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21.01.2009 10:06

Amerikas zentrale Persönlichkeit

Axel Burchardt Referat Öffentlichkeitsarbeit
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Historiker der Universität Jena legt neue Biografie zu Abraham Lincoln vor

    Jena (21.01.09) "Mit seiner bloßen Energie erweckt Lincoln in uns einen Hunger auf Schaffen und Erneuerung... Dennoch, wenn ich sein Bild betrachte, ist es der Mann, der zu mir spricht, und nicht die Ikone." Letztlich seien es gerade seine Unvollkommenheiten, die diesen allzumenschlichen Mann für ihn so unwiderstehlich machten. Dies schrieb Amerikas neuer Präsident Barack Obama im Sommer 2005. Eine Einschätzung des 16. amerikanischen Präsidenten Abraham Lincoln (1809-1865), die auch der Jenaer Nordamerika-Historiker Prof. Dr. Jörg Nagler teilt. Pünktlich zu Lincolns 200. Geburtstag am 12. Februar 2009 hat er eine umfangreiche neue Biografie über "Amerikas großen Präsidenten" vorgelegt, die gerade im Verlag C. H. Beck erschienen ist.

    Mehr als fünf Jahre hat Nagler für das Buch in Archiven und Bibliotheken geforscht und die überbordende Literatur zu dieser Persönlichkeit analysiert. "Nach Jesus kommt tatsächlich schon Lincoln", bekundet er mit Blick auf die Vielzahl der Werke über "die zentrale Persönlichkeit in der amerikanischen Geschichte", wie Lincoln von ihm eingeschätzt wird. Dabei ist es dem Jenaer Historiker gelungen, in der gut lesbaren und anschaulichen Biographie des Bürgerkriegs-Präsidenten auf dem neuesten Stand der Wissenschaft neue Akzente zu setzen. Denn Lincoln wird immer wieder anders interpretiert. "Was ihm manchmal nicht gerecht wurde", weiß Nagler - etwa mit Blick auf die 1960er Jahre; daher war es ihm ein Anliegen, ihn "vom Mythos zu befreien". Er zeigt dabei eine komplexe Persönlichkeit "mit Größe durch Bescheidenheit".

    "Lincoln war ein Kind seiner Zeit", sagt Nagler, "hat aber wiederum seine Zeit verändert". Dabei war dieser Präsident zugleich ein Mensch, der sich immer wieder selber in Frage stellte, neu interpretierte und dessen Einstellungen sich im Laufe seines Lebens auch wandelten. Er war "Politiker aus Berufung im Weberschen Sinn" und "gesegnet mit einer großen emotionalen Intelligenz", wie ihn Nagler beschreibt. Seiner ärmlichen Herkunft zunehmend entwachsen, bringt er es autodidaktisch zum bürgerlichen Rechtsanwalt und Abgeordneten, der sogar seine Depressionen und anderen Schwächen zu nutzen weiß, um Gegner zu überzeugen, Verbündete zu finden und Koalitionen zu knüpfen.

    Um diese Wandlungen auch in Lincolns politischem Bewusstsein aufzuzeigen, nutzt Nagler die erste Hälfte der neuen Biografie, in der er das gesellschaftliche Umfeld und Lincolns Leben vor der Präsidentschaft beschreibt. "Man kann seine Amtszeit nur verstehen, wenn man seine politische Vorgeschichte und die Illinois-Connection kennt", ist sich Nagler sicher. Neben den politischen Bezügen setzt er dabei auf zwei Hauptthemen, um den Bürgerkriegs-Präsidenten darzustellen: Religion und Rassenbeziehungen.

    Lincoln lenkte die Geschicke Amerikas durch die blutige Zeit des Bürgerkriegs und setzte die Einheit der Nation und die Befreiung von über vier Millionen Sklaven erfolgreich gegen die Südstaaten durch. Dass ihm dies gelang, ist Nagler zufolge nicht nur Zeichen für einen "geschickten Taktierer". Für Lincoln stellte der Bürgerkrieg einen universellen Konflikt dar, dessen Ausgang für die Demokratien in der ganzen Welt Bedeutung haben würde. Seine Reden im Krieg waren dabei "Ausdruck seiner zivilreligiösen Haltung", die Verknüpfung zwischen dem Politischen und Religiösen. Der Jenaer Historiker schildert aber auch, wie aus dem Calvinisten Lincoln jemand wird, der - auch auf Grund der zahllosen Kriegstoten - zunehmend zum Zweifler an einem festen Gottesbild wird. Der große Einiger des Landes, der Verfechter ethischer Wertvorstellungen und der Befreier der Sklaven kommt erst gegen Ende seines Lebens zu positiven Wertungen über die Zukunft der Rassenbeziehungen in den USA, wie Nagler im neuen Buch beeindruckend darlegt. So zeigt er etwa auf, wie Lincoln Afroamerikaner zunächst zwar von der Sklaverei befreien, jedoch in die alte Heimat zurücksenden wollte. Erst die farbigen Soldaten seiner Armee, nennt Nagler ein Beispiel, hätten ihn zu der Überzeugung geführt, dass Weiße und Schwarze tatsächlich zu einer Nation zusammenwachsen und eine multiethnische Gesellschaft entstehen lassen könnten.

    Somit wäre auch die Frage an Lincoln, ob er sich einen farbigen Präsidenten im Weißen Haus vorstellen könnte, sicher erst am Ende seines Lebens von ihm bejaht worden, ist Nagler überzeugt. Obama, dem dies nun gelungen ist, "steht indessen auf den Schultern Lincolns", sagt er. Obama nimmt Lincoln ernst, sieht ihn differenziert und nutzt nicht nur dessen positives Image aus, ist sich der Jenaer Historiker sicher. Aber er sieht auch, dass der neue Präsident der Vereinigten Staaten nicht zufällig in Lincolns Staat Illinois seine Kandidatur proklamiert hat und sein Credo aus Lincolns Gettysburg-Rede nimmt: "eine Regierung des Volkes durch das Volk und für das Volk" neu zu schaffen - eine Grundauffassung, die bereits für den 16. US-Präsidenten galt, wie man im neuen Buch detailliert und umfassend erfahren kann.

    Jörg Nagler: Abraham Lincoln - Amerikas großer Präsident, 464 Seiten, Verlag C. H. Beck, München 2009, Preis: 26,90 Euro, ISBN 978-3-406-58747-4

    Hinweis für die Medien:
    Rezensionsexemplare bitte direkt beim Verlag bestellen unter: presse[at]beck.de.

    Kontakt:
    Prof. Dr. Jörg Nagler
    Historisches Institut der Friedrich-Schiller-Universität Jena
    Fürstengraben 13
    07743 Jena
    Tel.: 03641 / 944470
    E-Mail: joerg.nagler[at]uni-jena.de


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-jena.de


    Bilder

    Der Jenaer Nordamerika-Historiker Prof. Dr. Jörg Nagler
    Der Jenaer Nordamerika-Historiker Prof. Dr. Jörg Nagler
    Foto: Peter Scheere/FSU
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    Cover der neuen Lincoln-Biografie.
    Cover der neuen Lincoln-Biografie.

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Der Jenaer Nordamerika-Historiker Prof. Dr. Jörg Nagler


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