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15.05.1998 00:00

Jülicher Brennstoffzellen für Kanadas hohen Norden

Peter Schäfer Unternehmenskommunikation
Forschungszentrum Jülich

    Jülicher Brennstoffzellen für Kanadas hohen Norden

    Erfolgreicher Technologie-Transfer von Jülich nach Calgary

    Neue Technologien ( mögen sie auch noch so genial und pfiffig sein ( scheitern oft am Vorführeffekt. Was in der Erfinderwerkstatt oder im Entwicklerlabor hervorragend funktioniert, will anderenorts oder vor Zuschauern einfach nicht laufen. Daß es auch anders geht, beweist das Projekt "Brennstoffzellen" des Forschungszentrums Jülich: Seit wenigen Wochen steht eine komplette Betriebseinheit in Jülich entwickelter und gefertigter Hochtemperatur-Brennstoffzellen im kanadischen Calgary und produziert auf einem Teststand der "Global Thermoelectric Inc." elektrischen Strom. Schon die ersten Meßdaten überzeugten die Kanadier so sehr, daß jenseits des Atlantiks bereits vom "ersten Meilenstein auf dem Weg zur Vermarktung der neuen Technologie" die Rede ist.

    Brennstoffzellen zählen wegen ihres hohen Wirkungsgrads (bis zu 70 Prozent) und ihrer extrem geringen Schadstoffemissionen für viele Energieexperten zu den wichtigsten Stromerzeugern der Zukunft. Im Gegensatz zur konventionellen Verbrennung von Gasen erfolgt in der Brennstoffzelle eine elektrochemische Umsetzung. Ein Drei-Schichten-System aus zwei gasdurchlässigen Elektroden und einem dazwischenliegenden gasdichten Elektrolyten erzeugt in Form einer umgekehrten Elektrolyse aus Luftsauerstoff und Brenngas direkt elektrischen Strom.

    Die Hochtemperatur-Brennstoffzelle enthält einen Feststoffelektrolyten aus Yttrium-stabilisiertem Zirkonoxid - eine Oxidkeramik, der die Zelle auch ihr englisches Kürzel SOFC (SOFC = Solid Oxide Fuel Cell) verdankt. Eine Gruppe Wissenschaftler, Ingenieure und Techniker aus dem Institut für Energieverfahrenstechnik, dem Institut für Werkstoffe der Energietechnik und der Zentralabteilung Technologie arbeitet im Rahmen des Jülicher Brennstoffzellenprojekts seit rund zweieinhalb Jahren an der Entwicklung neuer SOFC-Konzepte.

    Ein entscheidender Fortschritt gelang den Brennstoffzellen-Spezialisten mit einem veränderten SOFC-Design: Der Elektrolyt ( in früheren SOFCs das tragende Element der Zellkonstruktion ( wurde von der Schichtdicke her auf etwa 20 Mikrometer (tausendstel Millimeter) "abgespeckt" und befindet sich jetzt als dünne Schicht auf der nun tragenden Anode. Wichtigster Vorteil dieses alternativen "Anoden-Substrat-Konzepts" ist die von ehemals 1000 °C auf nun etwa 750 °C gesenkte Betriebstemperatur. Ein Hindernis für den praktischen Einsatz der SOFC ist damit beseitigt: Statt der bisher benötigten hitzebeständigen und damit teuren Spezialwerkstoffe reichen in der Zellperipherie übliche Materialien des Anlagen- und Maschinenbaus nun völlig aus.

    Die kanadische Firma "Global Thermoelectric", weltweiter Marktführer auf dem Gebiet "thermoelektrische Stromgeneratoren", reagierte prompt und meldete ihr Interesse an der Jülicher SOFC und einem Technologie-Transfer an. In der Entwicklungsabteilung des Unternehmens sucht man vor allem nach Systemen, die praktisch ohne jede Wartung und Pflege über lange Zeiträume zuverlässig Strom liefern können. Denkbare Einsatzorte solcher Generatoren sind beispielsweise unbemannte Relaisstationen für den Funkverkehr irgendwo in den Weiten der Arktis. Die Brennstoffzelle, die keinerlei verschleißempfindliche mechanische Teile besitzt, käme dafür gerade recht.

    Natürlich ist bis zur Marktreife einer SOFC noch einige Entwicklungsarbeit notwendig. Damit sich diese möglichst genau an den Zielen von "Global Thermoelectric" orientieren kann, installierten die Kanadier in ihrem Entwicklungslabor einen eigenen SOFC-Teststand nach Jülicher Vorbild. In Deutschland übernahm man die Aufgabe, den ersten SOFC-Stack für die neue Anlage zu fertigen. Es handelt sich dabei um eine Betriebseinheit aus fünf in Serie geschalteten quadratischen Brennstoffzellen mit jeweils 10 Zentimeter Kantenlänge. Im Frühjahr diesen Jahres gingen die Einzelkomponenten von Jülich nach Calgary auf die Reise. Dr. Uwe Diekmann, Zentralabteilung Technologie, und Dr. Izaak Vinke, Institut für Energieverfahrenstechnik, überwachten den Zusammenbau und die Inbetriebnahme des Stacks vor Ort.

    Schon die ersten Messungen boten Anlaß zum Schulterklopfen: "Mit einer Stromdichte von über 300 Milliampere pro Quadratzentimeter erhielten wir sofort einen Wert, den wir in dieser Höhe sonst an kleineren Zellen messen", berichtet Vinke. Die elektrische Leistung des Stacks habe bei einer Betriebstemperatur von 750 °C rund 90 Watt betragen. "Mit wachsender Größe und Anzahl der Zellen steigt normalerweise die Gefahr von Defekten, die zu einer Leistungseinbuße führen. Die Messungen in Kanada zeigen aber eindeutig, daß der Schritt von kleineren Versuchsmustern zu technisch relevanten Maßstäben durchaus möglich ist", erläutert Diekmann. Und noch etwas habe er in Calgary gelernt: "Die SOFC-Technik ist transferierbar. Den kanadischen Kollegen ist es anhand unserer Unterlagen und Informationen gut gelungen, einen funktionierenden Teststand einschließlich Stack zu errichten."

    Hermann Kabs, Projektleiter Brennstoffzelle, sieht im Technologie-Transfer an "Global Thermoelectric" noch einen Vorteil: "Je mehr Gruppen an der Entwicklung der Brennstoffzelle arbeiten, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß die Technik eines Tages tatsächlich angewendet wird. Auch Nischensegmente könnten den Zugang zu einem breiten Markt öffnen."

    Weitere Informationen über das Forschungszentrum Jülich im Internet unter http://www.kfa-juelich.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Elektrotechnik, Energie, Maschinenbau, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Es wurden keine Arten angegeben
    Deutsch


     

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