Indogermanisten der Universität Jena präsentieren Wanderausstellung für Thüringer Schulen
Jena (22.08.08) Ein wahrlich babylonisches Sprachengewirr muss zur Zeit der Völkerwanderungen geherrscht haben. Mit jeder Neubesiedlung, jeder Eroberung vermischten sich Fremde und Einheimische und mit ihnen die jeweiligen Sprachen und Dialekte. Lange vorher, etwa 4000 v. Chr., gab es eine gemeinsame Grundsprache: das Urindogermanische. Von der vermuteten Urheimat in der südrussischen Steppe breiteten sich die Tochtersprachen bis nach Indien im Osten und bis zum germanischen Island im Westen aus.
Erforscht wird diese nach ihrer Ausbreitung benannte Sprachfamilie von den Indogermanisten. Einer der Pioniere dieses Faches, der Jenaer August Schleicher (1821-1868), begründete 1853 die sprachwissenschaftliche Stammbaumtheorie. Schleichers Idee, in Anlehnung an Charles Darwin: Sprachen entwickeln sich ähnlich wie biologische Arten, sie können durch allmähliche Ausdifferenzierung entstehen. Die Wurzel des Stammbaumes bildet die rekonstruierte indogermanische Ursprache, von der sich die Tochtersprachen immer weiter nach oben verzweigen und differenzieren.
"Schleichers Idee war ein echter Lichtgedanke, der im wesentlichen bis heute Bestand hat", sagt Dr. Bettina Bock von der Universität Jena. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Indogermanistik hat eine Ausstellung "155 Jahre Stammbaumtheorie von August Schleicher" konzipiert, die am Montag (25. August) im Angergymnasium in Jena eröffnet wird. Weitere Stationen sind Erfurt, Ilmenau, Eisenach und Gera, ehe die Ausstellung im Dezember wieder nach Jena zurückkehrt.
Auf den Tafeln erfahren die Schüler von der Grundidee der indogermanischen Sprachverwandtschaft und sie lernen das Prinzip des Sprachwandels am Beispiel des Deutschen kennen. Dieser Sprachwandel ist eine spannende Sache. Er zeigt, dass jede Sprache im täglichen Gebrauch einem ständigen Wandel unterliegt. Wörter verlieren ihre ursprüngliche Bedeutung, es werden neue Begriffe gebildet und alte sterben aus.
Weiteres Anliegen der Ausstellung ist es, die Schüler über das Studium der Indogermanistik in Jena zu informieren. Das Fach ist seit 1857 in Jena etabliert, wartet aber ab dem kommenden Wintersemester mit einem Novum auf: einem zweijährigen Masterstudiengang Indogermanistik, der den seit Wintersemester 2007/08 angebotenen Bachelorstudiengang ergänzt.
"Für Indogermanisten gibt es vielfältige Berufschancen", sagt Bettina Bock. So können die Absolventen im Sprachunterricht arbeiten, sich für den Journalismus oder Aufgaben im Tourismus empfehlen. Die Neugier der Schüler soll zusätzlich mit einem Quiz geweckt werden. Dabei werden Begriffe aus dem Althochdeutschen vorgegeben und ihre Bedeutung erfragt. Außerdem gibt es auf einer Tafel einen Hinweis auf den Fantasy-Autor J. R. R. Tolkien. Wer sich für Quenya, die Sprache der Elben interessiert, der möge zwischen den Wurzeln des Stammbaums der europäischen Sprachen graben. Ganz genau so, wie es einst Tolkien tat, der sich u. a. vom Keltischen und Germanischen inspirieren ließ.
Eröffnet wird die Ausstellung am Montag (25. August) um 14 Uhr im Angergymnasium im Flur vor der Direktion. Vertreter der Medien sind dazu herzlich eingeladen.
Die Schüler erhalten zum Ende der Ausstellung, am 8. September, in der großen Pause die Gelegenheit, mit den Wissenschaftlern ins Gespräch zu kommen. Weitere Schulen oder Institutionen, die in ihren Räumen die Ausstellung zeigen wollen, können sich mit Bettina Bock in Verbindung setzen.
Kontakt:
Dr. Bettina Bock
Lehrstuhl für Indogermanistik der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Zwätzengasse 12, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 944380
E-Mail: bettina.bock[at]uni-jena.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geschichte / Archäologie, Sprache / Literatur
regional
Buntes aus der Wissenschaft
Deutsch
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