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20.11.2000 15:21

Wissenschaftspreis für Termitenforscher Dr. Manfred Kaib

Jürgen Abel M. A. Pressestelle
Universität Bayreuth

    Für seine herausragenden Forschungsleistungen an Termiten auf den Gebieten der experimentellen Ökophysiologie und Soziobiologie erhält der Bayreuther Biologe Dr. Manfred Kaib den Robert-Sauer-Preis der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.

    Bedeutende Auszeichnung für Bayreuther Biologen
    TERMITENFORSCHER DR. MANFRED KAIB ERHÄLT ROBERT-SAUER-PREIS DER BAYERISCHEN AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
    Für herausragende Leistungen bei Ökophysiologie und Soziobiologe

    Bayreuth/München (UBT). Für seine herausragenden Forschungsleistungen an Termiten auf den Gebieten der experimentellen Ökophysiologie und Soziobiologie erhält der Bayreuther Biologe Dr. Manfred Kaib den Robert-Sauer-Preis der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Dieser Preis wird alle zwei Jahre verliehen und am 2. Dezember während der feierlichen Jahressitzung der Akademie in der Münchner Residenz überreicht. Dr. Kaib ist der erste Bayreuther, der diese bedeutende Auszeichnung erhält.
    Die Forschung Dr. Kaibs und seiner Arbeitsgruppe am Lehrstuhl Tierphysiologie (Prof. Dr. Dietrich von Holst), konzentriert sich auf das Sozialverhalten von Termiten. In den tropischen und subtropischen Regionen der Erde kommt Termiten hohe ökologische und landwirtschaftliche Bedeutung zu. Termiten gehören, wie auch Ameisen und manche Bienen und Wespen, zu den staatenbildenden Insekten. In ihren Kolonien leben Königin und König zusammen mit teilweise mehreren Millionen Arbeitern und Soldaten. Solche Superkolonien sind zu erstaunlichen Leistungen fähig. Termiten der Gattung Macrotermes ("die grossen Termiten", die dennoch nur wenige Millimeter klein sind), auf die sich derzeit der Bayreuther Biologe konzentriert, bauen meterhohe Burgen und bewegen dabei mehrere Tonnen Erde. Diese Leistungen sind nur möglich, da Termiten über eine ausgeklügelte Kommunikation, eine "chemische Sprache", verfügen und in einer offensichtlich konfliktfreien Sozietät leben.
    Die chemische Sprache der Termiten reguliert das koordinierte Zusammenleben und Zusammenarbeiten der Individuen in einer Kolonie. Sie beruht auf einer Vielzahl chemischer Substanzen (Pheromone), die von einem Individuum abgegeben werden und von Nestgenossen in eindeutiger Weise verstanden und beantwortet werden. Dr. Kaib gelang es, einzelne Pheromone und deren Wirkungskette von der Wahrnehmung bis zum Verhalten aufzuklären. Beispiele hierfür sind das Spurpheromon, das von Termiten auf den Untergrund, gleichsam der Mittelmarkierung einer Strasse, aufgetupft wird; andere Termiten folgen solchen Duftspuren und finden zu einer Nahrungsquelle oder zurück zur Kolonie. Oder aber das Signal, welches Termiten mitteilt, wo Nahrung (Holz) abgebaut werden soll.
    Geehrt wird der Bayreuther Biologe auch für seinen Beitrag zum Verständnis soziobiologischer Prozesse. In Kolonien staatenbildender Insekten reproduziert in der Regel nur eine Königin und ein König, während die Heerscharen der Arbeiter und Soldaten auf die Weitergabe ihres eigenen Erbgutes verzichten. Dieser Verzicht auf Reproduktion und, damit einhergehend, die Aufopferung für die Eltern, steht im Widerspruch zum Konzept des "Eigennützigen Gens", das besagt, dass jedes Individuum bestrebt ist, sein Gene möglichst weit zu verbreiten.
    Bei Ameisen und Bienen löst eine genetische Besonderheit diesen Widerspruch, denn hier sind die Arbeiter näher miteinander verwandt als mit ihrer Mutter. Termiten jedoch, die wegen der Ähnlichkeit ihrer Lebensweise mit den Ameisen gelegentlich auch als "weisse Ameisen" bezeichnet werden, besitzen diese genetische Besonderheit nicht und haben überdies auch häufig mehrere gleichberechtigte Königinnen in einer Kolonie. Somit ist es für Arbeiter und Soldaten nicht vorteilhaft, auf eigene Nachkommen zu verzichten und die Fitness der Eltern zu fördern. So sollten Konflikte innerhalb eines Termitenstaates entstehen, nicht nur zwischen den Generationen, sondern auch zwischen den Königinnen und zwischen deren sterilen Nachkommen.
    Dr. Kaib konnte mit den Befunden seiner Arbeitsgruppe zeigen, dass für die Aufrechterhaltung der friedvollen Sozietäten der Termiten, anders als es die Lehrbuchmeinung vertritt, nicht genetische Zwänge entscheidend sind, sondern ökologische wie die Verfügbarkeit von Territorien oder Nahrung. Diese bahnbrechenden Untersuchungen und die Komplexität des Forschungsansatzes finden international höchste Beachtung.
    Die vielfältigen methodischen Ansätze, die Dr. Kaib zur Beantwortung wissenschaftlicher Fragen verfolgt, führten zu lebhaften Kooperationen mit Kollegen in führenden Labors im In- und Ausland. Freilandarbeiten werden in Afrika, vorwiegend in Kenia, durchgeführt, wo er sehr eng mit dem Nationalmuseum von Kenia und der Nationalparkbehörde Kenias zusammenarbeitet. Dort arbeitet er auch regelmässig mehrere Wochen im Jahr.
    Dr. Kaib ist fast seit dem Anfang der Universität Bayreuth Mitarbeiter am Lehrstuhl Tierphysiologie. Im Laufe der Jahre hat er mehrere, verlockende Angebote, an andere Universitäten zu wechseln, und Aufforderungen zur Bewerbung auf andere Stellen ausgeschlagen wegen der, wie er sagt, sehr guten Arbeitsbedingungen, die der Lehrstuhl Tierphysiologie und die Universität Bayreuth ihm bieten.

    Weitere Informationen bei
    Dr. Manfred Kaib
    Tel. 0921/55-2482


    Bilder

    Termitenforscher dürfen Baumhöhen nicht scheuen: Manfred Kaib bei Forschungsarbeiten in Afrika
    Termitenforscher dürfen Baumhöhen nicht scheuen: Manfred Kaib bei Forschungsarbeiten in Afrika

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    Einen "Futterbehälter" für die Termiten im La-bor mit Holz in der Mitte und den winzigen Termiten am Rand
    Einen "Futterbehälter" für die Termiten im La-bor mit Holz in der Mitte und den winzigen Termiten am ...

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Informationstechnik
    überregional
    Personalia
    Deutsch


     

    Termitenforscher dürfen Baumhöhen nicht scheuen: Manfred Kaib bei Forschungsarbeiten in Afrika


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    Einen "Futterbehälter" für die Termiten im La-bor mit Holz in der Mitte und den winzigen Termiten am Rand


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