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28.02.2001 09:11

Jenaer Physiker schmelzen ohne Hitze

Susanne Liedtke Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Den Jenaern Physikern Prof. Dr. Eckhart Förster und Dr. Ingo Uschmann ist es gelungen, die Oberfläche eines Kristalls allein durch die elektromagnetische Energie eines extrem schnell gepulsten Lasers zu schmelzen, noch bevor Hitze einwirken konnte.

    Bitte beachten Sie die Sperrfrist: 28. Februar 2001, 20 Uhr

    Jena (28.02.01) Eine weniger als einen tausendstel Millimeter dicke Schicht des Kristalls schmolz unter dem Laserstrahl, bevor sie sich erhitzen konnte. "Bisher wusste man nicht eindeutig, dass es so etwas wie eine solche nichtthermische, also nicht durch Temperaturerhöhung verursachte Schmelze überhaupt gibt", hebt Förster hervor. Die Ergebnisse der Arbeiten werden in der morgigen Ausgabe des renommierten Wissenschaftsmagazins "Nature" erscheinen.

    Förster, Leiter der Abteilung Röntgenoptik der Friedrich-Schiller-Universität, arbeitet mit seinem Team bereits seit 15 Jahren mit Lasern, die extrem kurze Impulse aussenden. Inzwischen haben die Jenaer Physiker sich bis zu Pulsdauern von 100 bis 200 Femtosekunden heruntergearbeitet - diese Zeit ist kürzer als der Billionste Teil einer Sekunde (10-12). Dass ein so kurzer Impuls bereits ausreicht, um die Atome an der Kristalloberfläche in Bewegung, und damit das Material zum Schmelzen zu bringen, überraschte selbst die Experten. Eine Hitzentwicklung findet erst nach etwa zehn Picosekunden, also nach zehn Billionstel Sekunden, statt.

    Um die nichtthermische Schmelze überhaupt sichtbar machen zu können, griffen die Physiker zu einem Trick: Einen Teil des Laserstrahls wandelten sie zum Beobachten des Effektes in Röntgenstrahlen um. Diese ließen sie auf den selben Kristall treffen, auf den sie den anderen Teil des Lasers direkt gelenkt hatten, wobei die Auftreffzeiten einstellbar sind. Der zweite Laserstrahl veränderte durch seine hohe Leistung die Struktur der Kristalloberfläche. "Mit Hilfe der Röntgenstrahlen können wir die Bewegung der Atome sichtbar machen, während mit normalem Licht nur die Darstellung optischer Veränderungen möglich ist", beschreibt Ingo Uschmann die Vorteile des Verfahrens.

    Herzstücke des Versuchsaufbaus sind die dabei verwendeten gebogenen Kristalle, mit denen die Röntgenstrahlung auf den zu schmelzenden Kristall geleitet wird. Für das jetzt in "Nature" beschriebene Experiment verwendeten die Jenaer Wissenschaftler einen Quarzkristall, aus dem sie in mühevoller Handarbeit einen maßgeschneiderten Röntgenspiegel angefertigt hatten. Dazu brachten sie eine 0,07 mm dünne Scheibe des Kristalls auf einen gebogenenTräger aus Messing auf. Der Krümmungsradius musste dabei exakt stimmen, um das erwünschte Versuchsergebniss zu erzielen. "Wir sind weltweit die einzige Gruppe, die solche Kristall-Werkstücke mit der erforderlichen Präzision herstellen kann", betont Eckhart Förster.

    Interessant sind ihre Arbeiten vor allem für viele andere Forschungsgebiete in der Chemie, der Physik und auch der Strukturbiologie: "Mit derartig kurz gepulsten Laser- und Röntgenstrahlen kann man quasi in Zeitlupe ultraschnelle Prozesse in der Natur beobachten", so Eckhart Förster. Eine technische Anwendung ihrer Ergebnisse ist nach Ansicht von Förster und Uschmann noch nicht unmittelbar absehbar, aber zum Beispiel in der Halbleitertechnologie möglich.

    Aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung sind die Jenaer Physiker mit ihrer Gruppe international gefragte Partner. Die Versuche zur vorliegenden Veröffentlichung haben sie mit französischen und dänischen Kollegen an einer Großforschungsanlage im französischen Palaiseau durchgeführt. Inzwischen verfügt aber das Institut für Optik und Quantenelektronik der Friedrich-Schiller-Universität im Labor von Prof. Dr. Roland Sauerbrey, Dr. Thomas Feurer und Andreas Morack selbst über die entsprechende technische Ausstattung. "Wir erreichen kürzere Impulszeiten als Großforschungseinrichtungen", sagt Förster, "damit bestimmen wir die Weltspitze." Er und seine Kollegen sind in zahlreichen Netzwerken aktiv, so in den EU-geförderten Programmen FAMTO ("Ultra Fast Atomic Movie Tools") und XPOSE ("X-ray Probing of Structural Evolution of Matter").

    Ansprechpartner:
    Prof. Dr. Eckhart Förster
    Forschungsgruppe Röntgenoptik
    Tel.: 03641/ 9 47261
    Fax: 9 47262
    E-Mail: eckhart.foerster@uni-jena.de
    Sie finden den Artikel unter http://www.nature.com

    Susanne Liedtke
    Friedrich Schiller Universität
    Referat Öffentlichkeitsarbeit
    Fürstengraben 1
    07743 Jena
    Tel: 03641/ 93 10 40
    Fax: 03641/ 93 10 42
    E-mail: Susanne.Liedtke@uni-jena.de


    Weitere Informationen:

    http://xro.physik.uni-jena.de/


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Mathematik, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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