Forschungen zu ethischen Fragen der Hirnstimulation sowie zu "Mind- und
Brainreading" starten an der medizinischen Fakultät
Zwei Forschergruppen werden insgesamt mit rund 1,5 Millionen Euro vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und von
Kölner WissenschaftlerInnen geleitet: Frau PD. Dr. med. Woopen (Institut
für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin) und Prof. Dr. med. Dr.
phil. Vogeley (Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und
Psychotherapie).
Dies ist Ergebnis der Neuroethik-Ausschreibung, die das
BMBF zusammen mit Forschungsförderinstitutionen in Kanada und Finnland
aufgelegt hat. Ab sofort werden deutschlandweit fünf internationale
Forschungsverbünde gefördert, die sich mit philosophischen und ethischen
Fragen der modernen Neurowissenschaften beschäftigen.
Der erste Projektverbund untersucht "Ethische, rechtliche und soziale
Fragen der tiefen Hirnstimulation - Gesundheit, Lebensqualität und
personale Identität".
Für die tiefe Hirnstimulation (THS) wird eine kleine Sonde in das Gehirn
eingesetzt, die über einen am Brustkorb unter der Haut eingesetzten
Schrittmacher stimuliert wird, um die Aktivität dieser Hirnregion zu
beeinflussen. Bei der Parkinson-Krankheit und weiteren
Bewegungsstörungen ist sie in späten Krankheitsstadien bereits ein
etabliertes Verfahren. In den letzten Jahren wird die THS darüber hinaus
auch bei psychiatrischen Erkrankungen eingesetzt , zum Beispiel bei
Zwangsstörungen und Depressionen. Die Erfahrungen zeigen, dass die THS
neben der Linderung der krankheitsbedingten Symptome auch
unbeabsichtigte Wirkungen erzeugt wie Änderungen der Stimmungslage,
Einschränkungen kognitiver Leistungen und Beeinträchtigungen
psychosozialer Aspekte - also Faktoren, die die Persönlichkeit und die
Lebensqualität des Patienten ganz wesentlich betreffen.
Es sollen daher grundlegende Überlegungen zu ethischen und rechtlichen
Aspekten mit empirischen Erhebungen in der klinischen Versorgung und in
der Forschung verbunden werden, um auf der Grundlage dieser umfassenden
Betrachtungen Kriterien für die Anwendung der THS bei neurologischen und
psychiatrischen Erkrankungen zu entwickeln. Das Verbundprojekt erfolgt
auf deutscher Seite in Köln (Uniklinik, medizinische und juristische
Fakultät) in Kooperation mit der Klinik für Neurologie (PD Dr. Lars
Timmermann), der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie (Dr. Jens
Kuhn), dem Institut für Medizinrecht (Prof. Dr. Christian Katzenmeier)
sowie auf kanadischer Seite mit dem Toronto Western Hospital (Klinik für
Neurologie: Dr. Dr. Elena Moro; Klinik für Neuropsychiatrie: Dr. Mateusz
Zuroswski) und dem Joint Center for Bioethics (Dr. Kyle Anstey) und wird
von PD Dr. Christiane Woopen (Institut für Geschichte und Ethik der
Medizin der Uniklinik Köln) koordiniert.
Der zweite Projektverbund "Other Minds: Neurophilosophie und Neuroethik
der Intersubjektivität" ist auf die komplexen kognitiven Leistungen
Selbstbewusstsein und kommunikativer Austausch zwischen Personen
gerichtet, die bisher im Wesentlichen Untersuchungsgegenstände der
Philosophie waren. Die moderne kognitive Neurowissenschaft erlaubt aber
mittlerweile auch die systematische, naturwissenschaftliche
Untersuchungen unserer Fähigkeit, uns erfolgreich in andere Personen
"hineinversetzen" zu können, um deren Gedanken oder Gefühle
nachempfinden oder "lesen" zu können. Diese Leistungen, die wir im
Alltag ständig benötigen und die bei psychischen Erkrankungen gestört
werden oder verloren gehen können, werden auch als "Mindreading"
bezeichnet. Kann man, wenn man die Hirnprozesse kennt, diese Leistungen
medizinisch wieder herstellen? Eine Zukunftsfrage, die aber die
Komplexität der Möglichkeiten moderner Neuroethik aufzeigt.
Dem "Mindreading" wird eine neue Technik, die des "Brainreading", zur
Seite gestellt: Sie fragt, ob und wie aus Informationen über
Hirnprozesse geschlossen werden kann, was die untersuchte Person gerade
"erlebt", "denkt" oder "fühlt", mit anderen Worten, was ihr phänomenaler
Gehalt ist: Kann man bestimmte, messbare Hirnprozesse konkreten Gefühlen
oder gar Gedanken zuordnen? Das wirft philosophische,
neurowissenschaftliche und medizinische Fragen auf. Diese werden in
einem interdisziplinären, deutsch-finnischen Forscherverbund bearbeitet
unter Beteiligung von Prof. Dr. Newen (Philosophie, Bochum), Prof. Dr.
Juckel (Psychiatrie, Bochum), Prof. Dr. Veikko Launis (Philosophie,
Turku), Prof. Dr. Revonsuo (kognitive Neurowissenschaft, Philosophie,
Turku) und unter Leitung von Prof. Dr. Dr. Kai Vogeley (Klinik und
Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Uniklinik Köln).
Ansprechpartner:
PD Dr. Christiane Woopen
Institut für Geschichte und Ethik
der Medizin, Herderstraße 54, 50931 Köln, Tel 478-86989,
christiane.woopen@uni-koeln.de.
Univ.-Prof. Dr. med. Dr. phil. Kai Vogeley
Department of Psychiatry
University of Cologne
Kerpener Str. 62
50924 Cologne, Germany
Phone 0049 221 478 87155
Fax 0049 221 478 3738
kai.vogeley@uk-koeln.de
Für Rückfragen:
Sina Vogt
Leiterin Stabsstelle Kommunikation Uniklinik Köln
Telefon: 0221 478 5548
E-Mail: pressestelle@uk-koeln.de
Univ.-Prof. Dr. med. Dr. phil. Kai Vogeley und PD Dr. Christiane Woopen
MFK
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Medizin
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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