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24.01.2001 10:56

Heidelberg: "Ritualdynamik" ist offizieller Beitrag zum Internationalen Jahr der Vereinten Nationen

Dr. Michael Schwarz Kommunikation und Marketing
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

    Interdisziplinäres Projekt "Ritualdynamik. Soziokulturelle Prozesse in historischer und kulturvergleichender Perspektive" an der Universität Heidelberg von der UNESCO aufgenommen - Sprecher ist Prof. Dr. Dietrich Harth aus dem Germanistischen Seminar

    Das interdisziplinäre Projekt "Ritualdynamik. Soziokulturelle Prozesse in historischer und kulturvergleichender Perspektive" an der Universität Heidelberg ist unter die "offiziellen Beiträge zum Internationalen Jahr der Vereinten Nationen: Dialog zwischen den Kulturen" aufgenommen worden. Sprecher ist Prof. Dr. Dietrich Harth aus dem Germanistischen Seminar.

    Die Universität Heidelberg ist seit vielen Jahren ein Ort der fächerübergreifenden Zusammenarbeit zwischen verschiedenen geistes- und kulturwissenschaftlichen Disziplinen. Ein sehr breiter Fächerverbund hat sich nun diese Voraussetzungen zunutze gemacht, um das große Forschungsprojekt auf den Weg zu bringen, in dessen Zentrum der Wandel von Ritualpraktiken in verschiedenen Kulturen und auf verschiedenen Stufen der kulturellen Evolution steht. Beteiligt sind Ägyptologie, Alte und Mittlere Geschichte, Archäologie, Assyriologie, Erziehungswissenschaft, Ethnologie, Indologie, Islamwissenschaft, Judaistik, Literaturwissenschaft, Psychologie, Politologie, Religionswissenschaft und Theologie.

    Das Projekt dient nicht nur der Erschließung eines gemeinsamen Forschungsfeldes von universeller Bedeutung. Es ist vielmehr auch ein Teil jenes interkulturellen Dialogs, der transdisziplinäre und transkulturelle Modelle der Wirklichkeitserschließung und Wissenschaftskommunikation weiter zu entwickeln sucht. Vor Ort in Heidelberg sind Forscher aus Griechenland, Holland, Indien, Israel und USA in das Projekt integriert und es gibt eine zum Teil enge Zusammenarbeit mit Partnerinstitutionen in Europa, dem Nahen Osten, Asien, USA und Lateinamerika.

    Religiöse sowie säkulare Riten und Rituale sind seit langem Gegenstände religionswissenschaftlicher und anthropologischer Fragestellungen. Das Besondere an dem Projekt "Ritualdynamik" ist die Konzentration auf Prozesse der Entstehung und der langfristigen Veränderung von Ritualen sowie auf das Eingreifen verschiedener Ritualpraktiken in die Prozesse gesellschaftlicher und kultureller Gruppen- oder Identitätsbildung.

    Zivilisationsgeschichtliche Universalie

    Zu den Grundannahmen des Projekts gehört die Überzeugung, dass die kulturgeographisch und kulturhistorisch breit gestreuten, reichhaltigen Belege rituellen Handelns den Schluss auf eine zivilisationsgeschichtliche Universalie zulassen, wenn nicht sogar nahelegen. Anders als kommunikative und strategische Handlungen ist die Ritualpraxis, um der Wiederholbarkeit willen, streng formalisiert und an einen mehr oder weniger großen Einsatz nonverbaler - gestischer, szenischer und überhaupt dramaturgisch wirksamer - Ausdrucksmedien gebunden.

    Die Verwendung dieser Medien ist indessen nicht rein darstellungsästhetisch im theatralischen Sinn, vielmehr gehen ihre symbolisch-semiotischen Funktionen meist sogar über die rein sprachlichen Ausdrucksfunktionen hinaus, so als würden die Gestik, der Tonfall des Spruches und die Handhabung der Dingsymbole einen ganz direkten, unverstellten Zugang zu der überpersönlichen Kraft finden, an die sich das Kollektiv der Ritualausübenden wendet. Formalisierung, Multimedialität und Appell an etwas Transzendentes - ein Idol, eine Gottheit, ein Ideal - sind konstitutive Merkmale rituellen Handelns in einem universell gültigen Sinn.

    Es ist nicht schwierig, den so erläuterten Handlungstypus als eine verbreitete, nicht selten undurchschaute Erscheinung auch in modernen Sozialsystemen zu entdecken, deren modernitätsbewusste intellektuelle Repräsentanten sich gern auf ihre ritualkritische Einstellung etwas zugute halten. Keine Frage: Ritualkritik ist notwendig, da der Ritualismus, also die überschwängliche oder erzwungene Ritualisierung sozialen Handelns, dazu da ist, die Strukturen der symbolischen Ordnungsstiftung zu verdunkeln und daher auf Missbrauch hinausläuft. Den interkulturellen Dialog weiter zu entwickeln, ist zweifellos auch eine Frage der Ritualisierung angemessener, die aktive Toleranz fördernder Kommunikationsformen.

    Projekt nicht auf die Moderne beschränkt

    Das Projekt beschränkt sich nicht allein auf die Moderne. Es umfasst die frühen Hochkulturen (Ägyptens, Assyriens, Indiens, Griechenlands...) und reicht bis zum ritualisierten Holocaustgedenken und zu den volksreligiösen Praktiken zeitgenössischer Segregationsbewegungen in Asien, das sind meist "erfundene" Rituale, die zwischen Traditionshörigkeit und sozialem Wandel zu vermitteln suchen.

    Rückfragen bitte an den Sprecher des Projekts:
    Prof. Dr. Dietrich Harth,
    Neuere Deutsche Literatur und Allgemeine Literaturwissenschaft,
    Germanistisches Seminar, Hauptstr.207-209, 69117 Heidelberg
    Tel. 06221 543207 oder 712426
    harth@uni-hd.de


    oder: Dr. Michael Schwarz
    Pressesprecher der Universität Heidelberg
    Tel. 06221 542310, Fax 542317
    michael.schwarz@rektorat.uni-heidelberg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Philosophie / Ethik, Politik, Recht, Religion
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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