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02.02.2001 14:59

Thüringer Forschungspreis für Kristallstrukturanalyse am IMB

Dr. Ulrike Wagner Kommunikation
Leibniz-Institut für Altersforschung - Fritz-Lipmann-Institut e.V. (FLI)

    1976 gab es den ersten Ausbruch der Legionärskrankheit, einer oft tödlich verlaufenden Lungeninfektion. Bei einem Veteranentreffen der "American Legion" in Philadelphia erkrankten 230 Teilnehmer, von denen 34 an der bis dahin unbekannten Krankheit starben. In den letzten Monaten gab es größere Ausbrüche in den Niederlanden und in Australien, und derzeit häufen sich die Fallmeldungen aus Spanien. In Berlin mussten in letzter Zeit mehrere Schwimmbäder geschlossen werden, nachdem Erreger der Legionärskrankheit entdeckt wurden. Ursache ist ein Bakterium, das nach seinem ersten nachgewiesenen Auftreten "Legionella pneumophila" genannt wird. Wie ein Parasit befällt es die Makrophagen in der Lunge, also die Zellen, die es eigentlich auffressen und vernichten sollen, und vermehrt sich in diesen zehntausendfach, bis die Wirtszelle platzt und eine neue Infektionsrunde eingeläutet wird. Die Legionella-Bakterien leben bevorzugt im warmen Wasser von Whirlpools, Klimaanlagen, Duschen und öffentlichen Saunen und gelangen in Wassertröpfchen in die Lunge des Menschen. Nur durch Desinfektionsmittel in relativ hohen Dosen sind sie abzutöten. Allerdings kann ein gut funktionierendes menschliches Immunsystem eine Legionella-Infektion normalerweise in Schach halten; gefährdet sind aber ältere Menschen und Raucher.

    Um als Parasit in den menschlichen Makrophagen zu überleben benötigt das Legionella-Bakterium ein Protein namens "Mip" - diese Abkürzung steht für "Macrophage Infectivity Potentiator". Gelingt es, Wirkstoffe zu finden, die dieses Protein ausschalten, so könnten neue Therapien zur Behandlung der Legionärskrankheit entwickelt werden. Wissenschaftlern in der Abteilung Kristallographie des Instituts für Molekulare Biotechnologie (IMB) am Jenaer Beutenberg-Campus ist es nun unter Leitung von Professor Rolf Hilgenfeld gelungen, "Mip" zu kristallisieren und seine dreidimensionale Struktur in all ihren atomaren Einzelheiten aufzuklären. Dazu setzten sie die Methode der Röntgenstrukturanalyse ein. Den Durchbruch bei dieser komplizierten Arbeit, die mehr als vier Jahre dauerte, erzielte der Engländer Alan Riboldi-Tunnicliffe (30), der bei Professor Hilgenfeld seine Doktorarbeit anfertigte. Dafür erhält er am Montag, den 05. Februar, den Thüringer Grundlagenforschungspreis 2000 aus der Hand von Forschungsministerin Prof. Dagmar Schipanski.

    Grundlage für die jetzt erzielten Ergebnisse ist eine teilweise von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Kooperation zwischen dem IMB, einer Forschergruppe der Max-Planck-Gesellschaft in Halle und dem Institut für Molekulare Infektionsbiologie der Universität Würzburg. Dessen Direktor, Professor Jörg Hacker, wird bei der Preisverleihung die Laudatio für Alan Riboldi-Tunnicliffe halten. Mit der Kristallstruktur von Mip ist man einem Verständnis des Infektionsmechanismus der Legionella-Bakterien ein ganzes Stück näher gekommen. Vor allem aber weiß man jetzt, wie Arzneimittelmoleküle genau aussehen müssen, damit sie das Mip-Protein und damit die Erkrankung wirkungsvoll blockieren können. Den IMB-Forschern ist es bereits gelungen, einen ersten Kandidaten für einen Wirkstoff mit zusammen Mip zu kristallisieren. Da Mip-Proteine auch bei anderen parasitären Bakterien wie z.B. Chlamydien vorkommen, lassen sich mögliche Anwendungen auf die Therapie weiterer Krankheiten ausdehnen. So gibt es etwa Hinweise darauf, dass bestimmten Arten von Chlamydien für die Arteriosklerose und damit letztlich für den Herzinfarkt verantwortlich sind - hier könnten gegen Mip gerichtete neue Arzneimittel einen enormen Effekt haben.

    Das Institut für Molekulare Biotechnologie (IMB) ist Mitglied der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz e.V. (WGL). Der WGL gehören 78 außeruniversitäre Forschungseinrichtungen an, die nachfrageorientiert und interdisziplinär arbeiten. Die Institute sind von überregionaler Bedeutung, betreiben Vorhaben im gesamtstaatlichen Interesse und werden deshalb von Bund und Ländern gemeinsam gefördert.

    Weitere Informationen bei:

    Prof. Dr. Rolf Hilgenfeld
    Tel. (03641)656061
    Fax. (03641)656062
    E-Mail: hilgenfd@imb-jena.de


    Weitere Informationen:

    http://www.imb-jena.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Informationstechnik
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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