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27.02.2001 13:46

Der deutsche Schlager und seine Fans

Sven Pieper Pressestelle
Hochschule Vechta

    Fans sind aus der Welt des deutschen Schlager nicht wegzudenken. Wie aber ist das Verhältnis zwischen Künstler und Fan, welche Erwartungshaltungen bestehen? Wie bewertet ein Schlagerstar seine Rolle? Diese Fragen sind Gegenstand einer empirischen Studie, die der Vechtaer Psychologe Prof. Dr. Martin Schweer jetzt gemeinsam mit Jens Niederhagen vorgestellt hat.

    VECHTA. Aus der Welt des deutschen Schlagers sind sie nicht wegzudenken: die Fans, die sich bei Konzerten und Fernsehaufzeichnungen vor der Bühne einfinden, um von "ihrem" Star ein Autogramm zu erhalten oder Blumen zu überreichen. Wie aber ist das Verhältnis zwischen Künstler und Fan, wie sehen sie sich gegenseitig, welche Erwartungshaltungen bestehen? Wie bewertet ein Schlagerstar seine eigene Rolle? Diese Fragen sind Gegenstand einer empirischen Studie, die der Vechtaer Psychologe Prof. Dr. Martin Schweer jetzt gemeinsam mit Jens Niederhagen vorgestellt hat. Die wichtigsten Ergebnisse sollen in Kürze publiziert werden.

    Im Zentrum der Untersuchung steht das erlebte Vertrauen zwischen Fan und Star. Hierzu wurden qualitative, halb-standardisierte Interviews mit ausgewählten Vertretern der Schlagerszene durchgeführt. In einem zweiten Schritt folgte eine quantitative Fragebogenerhebung innerhalb der Fanclubs einiger der zuvor befragten Schlagerstars.

    Die Untersuchung zeigt, dass Identifikation Vertrauen schaffen kann. So bejaht beinahe die Hälfte der befragten Schlagerfans die Frage "Gibt es Dinge, über die Sie mit Ihrem Star eher sprechen würden als mit Ihrer besten Freundin bzw. Ihrem besten Freund?". Ferner weisen die Anhänger ihren Idolen ähnliche Persönlichkeitsmerkmale zu, wie tatsächlichen guten Freunden. So bindet nicht nur die Musik die Fans an den jeweiligen Schlagersänger, sondern ganz entscheidend auch die diesem zugeschriebene Persönlichkeitsstruktur. Bemerkenswert ist nicht allein die Funktion der Stars als Ansprechpartner für viele ihrer Fans, sondern vor allem die Tatsache, dass es sehr vielen Schlagerhörern offenbar an einer realen Bezugsperson mangelt.

    Sozial weniger gut eingebettete Schlagerfans fühlen sich auffällig oft zu Interpreten hingezogen, die genau jene Werte repräsentieren, welche die Probanden an einer Bezugsperson schätzen; Personen, die in ihrem Umkreis eine Anlaufstelle bei persönlichen Problemen besitzen, werden bei der Wahl "ihres" Stars hiervon weniger beeinflusst.

    Auch die Schlagertexte suggerieren eine Identifikationsbasis, ein "Gefühl des Verstandenseins". Der Schlager spendet Trost, indem er dem Hörer ermöglicht, sich mit dem "einsamen" Star zu identifizieren. Zudem vermitteln viele Schlager Optimismus in schwierigen Lebenssituationen, zeigen scheinbare Auswege und Lösungsmöglichkeiten.

    Für eine bestimmte Klientel der Schlager-Rezipienten kann die Welt des Schlagers im Allgemeinen und ihr spezifischer Star im Besonderen eine Kompensationsfunktion für fehlende menschliche Nähe und zwischenmenschliche Kommunikation haben. Zwar ist ein Schlagerstar immer nur ein unzureichender - weil prinzipiell imaginärer - Ersatz für einen vertrauensvollen Gesprächspartner, trotzdem, das hat die Untersuchung gezeigt, besitzen der deutsche Schlager und seine Stars für viele Anhänger eine nicht zu unterschätzende soziale Funktion, die die Bedeutung von Vertrauen für den Starkult in einer so bislang kaum vermuteten Dimension aufzeigt.

    Kontakt: Prof. Dr. Martin Schweer, Tel. (04441) 15534,
    martin.schweer@cityweb.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Kunst / Design, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Musik / Theater, Psychologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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