Huber selbstbewusst. "Das haben inzwischen auch einige der zuständigen Landesminister begriffen und suchen den praxisnahen Konsens mit den Universitäten." Wenn die Politiker bei dem Reformansatz der Fakultäten jetzt konsequent mitzögen, sei schon ein wichtiger Schritt getan.

    Die Krux bei den Juristen liegt laut Huber nicht grundsätzlich in der Zweistufigkeit der Ausbildung aus Universitätsstudium und Referendariat an den Gerichten. "Für einen künftigen Richter oder Staatsanwalt ist dieser umfassende Einblick in die Praxis unerlässlich", weiß der Jenaer Rechtsexperte, "den kann man nicht durch Trockenschwimmübungen in Kleingruppenseminaren kompensieren."

    Allerdings stehe die große Frage im Raume, ob denn wirklich jeder Jurist diese Phase zwangsläufig durchlaufen müsse. Nur etwa zehn Prozent der Absolventen findet eine Wirkungsstätte im Justizapparat selbst; immer mehr von ihnen zieht es in die Wirtschaft. Huber: "Für dieses Aufgabenfeld ist die Referendarzeit eine sinnlose Vergeudung geistiger und finanzieller Ressourcen."

    Deshalb schlagen die Hochschullehrer eine Flexibilisierung des Einheitssystems vor, die alternative Abschlüsse an den Universitäten erlaubt, zum Beispiel im Wirtschafts- und Europarecht. Solche Nachwuchskräfte würden im Zuge der Globalisierung immer mehr gebraucht, eine Referendariat aber könnten sie sich sparen. - Die Entlastung für beide Seiten liegt auf der Hand. "Wir haben bereits exzellente Erfahrungen mit neuen Aufbau- und Ergänzungsstudienangeboten in diesen Bereichen gemacht", schildert Huber den Status quo, "auf die beiden Staatsexamina könnten diese Kandidaten aber bequem verzichten: Ein Magisterabschluss tut's auch."

    Außerdem wollen die 42 deutschen Jura-Fakultäten alles unternehmen, um ihren Studenten frühzeitig die persönliche Eignung für dieses Fach vor Augen zu führen. Die Einführung eines Credit-Point-Systems und der obligatorischen Zwischenprüfung erspare so manchem den qualvollen Irrweg durch ein falsches Studium - und damit auch viel Lebenszeit.

    "Wer im juristischen Grundstudium bemerkt, dass er vielleicht doch besser bei den Betriebswirten oder Philosophen aufgehoben ist, schafft den Wechsel noch problemlos", schmunzelt Huber. "Seinen Studenten diese Einsicht zu ermöglichen, gehört fraglos auch zur Verantwortung eines Universitätsprofessors." Der positive Effekt für die Fakultäten: Die Studentenzahlen, insbesondere im Hauptstudium, nehmen spürbar ab, die rechtswissenschaftliche Studium wird effizienter.

    Grundsätzlich werde das deutsche Modell der Juristenausbildung auch im Ausland hoch geschätzt. Warum solle man etwas abschaffen, was sich durchaus bewährt habe, fragt Huber. "Wir müssen nur endlich unsere Anstrengungen auf Effizienz und Qualitätsmanagement konzentrieren", fordert er.

    "Mit dogmatischen Reglementierungen von oben kommen wir aber nicht weiter. Die Politik muss ihe Reformblockade aufgeben und den Weg in eine vernunftorientierte Anpassung der Ausbildungs- und Prüfungsordnungen freimachen."

    Ansprechpartner:
    Prof. Dr. Peter M. Huber
    Vorsitzender des Detuschen Juristen-Fakultätentages
    Friedrich-Schiller-Universität Jena
    Tel.: 03641/942200, Fax: 942202
    E-Mail: pmhuber@recht.uni-jena.de

    Friedrich-Schiller-Universität
    Referat Öffentlichkeitsarbeit
    Dr. Wolfgang Hirsch
    Fürstengraben 1
    07743 Jena
    Tel.: 03641/931031
    Fax: 03641/931032
    E-Mail: h7wohi@sokrates.verwaltung.uni-jena.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Politik, Recht
    überregional
    Studium und Lehre, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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