Seit einigen Jahren werden Finanzierungsprobleme des Mittelstands in publizistischen und wirtschaftswissenschaftlichen Veröffentlichungen beklagt
und diskutiert. Mitte des Jahres 2000 war eine erhöhte Intensität der Debatte zu erkennen, insbesondere, da sich die Kritik verstärkt auf das Verhalten der Banken gegenüber ihren mittelständischen Kunden konzentrierte.
Eng mit dieser Entwicklung verbunden war die Diskussion um das Konsultationspapier des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht zur "Neuregelung der angemessenen Eigenkapitalausstattung". Es wird befürchtet, dass die festgelegten Ratings, über die eine Art Bonitätsprüfung der Kreditnehmer "institutionalisiert" wird, zu einem
erheblichen Aufwand und hohen Kosten für die mittelständischen Kreditnehmer sowie zu einer zunehmenden Bürokratisierung und Inflexibilität auf Seiten
der Kreditgeber führt.
Über eine weitere Argumentationslinie wird behauptet, der Aufwand für die Betreuung von kleinen und mittleren Unternehmen sei im Vergleich zu den realisierten Gewinnen zu hoch.Die Abkehr vom Mittelstand und eine stärkere Orientierung mit entsprechenden Finanzprodukten in Richtung vermögender Privatkunden erscheint demnach vielversprechender. Die veröffentlichte Kritik betrifft folgende Bereiche:
- Verschlechterte Wettbewerbs- und Rahmenbedingungen mittelständischer Unternehmen,
- Erhöhter Fremdkapitalbedarf,
- Klagen über verschlechterte Betreuung durch Banken und
- Probleme in der Akquisition des benötigten Fremdkapitals.
Um den genannten Problemen zu begegnen, wird häufig von mittelständischen Unternehmen ein solides Finanzmanagement und von den Banken die Rolle als verlässlicher "Partner des Mittelstandes" gefordert. Hierdurch wird deutlich, dass die Ursache für die formulierte Kritik nicht pauschalisierend
bei den Banken zu suchen ist, zumal zu diesem Sachverhalt noch keine empirisch gesicherten Erkenntnisse existieren.
Vor dieser Problematik ergab sich eine Zusammenarbeit zwischen Prof. Dr. Karl-Werner Hansmann, dem geschäftsführenden Direktor des Instituts für
Industriebetriebslehre und Organisation der Universität Hamburg, und dem AGA Unternehmens- und Arbeitgeberverband - Großhandel - Außenhandel - Dienstleistung e.V., mit der Zielsetzung, die tatsächliche Beziehung zwischen Mittelstand und Banken empirisch zu untersuchen. Mit Hilfe dieser
Untersuchung sollen die verschiedenen Argumente substanziell, mit empirisch gesicherten Ergebnissen untermauert oder widerlegt werden. Die Ergebnisse
leisten dadurch einen Betrag zur Objektivierung der Diskussion.
Dem AGA angeschlossen sind etwa 3000 zumeist mittelständische Unternehmen mit Sitz im norddeutschen Raum. Hiervon wurden rund 2500 Unternehmen befragt.Die reduzierte Zahl der befragten Unternehmen hat zweierlei Gründe. Nicht
in die Erhebung aufgenommen wurden Unternehmen in den neuen Bundesländern, da es sich hierbei um relativ junge Unternehmen handelt, die erhöhten Finanzierungsproblemen ausgesetzt sind. Zum andern blieben Unternehmen
unberücksichtigt, die beispielsweise durch Tochterunternehmen eine mehrfache Mitgliedschaft beim AGA besitzen. Insgesamt beteiligten sich 511 Unternehmen an
der Untersuchung, so dass eine Rücklaufquote von 20,22 Prozent erzielt wurde.
Die repräsentativen Ergebnisse zeigen, dass rund ein Viertel aller Firmen über eine abnehmende Bereitschaft zur Kreditvergabe und über eine schlechtere Kundenbetreuung klagt. Bei einer vorübergehenden Liquiditätsbedrohung auf Grund von Forderungsausfällen (Zahlungsunfähigkeit
der Kunden) gaben zwei Drittel der Mittelständler an, dass sich die Banken weigerten, die Kreditlinie zu erhöhen. Generell von der mangelnden Kreditvergabebereitschaft am meisten betroffen sind Unternehmen mit ungünstiger Gewinnentwicklung seit 1995, einem Jahresumsatz bis zu fünf
Millionen sowie hohem Fremdkapitalanteil. Faktoren, die auf die Mehrheit der mittelständischen Betriebe zutreffen. Auf der Suche nach Geldgebern kommen daher immer öfter private Investoren ins Spiel, die Hälfte der Befragten haben bereits einen. Über 40 Prozent erwägen diese Option. Diese und weitere wesentliche Ergebnisse der Studie können unter folgender Adresse abgerufen werden:
http://www.uni-hamburg.de/fb03-ibl/finanzmi.zip
Ansprechpartner an der Universität Hamburg:
Christian Marc Ringle
Von-Melle-Park 5
20146 Hamburg
Tel.: 040/42838-4682
E-Mail: ringle@hermes2.econ.uni-hamburg.de
Kontakt zum AGA:
Postfach 10 03 29
20002 Hamburg
Tel.: 040/30 80 10
Internet: www.aga.de
http://www.uni-hamburg.de/fb03-ibl/finanzmi.zip
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Wirtschaft
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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