Anläßlich des EU-Gipfels in Nizza am 6. und 7. Dezember unterzeichnen 130 europäische Wissenschaftler das 'Manifest für ein soziales Europa'
Auf dem EU-Gipfel am 6. und 7. Dezember 2000 in Nizza geht es um die Erweiterung der Europäischen Union, um institutionelle Reformen und die gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Auch die Charta der Grundrechte steht auf dem Programm; es ist aber völlig ungewiss, ob sie als verbindliches Regelwerk auf der Konferenz verabschiedet wird.
130 europäische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterzeichneten im Oktober und November dieses Jahres das "Manifest für ein soziales Europa 2000", um ihren Forderungen nach einer Stärkung des sozialen Europas und einklagbaren bürgerlichen, politischen und sozialen Rechten Ausdruck zu verleihen.
Das 30seitige Manifest wurde erstmals 1996 von den sieben WissenschaftlerInnen Brian Bercusson (Kings College, London), Simon Deakin (Universität Cambridge), Pertti Koistinen (Universität Tampere), Csilla Kollonay Lehoczky (Universität Budapest), Yota Kravaritou (Universität Thessaloniki), Ulrich Mückenberger (Hochschule für Wirtschaft und Politik, Hamburg) Bruno Veneziani (Universität Bari) und Eliane Vogel-Polsky (Freie Universität Brüssel) veröffentlicht. Anlässlich des EU-Gipfels wurde es in überarbeiteter und erweiterter Form in insgesamt elf Sprachen neu aufgelegt. Herausgeber ist das Europäische Gewerkschaftsinstitut, Brüssel.
"Europa kann kein rein wirtschaftliches und funktionales Unternehmen bleiben. Es muss sich zu einem sozialen und demokratischen Europa entwickeln", heißt der Tenor des Manifestes. Bisher würden Nationalismus, Ökonomismus und der protektionistische Egoismus der Mitgliedsstaaten die Aufnahme der sozialpolitischen Dimension und die Verabschiedung von einklagbaren Rechten verhindern. Eine Politik der sozialen Sicherheit und des sozialen Schutzes stehe jedoch nicht, wie häufig behauptet wird, im Gegensatz zum wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritt, sondern sei im Gegenteil für die Modernisierung unerläßlich. Wenn Probleme wie Arbeitslosigkeit, Armut und soziale Ausgrenzung nicht beachtet würden, würde sich Europa - insbesondere angesichts der aktuellen Rahmenbedingungen und der geplanten Erweiterung auf 28 bis 30 Mitgliedsstaaten - zu einer "chaotischen, zerrissenen, brutalen, selbst gewalttätigen und fremdenfeindlichen Gesellschaft" entwickeln.
Ein erster Schritt auf dem Weg zum sozialen Europa ist die Verabschiedung der europäischen Grundrechte-Charta. Der EU-Gipfel hat damit die Chance, die Vertrauensbasis und die politische und soziale Unterstützung für das Europaprojekt wieder herzustellen. Nach Meinung der AutorInnen sollten unter anderem die folgenden Rechte in der Grundrechte-Charta festgeschrieben werden:
- das Recht auf Bildung, Arbeit und Sozialleistungen
- das Recht auf aktive Partizipation im Staat und in der Gesellschaft
- das Recht auf eine kollektive Vertretung von Beschäftigten sowie auf Tarifverhandlungen und die Anerkennung von Tarifverträgen
- eine rechtlich garantierte Gleichstellung und Solidarität zwischen den Geschlechtern
- die Verpflichtung zur Solidarität gegenüber ausländischen Bürgerinnen und Bürgern
- das Recht auf Schutz vor Diskriminierung und sozialer Ausgrenzung
Eine reine Kodifizierung von sozialen Grundrechten jedoch sei unzureichend. Das soziale Europa benötige ein Minimum allgemeiner und gemeinsamer Verpflichtungen sowie effiziente und effektive Mechanismen für deren Durchführung und Umsetzung: "Diese zu schaffen, bleibt eines der Hauptziele der Regierungskonferenz 2000."
Das "Manifest für ein soziales Europa" ist zu erhalten bei:
Anne Ernst, HWP-Pressestelle, Tel. 040/42838-2181, Fax: -4150, e-mail: ErnstA@hwp-hamburg.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Gesellschaft, Politik, Recht, Wirtschaft
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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