Seit über 20 Jahren sind Forscher weltweit intensiv darum bemüht, einen HIV-Impfstoff zu entwickeln. Bei 12 000 HIV-Neuinfektionen pro Tag bleibt dies eine der drängendsten Aufgaben biomedizinischer Grundlagenforschung. Unsere Arbeitsgruppe an der Ruhr-Universität Bochum verfolgt dabei die Strategie, Gen-basierte Impfstoffe zu entwerfen, die gezielt Schaltzellen des Immunsystems ansprechen und daher die Immunantwort gegen HIV sehr viel stärker aktivieren als bisherige Impfstoffe.
Wie andere Viren auch, kommt HIV in zwei Phasen vor: als vollständiges Viruspartikel außerhalb und in seine Untereinheiten zerlegt innerhalb von Wirtszellen. Dabei dient das Viruspartikel selbst nur der Übertragung des viralen Genoms von einer Wirtszelle zur nächsten bzw. von einem Individuum zum anderen. Innerhalb einer von einem einzigen Virus infizierten Wirtszelle kann sich der Erreger in zwei bis drei Tagen hundert- bis tausendfach vermehren. Diesen zwei Phasen der Virusvermehrung stehen zwei Arme der Immunantwort gegenüber - Antikörper bzw. sog. zytotoxische T-Zellen. Die Antikörper erkennen virale Proteine ausserhalb der Zelle, die zytotoxischen T-Zellen erkennen die infizierten Zellen. Dafür müssen aber den zytotoxischen T-Zellen kleine Bruchstücke (Peptide) des Virus durch spezialisierte Oberflächenproteine (MHC-Moleküle) der infizierten Zelle wie auf einem Tablett präsentiert werden. Wenn dann die zytotoxischen T-Zellen die infizierte Zelle zerstören, bevor diese Viruspartikel freisetzen kann, wird die Virusvermehrung verhindert.
Die Impfung mit viralen Proteinen aktiviert überwiegend die Antikörperantwort gegen diese viralen Proteine. Im Gegensatz dazu kommt es durch Gen-basierte Impfstoffe auch zur Bildung zytotoxischer T-Zellen. Bei den Gen-basierten Impfstoffen wird nicht das virale Protein verabreicht, sondern das Gen, das die Bildung des viralen Proteins in Zellen des Impflings ermöglicht. Die Eigenproduktion erlaubt eine bessere Präsentation auf MHC-Molekülen und führt damit zu einer stärkeren Aktivierung von zytotoxischen T-Zellen. Diesen Effekt der Gen-basierten Impfstoffe gilt es nun zusätzlich zu stärken. Dazu werden die Gen-basierten Impfstoffe so verändert, dass das von ihnen kodierte virale Protein an einen besonderen Antikörper gekoppelt ist. Dieser Antikörper bindet hoch-spezifisch an ein Oberflächen-Protein von sog. Dendritischen Zellen, den Schaltzellen des Immunsystems. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von Dr. Ralph Steinman von der Rockefeller University konnten wir bereits zeigen, dass dieser Antikörper die Aufnahme des viralen Proteins durch Dendritische Zellen deutlich verbessert. Durch gleichzeitige Gabe zusätzlicher immunstimulierender Substanzen sollen die Dendritischen Zellen, die das virale Protein aufgenommen haben, nun dazu gebracht werden, hoch-aktive zytotoxische T-Zellen auszubilden. Mit dieser breit-anwendbaren Strategie hoffen wir, die Wirksamkeit Gen-basierter Impfstoffe gegen Viruserkrankungen, wie HIV, deutlich zu verbessern.
Kontakt: Prof. Dr. Klaus Überla, Abteilung für Molekulare und Medizinische Virologie, Ruhr-Universität Bochum. Telefon: 49-234-3223189 / E-Mail: klaus.ueberla@rub.de
Die Wilhelm Sander-Stiftung fördert dieses Forschungsprojekt mit über 120.000 €.
Stiftungszweck der Stiftung ist die medizinische Forschung, insbesondere Projekte im Rahmen der Krebsbekämpfung. Seit Gründung der Stiftung wurden dabei insgesamt über 160 Mio. Euro für die Forschungsförderung in Deutschland und der Schweiz bewilligt. Die Stiftung geht aus dem Nachlass des gleichnamigen Unternehmers hervor, der 1973 verstorben ist.
Weitere Informationen zur Stiftung: www.sanst.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Medizin
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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