Israelisch-deutsches Projekt befasst sich mit "The History of Jewish Sports"
Die Geschichte des jüdischen Sports in Deutschland war und ist ein Randthema in der historischen Forschung. Erkenntnisse über die Geschichte jüdischer Sportbewegung im Gebiet des heutigen Niedersachsen liegen bislang nur in Bruchstücken vor. Das soll sich jetzt ändern. "The History of Jewish Sports" ist der Titel eines deutsch-israelischen Gemeinschaftsprojektes, das der Historiker und Sportwissenschaftler Prof. Lorenz Peiffer von der Leibniz Universität Hannover und Prof. Moshe Zimmermann von der Hebrew University Jerusalem gemeinsam beantragt haben. Das Land Niedersachsen fördert das Vorhaben, das zunächst bis zum Dezember 2010 befristet ist, mit 225.000 Euro.
Im Mittelpunkt steht die Geschichte des jüdischen Sports im nationalsozialistischen Deutschland bis zum Jahr 1938 - unter besonderer Berücksichtigung des heutigen Niedersachsens. Mit dem Projekt leistet das Team Pionierarbeit, denn es gibt nahezu keine Literatur über das Thema, sondern fast ausschließlich Quellen. Die Ausgangslage ist die gleiche wie überall im Land nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten: Nach dem 30. Januar 1933 werden jüdische Sportlerinnen und Sportler aus ihren Vereinen herausgeworfen. Bis zu diesem Zeitpunkt sind gerade drei bis vier Prozent der jüdischen Bevölkerung in jüdischen Vereinen organisiert. Nach 1933 steigen die Mitgliederzahlen der jüdischen Vereine rapide an. Vor dem Hintergrund der Olympischen Spiele 1936 gestatten die Nationalsozialisten den Jüdinnen und Juden, sich weiter in Vereinen zu organisieren. Zu groß war die Angst vor einem Boykott der Spiele durch die USA.
Das Engagement in eigenen kulturellen und gesellschaftlichen Organisationen ist ein wesentliches Element der Selbstbehauptung der jüdischen Bevölkerung in ihrem täglichen Überlebenskampf im nationalsozialistischen Deutschland. Es gründen sich in dieser Zeit viele neue jüdische Vereine, gerade in Niedersachsen. Allein in Hannover sind 1935 mehr als 1.000 Frauen und Männer in den beiden großen lokalen jüdischen Sportvereinen organisiert, den Vereinigten Turnerschaften und dem zionistisch ausgerichteten Verein Bar Kochba. Die zahlreichen neu entstehenden Sportvereine waren in dieser Zeit der Diskriminierung und Verfolgung mehr als nur ein Ort der sportlichen Freizeitgestaltung. Sie waren Orte, die - wenn auch begrenzt - Freiräume boten zur Selbstentfaltung und zur Erfahrung von Solidarität.
Ziel des Projektes ist unter anderem, zu recherchieren, welches Schicksal den Menschen in diesen Vereinen widerfahren ist. Hierzu gleichen die Wissenschaftler Namenslisten - beispielsweise aus dem Sportteil der Gemeindeblätter - mit ihren israelischen Kollegen ab. Der Stellenwert des Sports steigt in der ersten Hälfte der 30er Jahre enorm an. "Sport ist der soziale Kitt, bietet eine soziale Heimat", sagt Lorenz Peiffer.
Die Erinnerung an dieses soziale Leben ist jedoch so gut wie verblasst. Julius Hirsch und Gottfried Fuchs, zwei jüdische Fußballnationalspieler etwa, die in dem Bildband "Die deutschen Nationalspieler" im Jahr 1939 nicht aufgeführt sind, sind auch in einer Neu-Auflage, die 1988 erscheint, weder abgebildet, noch genannt. Kaum jemand kannte die beiden mehr zu dieser Zeit. Die Nationalsozialisten haben vielen Sportlerinnen und Sportler nicht nur ihr Leben genommen, sondern auch die Erinnerung daran.
Hinweis an die Redaktion:
Für weitere Informationen stehen Ihnen Prof. Lorenz Peiffer und Henry Wahlig vom Institut für Sportwissenschaft unter Telefon +49 511 762 3148 sowie unter 762 1 94 43 oder per E-Mail unter lorenz.peiffer@sportwiss.uni-hannover.de und henry.wahlig@sportwiss.uni-hannover.de gern zur Verfügung.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Politik, Sportwissenschaft
überregional
Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
Deutsch
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