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12.12.2000 11:54

Eilt! Allgemeiner Fakultätentag wird morgen gegründet

Dr. Wolfgang Hirsch Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

Jena (12.12.00) Der Allgemeine Fakultätentag gründet sich morgen, am 13. Dezember 2000, in Jena (8.30 Uhr, Senatssaal der Uni Jena). Als Dachorganisation der deutschsprachigen Fakultäten will er in Politik und Öffentlichkeit an der Meinungs- und Willensbildung mitwirken, um gemeinsame Ziele bei der Veränderung der Rahmenbedingungen in Lehre und Forschung an den deutschen Hochschulen zu fördern.

"Es geht uns nicht darum, die Hochschulrektorenkonferenz zu ersetzen", erläutert Prof. Dr. Reinhold Grimm, Romanist an der Uni Jena und Vorsitzender des Philosophen-Fakultätentages, "aber wir kennen aufgrund unserer Legitimation und Struktur die Praxiserfordernisse in den Hochschulen genau und sind die einzigen, die die operativen Belange der Wissenschaft und der einzelnen Fächerkulturen vertreten können." Bei der Gründungsversammlung werden alle 16 deutschen Fakultätentage vertreten sein.

Zu dem aufsehenerregenden Schritt in der deutschen Hochschulpolitik entschlossen sich die Fakultätentage, "weil die Debatte um dringend erforderliche Reformen unseres Wissenschaftssystems weitgehend am Kern der praktischen Erfordernisse vorbei geführt wird", moniert Prof. Dr. Peter M. Huber, Jenaer Jurist und Mitinitiator des Allgemeinen Fakultätentages. "Es geht um die Zukunftsfähigkeit unserer Universitäten, die wir nicht mit politischen Phrasen und professionalisierten Funktionärskasten sichern können." Die Zeit sei "mehr als reif für eine Bewegung von unten", ergänzt Reinhold Grimm.

So wehren sich die Fakultäten energisch gegen die pauschale Amerikanisierung des deutschen Bildungswesens. Master- und Bachelor-Studiengänge könne man zwar ausprobieren, so Huber, "aber wir wollen nicht unsere bewährten deutschen Qualitätsstandards nach dem Vorbild drittklassiger amerikanischer Provinzuniversitäten ausrichten."

Auch gegen eine Abschaffung der Habilitation wenden sich die Fakultäten vehement. "Diese zweite wichtige wissenschaftliche Qualifikation ist für die Nachwuchsbildung an den deutschen Universitäten - jedenfalls in den Geisteswissenschaften - unverzichtbar", so Huber, "wenn diese Prüfung einer persönlich nachgewiesenen Eignung zum Hochschullehrer wegfiele, wären der Willkür und einem undurchschaubaren Begünstigungswesen Tür und Tor geöffnet." Bestrebungen in diese Richtung, etwa der Deutschen Forschungsgemeinschaft, keine Habilitiationsstipendien mehr, sondern statt dessen "Junior-Professuren" zu fördern, bezeichnet Huber als "ein starkes Stück": "Hier sollen weitreichende Strukturentscheidungen durch die Hintertür, am Gesetzgeber vorbei und damit ohne demokratische Legitimation gefällt werden."

Schließlich das heikle Thema der leistungsgerechten Professoren-Besoldung. "Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden", so Grimm, "aber wie realitätsfern die Pläne der Bundeswissenschaftsministerin Edelgard Bulmahn sind, hat ihr ja erst kürzlich ein Kienbaum-Gutachten bescheinigt." Akademischer Wettbewerb und Besoldungsgerechtigkeit dürfe nicht durch Bürokratensysteme geregelt werden.

"Der Hochschullehrerberuf hat unter finanziellen Gesichtspunkten längst an Attraktivität für den wissenschaftlichen Nachwuchs verloren", bemerkt Huber, "in der freien Wirtschaft kann man als exzellenter Natur-, Wirtschafts- oder Rechtswissenschaftler leicht das doppelte oder dreifache Jahressalär verdienen." Ob sich der Staat diesen Wettbewerb wirklich finanziell leisten könne, fragt Grimm und gibt auch zu bedenken, "ob wir Geistes- und Sozialwissenschaftler zu den Hungerleidern eines profitorientierten Bildungswesens degradieren dürfen". Anreize müssten vielmehr im immateriellen Bereich, etwa durch die stärkere Förderung von Lehr- und Forschungsvorhaben exzellenter Universitätswissenschaftler gesetzt werden.

Es komme jetzt darauf an, wie die Weichen in die Zukunft gestellt werden, sind sich Grimm und Huber einig. Dafür, dass diese Richtungsentscheidungen nicht über die Köpfe der Betroffenen hinweg gefällt werden, will sich der Allgemeine Fakultätentag einsetzen.

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Reinhold Grimm und Prof. Dr. Peter M. Huber
Tel.: 03641/944611 bzw. 942200, Fax: 944612 bzw. 942202
E-Mail: x7grre@rz.uni-jena.de bzw. peter.huber@recht.uni-jena.de

Friedrich-Schiller-Universität
Referat Öffentlichkeitsarbeit
Dr. Wolfgang Hirsch
Fürstengraben 1
07743 Jena
Tel.: 03641/931031
Fax: 03641/931032
E-Mail: h7wohi@sokrates.verwaltung.uni-jena.de


Bilder

Ergänzung vom 12.12.2000

E-Mail-Adresse von Prof. Huber lautet: pmhuber@recht.uni-jena.de


Merkmale dieser Pressemitteilung:
fachunabhängig
überregional
Wissenschaftspolitik
Deutsch


 

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