AKADEMIE DER KÜNSTE und
BERLIN-BRANDENBURGISCHE AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
12.12.2000
Der Balkan Round-Table wird weitergeführt
Künstler und Wissenschaftler aus Südosteuropa im Gespräch
Mit einem BALKAN-RUNDTISCH gaben die Akademie der Künste und die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften am 11. und 12. Dezember 30 Künstlern und Wissenschaftlern aus Südosteuropa die Gelegenheit zu einem Gesprächsforum in Berlin, um nach dem Ende des Milosevic-Regimes über die Situation auf dem Balkan zu diskutieren und die Möglichkeiten einer demokratischen Gesellschaft, eines friedlichen Miteinanders und einer Versöhnung zwischen den Völkern in dieser Region zu erörtern.
Das von den Akademiepräsidenten György Konrád und Dieter Simon initiierte Gespräch diente zunächst der Verständigung über die Rolle und Verantwortung der Intellektuellen in den einzelnen Regionen der Balkanhalbinsel.
Auch in der Zeit der militärischen Auseinandersetzungen seien, wie die Teilnehmer betonten, private Kontakte zwischen Intellektuellen nicht abgebrochen, als institutionelle Kontakte zwischen den einstigen jugoslawischen Republiken längst nicht mehr existierten. Auf dieser informellen Basis könne das Netzwerk der Intellektuellen jetzt aufbauen, um die Integration der ethnischen Gruppen und eine Kooperation unter Gleichberechtigten im Südosten Europas zu befördern.
Für die Zukunft favorisierten einige der Teilnehmer das politische Modell einer Balkanföderation, die als "Kantonisierung" bezeichnet wurde.
Unterschiedliche Standpunkte gab es zur Aufarbeitung der Vergangenheit. Dieter Simon riet unter anderem, - auch mit Blick auf die deutsche Erfahrung - Lehren aus der Geschichte zu akzeptieren, statt eine Schlussstrich-Ideologie zu vertreten.
Zu den Hoffnungen auf eine baldige EU-Integration bemerkte Egon Bahr, dass eine der Grundvoraussetzungen für die Mitgliedschaft in der Europäischen Gemeinschaft der Verzicht auf Gebietsansprüche der einzelnen Staaten und die Anerkennung bestehender territorialer Grenzen sei. Der Anspruch auf die Respektierung der Menschenrechte habe Vorrang vor einem Recht auf Autonomie oder auf einen eigenen Staat.
Jiri Dienstbier reflektierte aus der Sicht des Berichterstatters für die UN-Menschenrechts-kommission die Situation auf dem Balkan und die konkreten Erfahrungen mit der Befriedungspolitik der internationalen Gemeinschaft.
Als Ergebnis der zweitägigen Diskussion werteten die Teilnehmer nicht allein die Möglichkeit des Dialogs, sondern sie forderten konkrete Projekte für die Zukunft. Das besondere Potential der Intellektuellen läge darin, sich mit Kritik und Phantasie in den Diskurs einzumischen und pragmatische Vorschläge zu machen.
So sei schnelles Handeln notwendig, um die Bildungsmöglichkeiten zu verbessern und dem Brain Drain in der Balkanregion entgegenzuwirken. Die Ausbildung der jungen Generation habe höchste Priorität, um neue politisch-gesellschaftliche Eliten zu schaffen.
Wichtig sei außerdem die gegenwärtige Diskussion über die Neugestaltung der Verfassungen, da die zentralistischen Konstitutionen der ex-jugoslawischen Staaten der Vielfalt der Sprachen und Kulturen nicht gerecht würden. Auch müssten sich Formen der Selbstbestimmung für Minderheiten in der Rechtswirklichkeit niederschlagen.
Um eine wirtschaftliche Förderung einzuleiten, gelte es, bestehende Investitionshemmnisse zu beseitigen. Die Schaffung von Freihandelszonen sei ein politisch-ökonomischer Schritt, der zum Aufbau wie auch zur Befriedung der Region beitragen könnte.
In Sinne einer kontinuierlichen Fortsetzung der Debatte soll der Runde Tisch in Zukunft in Hauptstädten und Regionalzentren wie Belgrad, Budapest, Bukarest, Ljubljana, Pristina und Novi Sad tagen.
Information:
Akademie der Künste, Hanseatenweg 10, 10557 Berlin-Tiergarten, Tel.: (030) 39076-0, Fax: -175
BBAW, Geschäftsstelle "Balkan-Initiative", Jägerstraße 22/23, 10117 Berlin, Tel.: (030)20370-644, Fax: -600
Merkmale dieser Pressemitteilung:
fachunabhängig
überregional
Wissenschaftspolitik
Deutsch
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