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06.12.2000 13:40

Wer woran glaubt: Topographie der Religionen im Ruhrgebiet

Dr. Josef König Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    Wer glaubt eigentlich was im Revier? Mit dem Ziel, einen "Atlas der Religionsgemeinschaften im Ruhrgebiet" zu erstellen, startete vor drei Monaten ein Forschungsprojekt am Ökumenischen Institut der Evangelisch-Theologischen Fakultät der RUB.

    Bochum, 06.12.2000
    Nr. 351

    Wer woran glaubt ...
    Topographie der Religionen im Ruhrgebiet
    Ein Atlas gibt Aufschluss über Glaubensgemeinschaften

    Darbysten, Buddhisten, Hinduisten, Apostolische Kirche, Urchristliche Mission - und Sie? Das Ruhrgebiet ist Europas größter Ballungsraum mit mehr als fünf Millionen Einwohnern und einer entsprechend großen Vielfalt an Religionen und Glaubensgemeinschaften. Was liegt da näher als die Frage: Wer glaubt eigentlich was im Revier? Mit dem Ziel, einen "Atlas der Religionsgemeinschaften im Ruhrgebiet" zu erstellen, startete vor drei Monaten ein Forschungsprojekt am Ökumenischen Institut der Evangelisch-Theologischen Fakultät der RUB. Prof. Dr. Erich Geldbach, Dr. Peter Noss und Dr. Wolfgang Hering werden in den nächsten zwei Jahren Daten und Fakten der unterschiedlichen Religionen in der Region zusammentragen und daraus ein Nachschlagewerk erstellen, das auch im Internet zugänglich sein soll.

    Morgens ruft der Muezzin

    Dass christliche Traditionen nicht allein das religiöse Leben in Deutschland bestimmen, wird der Öffentlichkeit immer dann bewusst, wenn sich vor Ort die Frage stellt, ob der Ruf des Muezzin zum Gebet per Lautsprecher vom Minarett erschallen darf oder nicht. Doch es sind nicht nur die großen Weltreligionen, die in einem Ballungsraum wie dem Ruhrgebiet nebeneinander existieren und zuweilen konkurrieren: Zugezogene Arbeitssuchende, ehemalige Gastarbeiterfamilien in zweiter oder dritter Generation und aufgenommene Flüchtlinge prägen ein vielfältiges religiöses Miteinander zwischen Duisburg und Hamm, Marl und Velbert. Neu für unsere Gesellschaft ist hingegen, dass ganz unterschiedliche religiöse Angebote wie auf einem Markt öffentlich zugänglich sind.

    Vollständige Sammlung

    Wo findet sich im Ruhrgebiet die Bahá'i-Gemeinde? Wie viele Mitglieder haben die Mennoniten? Welche Glaubensinhalte vertritt die Polnische Autokephale Orthodoxe Kirche? Diesen und anderen Fragen wollen die Theologen nachgehen, um daraus ein vollständiges Lexikon der Religionen im Ruhrgebiet zu entwickeln. Im Mittelpunkt der Darstellung einzelner Glaubensgemeinschaften stehen die Aspekte: Regionale Geschichte, Glaube und Lehre, Gottesdienst und Versammlungsweise, Organisation (Verwaltung, Finanzen, Status, Mitarbeiter) sowie Öffentlichkeit (Werbung, Kontakte, Dialog). Kontaktadressen, eine Sichtung der jeweiligen Publikationen und ein Literaturverzeichnis sollen das Nachschlagewerk abrunden.

    Fremd- und Selbstdarstellung

    Ebenso sachlich-wissenschaftlich wie behutsam wollen die Forscher dabei vorgehen. Sie knüpfen Kontakte zu allen Religionsgemeinschaften und erheben Daten mit Hilfe eines Fragebogens; so hat jede Gemeinschaft die Möglichkeit einer Selbstdarstellung, z. B. zur eigenen Geschichte, Lehre und Aktivität. Diese überprüfen die RUB-Wissenschaftler mit offiziellen Verlautbarungen der Gemeinschaft, erstellen einen ersten Entwurf zu ihrer Darstellung und lassen diesen dann gegenlesen. So erarbeiten sie die endgültige Fassung für das Lexikon.

    Pragmatischer Religionsbegriff

    Doch was ist Religion und was nicht? Die Bochumer Forscher haben sich für eine pragmatische Vorgehensweise entschieden und legen zwei Kriterien an eine Glaubensgemeinschaft an: Ein irgendwie gearteter "Glaube" muss fassbar und formulierbar sein, zudem muss sie eine irgendwie geartete Organisation erkennen lassen. Die so genannten neuen Psychogruppen, die New-Age-Religiosität und der Bereich Esoterik fallen somit weitgehend heraus, neue religiöse Bewegungen sollen hingegen aufgenommen werden - obgleich die Theologen bei einigen erhebliche Bedenken haben ...

    Vielfältige Auswirkungen

    Durch das Lexikon sollen die Glaubensgemeinschaften selbst von- und übereinander lernen können. Außerdem ist es das Ziel, dass sich Journalisten, Lehrer, die interessierte Öffentlichkeit sowie Behörden über die unterschiedlichen Zweige und Ebenen der Religionsgemeinschaften zuverlässig informieren können. Das Forscher-Team erhofft sich, dass das Werk zahlreiche Auswirkungen haben wird, z. B. in der Städteplanung und bei der Vergabe von Grundstücken zum Bau von Kirchen und Gebetshäusern, bei Rechts-, Steuer- und Versicherungsfragen, bei der Planung von Kindergärten (aus welchem religiösen Milieu kommen die Kinder?) und bei Eheschließungen von religiös-gemischten Paaren. Um die Topographie der Religionen im Ruhrgebiet zu veranschaulichen, wird auch ein Religionsgeograph (Prof. Dr. Reinhard Henkel, Universität Heidelberg) helfen, Kartenmaterial zu erstellen. Illustrationen und Bildmaterialien ergänzen außerdem das Lexikon.

    Weitere Informationen

    Prof. Dr. Erich Geldbach, Ökumenisches Institut, Evangelisch-Theologische Fakultät der RUB, GA 8/137, Tel.: 0234/32-24793, eMail: erich.geldbach@ruhr-uni-bochum.de;
    Dr. Peter Noss / Dr. Wolfgang Hering, GA 8/55, Tel. 0234/3226490;
    Ab 01.01.01 sind die Beteiligten des Forschungsprojekts auch über die Mailingliste LexRelGem@ruhr-uni-bochum.de erreichbar.


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Philosophie / Ethik, Politik, Recht, Religion
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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