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06.12.2000 09:52

Globalisierung für den Umweltschutz nutzen

Jana Schmidt Pressestelle
Umweltbundesamt (UBA)

    Ein Jahr nach dem WTO-Gipfel in Seattle: Ergebnisse und Perspektiven für den Umweltschutz in der Welthandelsordnung

    Die Globalisierung der Wirtschaft muss stärker an Umwelt- und Nachhaltigkeitsaspekten ausgerichtet werden. Eine besondere Verantwortung kommt hier den multilateralen Handelsabkommen zu, die im Rahmen der Welthandelsorganisation (World Trade Organisation, WTO) vereinbart werden. Anfang Dezember 1999 scheiterte die 3. WTO-Ministerkonferenz in Seattle (USA) bei dem Versuch, eine Einigung über die Agenda für eine neue WTO-Verhandlungsrunde herbeizuführen, die auch Umwelt- und Nachhaltigkeitsaspekte einschließen sollte. Vor diesem Hintergrund empfiehlt eine neue Studie der Arbeitsgruppe Handel des Forums Umwelt und Entwicklung (AG Handel), Bonn, weitreichende Veränderungen der europäischen Handelspolitik. Sie weist auf die Gefahr hin, dass wichtige Umwelt- und Entwicklungsanliegen zu schnell fallen gelassen werden könnten, um rasch eine neue Verhandlungsrunde durchzusetzen. Die Studie mit dem Titel "Die WTO-Ministerkonferenz in Seattle - Ergebnisse und Perspektiven für den Umweltschutz" wurde im Auftrag von Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt erarbeitet.

    Der Präsident des Umweltbundesamtes, Prof. Dr. Andreas Troge, sagte: "Ich beobachte mit großer Sorge die derzeitigen Bemühungen einiger WTO-Mitglieder um eine neue Welthandelsrunde, auf deren Agenda Umwelt- und Nachhaltigkeitsaspekte gänzlich fehlen. Ohne eine verstärkte Integration von Umwelt- und Nachhaltigkeitsbelangen in allen WTO-Verhandlungen laufen wir Gefahr, dass sich das im 'Global Environmental Outlook 2000'-Bericht von UNEP, dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen, aufgezeigte trostlose Bild unserer Zukunft verwirklicht."
    Die internationale Wirtschaftsordnung, unter deren Regime ein erheblicher Teil der weltweiten Stoffströme und Warenbewegungen stattfindet, bedarf deutlicher Korrekturen, um dem Umweltschutz und den Kriterien der nachhaltigen Entwicklung gerecht zu werden. Dies sind vor allem
    · die Klärung sich zum Teil widersprechender Anforderungen von Multilateralen Umweltabkommen und WTO-Regeln, speziell von Umweltabkommen, die auch handelsbeschränkende Maßnahmen einschließen, wie die Basler Konvention zum Export gefährlicher Abfälle;
    · die Berücksichtigung der Umweltauswirkungen von Verarbeitungs- und Herstellungsmethoden in den WTO-Regeln, also nicht nur von Produkten selbst; sowie
    · die Verankerung des Vorsorgeprinzips in den WTO-Regeln, durch die Darlegungspflicht für Unternehmen, dass wissenschaftlich gestützte Befürchtungen zu Umweltbelastungen aus Produkten und Produktion tatsächlich nicht berechtigt sind.
    "Um den mit dem Globalisierungsprozess verbundenen Gefahren zu begegnen, müssen wir unsere Bemühungen für die Integration von Umwelt- und Nachhaltigkeitsaspekten in die Welthandelsordnung konsequent verfolgen. Sie dürfen nicht zum Spielball in den Verhandlungen um weitere Handelsliberalisierungen werden.", sagte Troge. Folgen wir dem Trend, so werden wir im Jahr 2050 zwar eine wirtschaftlich prosperierende Welt vorfinden, in der 9,3 Milliarden Menschen das Vierfache des heutigen ökonomischen Outputs erzielen, aber gleichzeitig das Zweieinhalbfache des derzeitigen Ausstoßes des klimaschädlichen Kohlendioxid (CO2) produzieren. Trotz Steigerung in Produktivität und Ressourceneffizienz wird Hunger nicht weniger als gegenwärtig verbreitet sein und die natürlichen Lebensgrundlagen werden sich weltweit dramatisch verschlechtern. Dieses trostlose Bild zeichnet UNEP in seinem Bericht 'Global Environmental Outlook 2000'.
    Auf der 3. Ministerkonferenz der WTO vom 30.11. - 3.12.1999 in Seattle ist der Versuch gescheitert, eine neue, umfassende Runde zur weltweiten Handelsliberalisierung zu beschließen, die auch Umwelt- und Nachhaltigkeitsaspekte einschließen sollte. Zwischen den drei Blöcken - EU, USA, Entwicklungsländer - konnte keine Einigung darüber erzielt werden, welche Punkte in einer neuen Runde aufgegriffen werden sollen. Die Einbeziehung von Umweltthemen blieb während der gesamten Konferenz umstritten. Von besonderer Bedeutung ist - dies zeigte sich in Seattle deutlich - die Haltung der Entwicklungsländer. Dort herrschte die Befürchtung vor, dass Umweltschutz von den Industriestaaten als Deckmantel für Protektionismus - sogenannter Öko-Protektionismus - missbraucht wird. Zu dieser Haltung hat auch die geringe Transparenz und Öffentlichkeit der WTO-Prozesse beigetragen. Die Verhandlungsstrukturen der WTO ermöglichten es den - insbesondere kleineren - Entwicklungsländern häufig nicht, sich an den Verhandlungen zu beteiligen.
    Die neue Studie gibt einen guten Überblick zu den aktuellen und potentiellen Konfliktfeldern zwischen (inter-)nationaler Umwelt- und Handelspolitik. Sie zeichnet wichtige Elemente der "Umwelt und Handel"-Diskussion während der Konferenz in Seattle nach und skizziert Kernelemente und offene Fragen einer neuen Handelspolitik, die stärker als bisher an den umwelt- und entwicklungspolitischen Dimensionen ausgerichtet ist. Es werden umweltpolitische Aspekte einer weiteren Liberalisierung in speziellen Sektoren und Regelungsbereichen aufgezeigt, über die in der Welthandelsorganisation aktuell verhandelt wird (Landwirtschaft und Dienstleistungen) oder Verhandlungen aufgenommen werden sollten (Forstprodukte, Fischerei, etc.). Die Studie empfiehlt neben einer weiteren Öffnung der handelspolitischen Debatten und Entscheidungsprozesse für Parlamentarier, zivilgesellschaftliche Gruppen und die allgemeine Öffentlichkeit vor allem stärkere Zugeständnisse an die Entwicklungsländer, unter anderem die Unterstützung von Entwicklungsländern bei der Einführung umweltfreundlicher Technologien zu nennen.

    Berlin, den 06.12.2000

    Die Studie "Die WTO-Ministerkonferenz in Seattle - Ergebnisse und Perspektiven für den Umweltschutz" ist in der Reihe TEXTE des Umweltbundesamtes als Nr. 40/00 erschienen, umfasst 144 Seiten und kostet 15,- DM. Sie kann gegen Einsendung eines Verrechnungsschecks an die Firma Werbung und Vertrieb, Ahornstraße 1-2, 10787 Berlin, bestellt werden. Bitte bei Bestellung TEXTE 40/00 angeben und Absender nicht vergessen.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie, Wirtschaft
    überregional
    Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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