World Education Fellowship würdigte Greifswalder Weihnachtsgabe
Der vor 80 Jahren begründete Weltbund für Erneuerung der Erziehung würdigt als traditonsreichste internationale Vereinigung, die die Bildungsreformbestrebungen entscheidend fördert, jährlich eine pädagogische Publikation und erwirbt sie als Jahresgabe für seine Mitglieder. Aus der Vielfalt reformpädagogisch-orientierter Titel wurde die Biographie des Chemnitzer Sozial- und Reformpädagogen Fritz Müller ausgewählt, die Andreas Pehnke, gf. Direktor des Instituts für Erziehungswissenschaft, in seinem Forschungsprojekt zur Aufarbeitung des regionalen reformpädagogischen Erbes der neuen Bundesländer soeben veröffentlicht hat.
Prof. Andreas Pehnke behandelt in seinem Buch die spektakuläre Schulversuchsarbeit Fritz Müllers, die zu den bis heute weitreichendsten Initiativen etwa zum jahrgangsübergreifenden Unterricht, zur Schülermitbestimmung sowie auf dem Gebiet der Nutzung sozialerzieherischer Aspekte in Lebensgemeinschaften in der internationalen Reformpädagogik-Geschichte zählt. Von Anfang an verband Müller seine Reformpädagogik auch mit Sozialpädagogik, was sich u. a. in seiner engagierten Mitarbeit in der Jugendpflege, in der Strafentlassenen-Fürsorge sowie als vereidigter Sachverständiger für Kinderaussagen vor Gericht dokumentierte. Er war über 20 Jahre Leiter von Jugendgruppen. Bereits Walter Janka würdigte die erlebte Reformpädagogik seines Lehrer Fritz Müller in seiner Autobiographie »Spuren eines Lebens«.
In der NS-Zeit durfte Müller weder als Sozial- noch als Reformpädagoge arbeiten, beteiligte sich an der Unterbringung Carl Friedrich Goerdelers, des Mitverschwörers des 20. Juli 1944, und wurde nach seiner Rehabilitierung 1945 Schulleiter und Ausbilder für eine reformpädagogisch orientierte Neulehrerausbildung. 1946 wurden ihm die Vorbereitungsarbeiten der in der SBZ einzigartigen Wiedereröffnung einer Versuchsschule mit Tagesheim und Kindergarten übertragen. Jedoch wurde der konsequente parteilose Reformpädagoge nach der kurzen Renaissance der Reformpädagogik aus dem Schuldienst entfernt, als im Osten Deutschlands seit 1948 die staatlich verordnete Abkehr zugunsten stalinistischer Didaktik nach sowjetischem Vorbild vollzogen wurde.
Autor Pehnke: »Fritz Müllers Eintreten für bewahrenswerte humanistische (Schul-)Traditionen, sein Aufbegehren gegen die beginnende sowjet-kommunistische Gewaltherrschaft und seine Opferbereitschaft verdeutlichen, daß es im Osten Deutschlands nach dem Ende der Nazi-Diktatur geistige Kräfte gab, die einem neuen Aufbruch zustrebten. Sie waren zu schwach, um sich durchzusetzen, sie wurden alleingelassen von den Mitläufern und Opportunisten, die nach Ausschaltung der hoffnungsvoll aufkeimenden Pflanzen demokratischer Freiheit durch rohe Gewalt in die Führungsstellen einrückten und seitdem das Feld beherrschten.«
Andreas Pehnke: »Ich gehöre in die Partei des Kindes! Der Chemnitzer Sozial- und Reformpädagoge Fritz Müller (1887-1968): In Diktaturen ausgegrenzt, in Demokratien vergessen und wiederentdeckt«, 152 S., 42 Abb., geb., DM 29,80, ISBN 3-934544-01-0
»Ich gehöre in die Partei des Kindes!«
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Pädagogik / Bildung
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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