Medulloblastome sind kindliche Tumoren des Kleinhirns, an der auch heute noch die Mehrzahl der betroffenen Patienten stirbt, weil es keine kausalen Therapien gibt. Noch immer sind die mechanistischen Zusammenhänge der Tumorentstehung nicht gut genug verstanden, als dass man daraus Angriffspunkte für eine spezifische Behandlung der Tumoren ableiten könnte. Neuere Forschungsergebnis haben jedoch eine Reihe von Regulatorproteinen identifiziert, die für die normale Entwicklung des Kleinhirns essentiell sind und die in Medulloblastomen stark fehlreguliert sind. Die Arbeitsgruppe um den Münchener Neuropathologen Ulrich Schüller untersucht nun die Bedeutung solcher Regulatoren für die Entstehung von Medulloblastomen. In diesem Projekt wollen die Wissenschaftler insbesondere herausfinden, inwieweit diese Regulatoren als Angriffspunkte für eine kausale Tumortherapie geeignet sind.
Medulloblastome treten üblicherweise im Alter zwischen 3 und 15 Jahren auf und stammen von sogenannten Körnerzellneuronen ab. Dies sind Nervenzellen des Kleinhirns, die während der normalen Entwicklung exakt definierte Phasen der Zellvermehrung, -wanderung und -ausreifung durchleben. Die Funktion des Regulatorproteins Barhl1 ist dabei vor allem für Vermehrung und Wanderung von Körnerzellen wichtig; immerhin treten bei einem permanenten Verlust dieses Proteins ("Knockout") deutliche Störungen dieser Prozesse auf. Während der anschließenden Ausreifung von Körnerzellen und im gesunden erwachsenen Kleinhirn ist Barhl1 nicht mehr nachzuweisen, in Medulloblastomen jedoch ist es permanent aktiv. "Das physiologische oder therapeutische Ausschalten der Funktion von Barhl1 könnte also das Wachstum der Tumoren verhindern oder bremsen", glauben die Münchener Wissenschaftler. Zur Bestätigung dieser Hypothese soll ein von Schüller in den USA entwickeltes Mausmodell herangezogen werden, bei dem die Tiere aufgrund eines genetischen Defektes innerhalb des Sonic Hedgehog Signalweges im Mittel schon nach ca. einem Monat ihrem Tumorleiden erliegen. Das Einführen eines Barhl1 Knockouts in dieses Modell soll Aufschluss darüber bringen, inwieweit die Ausbildung von Medulloblastomen von der Barhl1 Funktion abhängig ist. "Entstehen keine Tumoren mehr in Barhl1-defizienten Tieren oder sind die Tumoren weniger aggressiv, deutet dies auf eine wichtige oder gar essentielle Rolle von Barhl1 beim Tumorwachstum hin, die sich möglicherweise therapeutisch angreifen ließe", so Schüller. Unabhängig davon soll das Projekt auch klären, ob es in menschlichen Medulloblastomen einen Zusammenhang zwischen der Menge an Barhl1 Protein und dem klinischen Verlauf der Patienten gibt. Im positiven Fall könnte man anhand eines solchen Biomarkers nicht nur die Prognose einzelner Patienten besser einschätzen sondern auch die Aggressivität der notwendigen Chemotherapie individuell anpassen. "Immer noch sterben viel zu viele Kinder an Medulloblastomen und die lebenslänglichen Folgen der zur Verfügung stehenden Bestrahlung und Chemotherapie sind absolut inakzeptabel", fasst Schüller die Notwendigkeit neuer wissenschaftlicher Ansätze zusammen.
Der Projektleiter leitet am Zentrum für Neuropathologie der Ludwig-Maximilians-Universität München die unabhängige Nachwuchsgruppe "Neuroonkologie". Für weitere Informationen wenden Sie Sich bitte an Dr. med. Ulrich Schüller (ulrich.schueller@lmu.de, 089/2180-78114).
Die Wilhelm Sander-Stiftung fördert dieses Forschungsprojekt mit über 100.000 €.
Stiftungszweck der Stiftung ist die medizinische Forschung, insbesondere Projekte im Rahmen der Krebsbekämpfung. Seit Gründung der Stiftung wurden dabei insgesamt über 160 Mio. Euro für die Forschungsförderung in Deutschland und der Schweiz bewilligt. Die Stiftung geht aus dem Nachlass des gleichnamigen Unternehmers hervor, der 1973 verstorben ist.
Weitere Informationen: www.wilhelm-sander-stiftung.de
Mausgehirn mit grün-fluoreszierendem Medulloblastom
Quelle: Dr. Ulrich Schüller
None
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).