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24.11.2000 12:02

Studie zur Politischen Kultur in Thüringen vorgelegt

Dr. Wolfgang Hirsch Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Als Hoffnungsträger und Problemgruppe zugleich offenbart eine Jenaer Studie über "Politische Kultur im Freistaat Thüringen" die Jugendlichen: Einerseits zeigen sie erfreulich positive Einstellungen zur Deutschen Einheit, zur Demokratie und zu politischen Parteien, andererseits aber bekundet jeder Vierte Sympathien für eine Partei am äußerst rechten Rand des Spektrums; auch ist Toleranz gegenüber einer rechten Subkultur weit verbreitet.

    Deshalb betonen die Autoren, Prof. Dr. Klaus Dicke, Dr. Michael Edinger und Prof. Dr. Karl Schmitt, energisch die Bedeutung der Bildung - und insbesondere der politischen Bildung - für die Stabilisierung der Demokratie und die Bekämpfung von Rechtsradikalismus und Ausländerfeindlichkeit. Die drei Politikwissenschaftler von der Universität Jena werden im Auftrag der Landesregierung die Erhebung fortan jährlich wiederholen.

    Neben dem diesjährigen Schwerpunktkomplex "Ausländerfeindlichkeit und Rechtsradikalismus" fragten die Wissenschaftler in erster Linie nach Demokratiezufriedenheit und Einstellungen zur Politik. Überwiegend schlechte Noten erhalten die politischen Parteien, allerdings weniger von den jüngeren als von den älteren Befragten. "Darin erkennen wir eine Chance für die Parteien, bei entsprechend zielgerichtetem Bemühen einen demokratiegefestigten Nachwuchs zu rekrutieren", so Schmitt.

    Allerdings sieht er einen nicht unerheblichen Nachholbedarf in der politischen Kultur des Landes. 49 % der Befragten waren unentschieden in der Frage, ob sie die Demokratie als beste Staatsform identifizieren. Schmitt: "Die Demokratiezufriedenheit ist zehn Jahre nach der Wende zwar relativ gut verankert, aber noch sehr stark konjunkturabhängig." Je größer die ökonomische Sicherheit, desto fester sei auch ein Verfassungspatriotismus im Bewusstsein etabliert; freiheitsethische Motive spielten eher eine nachgeordnete Rolle.

    Dennoch lassen die drei Wissenschaftler keineswegs die Hoffnung auf eine nachhaltige Entwicklung der politischen Kultur im Lande fahren, im Gegenteil: "Die Studie zeigt auch, dass wir auf einem guten Wege sind", bemerkt Klaus Dicke. Jedoch legen er und seine Kollegen die Hand in die Wunde und empfehlen der Landesregierung ein dezidiertes Maßnahmenpaket. Dringend erforderlich sind Investitionen in die politische Bildung, an den Thüringer Schulen und darüber hinaus. Außerdem sollen die Parteien einen engeren Kontakt mit den Bürgern suchen und Foren organisieren, in denen diese ihre Interessen, Anliegen und Meinungen äußern können - mit Aussicht auf Umsetzung in die politische Praxis.

    Dafür sprechen auch die Befunde zu Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit. Bis zu 15 Prozent beträgt der Anteil der 1 000 Befragten, die eine als ausländerfeindlich zu qualifizierende Gesinnung erkennen lassen; gegenüber Asylbewerbern wird eine sehr deutliche soziale Distanzierung erkennbar. Überdies schließt sich jeder Fünfte (22 %) der Auffassung an, es gäbe "unwertes Leben". "Diese Ergebnisse sind besorgniserregend, selbst wenn wir einschränken müssen, dass unsere Studie möglicherweise durch die gegenwärtige Medienaufmerksamkeit für diese Themen beeinflusst war", sind die Autoren einhelliger Auffassung.

    Gegen rechtsradikale und ausländerfeindliche Tendenzen sei die gegenwärtige öffentliche Ächtungs-Kampagne zwar hilfreich, sie berge aber auch die Gefahr einer Tabuisierung, ohne eine tatsächliche Auseinandersetzung mit dem Thema zu gewährleisten. Vielmehr müsse das positive Gegenbild des Verfassungspatriotismus stärker betont werden. Und nicht zuletzt sei der Staat gefordert, die Rechte von Ausländern deutlich in den Vordergrund zu stellen. Klaus Dicke: "Ausländer haben mehr als einen Anspruch lediglich auf Toleranz. Sie haben einen Rechtsanspruch auf Respekt und Schutz ihrer Menschenrechte."

    Der "Thüringen-Monitor 2000" erscheint in Kürze als Landtagsdrucksache.

    Ansprechpartner:
    Prof. Dr. Karl Schmitt,
    Tel.: 03641/945420
    und Prof. Dr. Klaus Dicke,
    Tel.: 03641/945430

    Friedrich-Schiller-Universität Jena
    Referatsleiter Öffentlichkeitsarbeit
    Dr. Wolfgang Hirsch
    Fürstengraben 1
    07743 Jena
    Tel.: 03641/931031, Fax: 931032
    E-Mail: roe@uni-jena.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Politik, Recht
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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