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10.01.2001 13:18

Arbeit ohne Lohn - nur für die Ehre?

Claudia Braczko Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Institut Arbeit und Technik

    Institut Arbeit und Technik untersucht Sozioökonomie des Ehrenamtes - Eine Theorie der nicht-entlohnten haushaltsextern organisierten Produktion

    Mindestens jeder vierte Deutsche engagiert sich ehrenamtlich. Die Zahl derjenigen, die ohne Lohn - "nur für die Ehre" - arbeiten, nimmt seit den 80er Jahren kontinuierlich, seit Anfang der 90er Jahre sogar verstärkt zu. Warum ist man im Ehrenamt aktiv? Ist es reine Menschenliebe und Selbstlosigkeit, oder spielen (auch) eigennützige Motive eine Rolle? Dieser Frage ging das Institut Arbeit und Technik (IAT/Gelsenkirchen) in einer jetzt veröffentlichten Studie nach.

    Die These, dass wer viel Zeit hat und finanziell abgesichert ist - etwa verheiratete Frauen und Arbeitslose - sich überdurchschnittlich stark auf Hausarbeit und Ehrenamt spezialisiert, lässt sich so nicht halten. "Es sind vor allem gut und besser qualifizierte Erwerbstätige in "gesicherten" Familienverhältnissen, die ehrenamtlich aktiv sind. Die Engagementswahrscheinlichkeit erhöht sich sogar noch mit zunehmender Kinderzahl", stellt der IAT-Wissenschaftler Marcel Erlinghagen fest. Arbeitslosigkeit führt nicht zu einer erhöhten ehrenamtlichen Aktivität und vergrößert auch nicht die Stabilität bereits ausgeübter ehrenamtlicher Beschäftigung.

    Ein Beispiel für ehrenamtliche Selbsthilfe ist etwa ein privat betriebener und initiierter Kinderhort. Grund für die "Eigenproduktion" ist meist, dass das öffentliche Angebot unzureichend oder nicht vorhanden ist, die Lohnkosten für eine private Tagesmutter für manchen aber unerschwinglich sind. Beim Kinderhort in ehrenamtlicher Selbsthilfe - sogar bei Einstellung hauptamtlicher Kräfte - verteilen sich die Kosten auf mehrere Elternpaare, zudem können sie mitbestimmen bei Organisation, Beiträgen und Mittelverwendung und "Trittbrettfahrer" ausschließen.

    Die ehrenamtliche Produktion hat aber noch weitere Vorteile über den ursprünglichen Zweck der ehrenamtlichen Tätigkeit hinaus. Ein solches "Ehrenamt-Kuppelprodukt" kann insbesondere für Selbstständige nützlich sein. So kann ein Unternehmer durch gemeinnütziges "selbstloses" Engagement u.U. seine Vertrauenswürdigkeit und Redlichkeit nach außen signalisieren, was ihm wiederum als Geschäftsmann beim Gewinn neuer Kunden dienlich sein kann.

    Das Ehrenamt vermittelt außerdem neue soziale Kontakte, die Informationen aus anderen gesellschaftlichen Bereichen eröffnen und einen Informationsvorsprung ermöglichen. Den meisten Nutzen versprechen dabei Kontakte mit sozial höher gestellten Individuen. Die aus ehrenamtlichen Aktivitäten resultierenden Kontakte erhöhen nicht nur die Wahrscheinlichkeit, bei Arbeitslosigkeit einen neuen Job zu finden, durch sie verdient man auch besser. Neben der Erhöhung des finanziellen und sozialen Kapitals wird auch die Humankapitalausstattung des Ehrenamtsträgers verbessert. Denn wie eine Tätigkeit in Erwerbsarbeit kann das Ehrenamt dazu beitragen, das Humankapital zu erhalten, zu erhöhen und damit die Karriere zu fördern.

    Ob deshalb aber das ehrenamtliche Engagement stärker staatlich gefördert werden muss - auch um der Gefahr der Humankapitalentwertung bei Arbeitslosen gegenzusteuern - ist fraglich. Wer ehrenamtlich tätig sein will, muss persönliche Ressourcen mitbringen, Kenntnisse in der Sache wie in der Organisation, dazu Zeit und Geld. Insofern steht eine ehrenamtliche Beschäftigung ebenso wenig jedem offen wie der Zugang zu "offiziellen" Arbeitsplätzen. Erlinghagen: "Es ist zu vermuten, dass eine staatliche Förderung ehrenamtlicher Arbeit vor allem den Personenkreis begünstigt, der auch ohne diese Unterstützung mit genügend Ressourcen ausgestattet ist, um am gesellschaftlichen Leben in adäquater Form teilnehmen zu können und daher eigentliche keiner Unterstützung der Allgemeinheit bedarf."

    Marcel Erlinghagen, 2000: Sozioökonomie des Ehrenamtes - Theorie der nicht-entlohnten, haushaltsextern organisierten Produktion, Graue Reihe des Instituts Arbeit und Technik 2000 - 14

    Die Studie ist zum Preis von 10 DM über die Abteilung Veröffentlichungen des IAT zu beziehen oder kann unter http://www.iat-info.iatge.de als PDF-Datei heruntergeladen werden.

    Für weitere Fragen steht Ihnen zur Verfügung:

    Marcel Erlinghagen
    Tel.: 0209/1707-342

    Claudia Braczko
    Tel.: 0209/1707-176


    Weitere Informationen:

    http://www.iat-info.iatge.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Wirtschaft
    regional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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