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06.12.2000 08:33

Schilddrüsenexperten tagten in Würzburg

Robert Emmerich Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    "Überflüssig wie ein Kropf" - dieses Urteil fällt gelegentlich der Volksmund. Überflüssig sind nach Ansicht Würzburger Wissenschaftler auch die vielen Operationen, die zur Entfernung eines Kropfes - dabei handelt es sich um eine aufgrund von Iodmangel vergrößerte Schilddrüse - durchgeführt werden.

    Durch solche Operationen entstehen dem Gesundheitssystem Folgekosten von zwei bis drei Milliarden Mark pro Jahr. Kosten, die sich durch eine vorbeugende Aufnahme von Iod mit der Nahrung leicht vermeiden ließen, so Dr. Cornelia Schmutzler.

    Zwar habe sich in den vergangenen fünf Jahren die Situation durch die Verwendung von iodiertem Speisesalz im Haushalt und bei der Produktion von Fleisch-, Wurst- und Backwaren deutlich verbessert. Jedoch könne immer noch keine Entwarnung gegeben werden, und ganz besonders betreffe dies einzelne Risikogruppen, vor allem stillende Mütter.

    Diesem Problembereich widmete sich die Jahrestagung der "Sektion Schilddrüse" der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie, die vom 30. November bis 2. Dezember 2000 in Würzburg stattfand: In den Tagungsräumen des Juliusspitals trafen sich rund 100 Schilddrüsenspezialisten aus Deutschland, Europa und den USA, um über neuere Forschungsergebnisse zum Iodhaushalt der Schilddrüse zu diskutieren.

    Iod spielt im menschlichen Körper eine zentrale Rolle, und zwar als Bestandteil der Schilddrüsenhormone. Einen Mangel versucht der Organismus durch eine Vergrößerung der Schilddrüse auszugleichen: Es kommt zur Ausbildung eines Kropfes. Noch gravierender wirkt sich eine Unterversorgung während der Schwangerschaft und der frühkindlichen Entwicklung aus. Dann kann es zu Entwicklungsstörungen bis hin zum Krankheitsbild des Kretinismus kommen, einer Form des angeborenen Schwachsinns.

    Bei der Tagung wurde die aktuelle Forschung über den Iodtransport der Schilddrüse umfassend vorgestellt. Dabei ging es laut Dr. Schmutzler auch um das vielversprechende NIS-Protein, das möglicherweise in naher Zukunft in der klinischen Praxis zum Wohl der Patienten eingesetzt werden kann.

    Das NIS-Protein ist eine hoch spezialisierte Iodpumpe (Natrium-Iodid-Symporter) und tritt fast ausschließlich in der Schilddrüse auf. In den hormonproduzierenden Zellen der Schilddrüse kann es Iod um den Faktor 20 bis 40 anreichern.

    Durch die klinisch orientierte Grundlagenforschung wurde geklärt, wie das Vorkommen und die Funktion von NIS zum Beispiel durch Hormone der Hirnanhangsdrüse oder durch Iod selbst reguliert werden. Inzwischen ist auch das Wissen darüber gewachsen, wie die NIS-Aktivität bei Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse oder bei einer Schilddrüsenunterfunktion beeinträchtigt ist.

    Auch bei der so genannten Radioiodtherapie ist NIS von Bedeutung: Nach dem Verabreichen des radioaktiven Therapeutikums Iod-131 wird durch eine "innere Bestrahlung" nur das krankhaft veränderte Schilddrüsengewebe zerstört, das NIS enthält. Auch beim Schilddrüsenkrebs ist die Funktion von NIS gestört, was dazu führen kann, dass eine Radioiodtherapie nicht mehr durchführbar ist; dies trägt zu den wesentlich schlechteren Heilungschancen besonders bei fortgeschrittenen Stadien des Schilddrüsenkrebs bei.

    Daher stellten bei der Tagung einige Redner innovative Verfahren vor, mit denen der fehlende NIS durch eine Gentherapie in die erkrankte Schilddrüse zurückgeführt werden könnte. Es werden mittlerweile auch Versuche gemacht, das NIS-Protein mit denselben Methoden auch in Geweben entstehen zu lassen, die es normalerweise nicht enthalten.

    Ziel dieser Ansätze ist es, das laut Dr. Schmutzler "sehr spezifische, sichere und nebenwirkungsarme Behandlungsverfahren der Radioiodtherapie" künftig zum Beispiel auch bei Prostata- oder Brustkrebs sowie bei Gehirntumoren anwenden zu können. Die bisherigen, am Tiermodell erreichten Ergebnisse ließen hoffen, dass die entsprechenden Fortschritte bald in die klinische Praxis umgesetzt werden können.

    Die Tagung fand unter der Leitung von Dr. Schmutzler (Abteilung Molekulare Innere Medizin der Medizinischen Poliklinik), Prof. Dr. Christoph Reiners (Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin), beide von der Universität Würzburg, sowie von Prof. Dr. Georg Brabant (Medizinische Hochschule Hannover) statt.

    Weitere Informationen: Dr. Cornelia Schmutzler, T (0931) 201-7104, Fax (0931) 201-7107, E-Mail:
    c.schmutzler@mail.uni-wuerzburg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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