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31.03.2009 11:15

Land mit Aussicht

Dr. Margret Karsch Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung

    Eine Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung zeigt, was sich aus dem wirtschaftlichen und demografischen Erfolg des Oldenburger Münsterlandes lernen lässt.

    Viele ländliche Regionen in Deutschland spüren die Folgen des demografischen Wandels. Sie sind geprägt durch niedrige Geburtenzahlen, die Abwanderung vor allem junger, gut gebildeter Menschen und die daraus resultierende beschleunigte Alterung der Bevölkerung. Der Wirtschaft mangelt es an Arbeit und Investitionen, was zu erhöhter Arbeitslosigkeit führt.

    Eine klare Ausnahme von der Regel bildet das Oldenburger Münsterland im westlichen Niedersachsen, das aus den beiden Landkreisen Cloppenburg und Vechta besteht. Die Kinderzahlen erreichen dort deutschlandweite Spitzenwerte, die Arbeitslosigkeit liegt drei Prozentpunkte unter dem Bundesmittel und das Wirtschaftswachstum dreifach darüber.

    Wie kommt es zu dieser positiven Entwicklung einer ländlichen Region? Welche Einflussfaktoren stehen hinter dem Erfolg? Verbirgt sich dahinter womöglich sogar ein Erfolgsmodell, welches sich auf andere ländliche Regionen übertragen lässt? Diesen Fragen ist das Berlin-Institut mit Datenanalysen, Interviews und einer Bevölkerungsbefragung nachgegangen.

    Hinter dem Erfolg steht zum einen die Geschichte der Region: Bis ins 20. Jahrhundert war das Gebiet bettelarm und durch weite Moorlandschaften vom Umland abgeschnitten. Als katholische Minderheit in einem protestantischen Umfeld waren die Menschen auch vom Glauben her isoliert. Sie waren lange auf sich selbst gestellt und auf Solidarität angewiesen. Aus der Zusammenarbeit im kleinen Kreis - Familie, Nachbarschaft, Dorfgemeinschaft - erwuchsen soziale und wirtschaftliche Netzwerke, die bis heute Bestand haben.

    Die späte Entwicklung von der Agrar- zu einer modernen Gesellschaft hat sich dabei als Vorteil entpuppt, wie die Befragung des Berlin-Instituts zeigt: Alte Werte wie Familie und Bodenständigkeit, Heimat und Ehrenamt, Vereinsleben und Religion haben hier länger überlebt als anderenorts. Mittlerweile gelten diese Werte, gerade angesichts des demografischen Wandels, als die neuen Mittel gegen gesellschaftliche Defizite.

    Auf Basis der kleinräumigen sozialen und wirtschaftlichen Netzwerke, gegründet auf Familienbetrieben, ist ein außerordentlich erfolgreicher und innovativer Mittelstand erwachsen, in dem heute zahlreiche weltweit agierende Unternehmen zu finden sind. So ist es gelungen, in der Landwirtschaft und den angrenzenden Branchen sind rund 30 Prozent aller Beschäftigten tätig. Die Oldenburger Münsterländer leben dabei nicht von der landwirtschaftlichen Primärproduktion, sondern von hunderten vor- und nachgelagerten Betrieben einer geschlossenen Wertschöpfungskette, die Futtermittelproduktion und Viehzucht, Schlachthöfe und Fleischverarbeitung, Maschinenbau und Verpackungsindustrie, Düngemittel- und Pharmaindustrie nebst den entsprechenden Dienstleistungssektoren umfasst. Die Region wird mittlerweile als "Silicon Valley der Agrartechnologie" bezeichnet.

    Die Analyse der Region erlaubt wichtige Aussagen über die Zukunftsfähigkeit ländlicher Räume in einer insgesamt schrumpfenden Gesellschaft. Chancen auf eine nachhaltige demografische und wirtschaftliche Entwicklung haben vermutlich nur Gebiete, die über besondere endogene Potenziale verfügen: über attraktive Naturräume mit touristischen Reizen, eine besonders wertschöpfende Landwirtschaft oder neue Wirtschaftszweige, die nicht auf die unmittelbare Nähe zu Metropolen angewiesen sind.

    Vor allem aber brauchen diese ländlichen Regionen aktive, kreative und selbstbewusste Bürgerinnen und Bürger mit neuen Ideen. Weit mehr als urbane Zentren, die ihre Bewohner einfacher und preiswerter mit öffentlichen Leistungen versorgen können, sind ländliche Räume auf Bürger angewiesen, die es schaffen, wirtschaftliche und soziale Belange miteinander zu verknüpfen. Die Erkenntnis, dass eine Entwicklung im ländlichen Raum ohne das Engagement der eigenen Bürger unmöglich ist, könnte mehr Klarheit schaffen, welche Regionen in Deutschland überhaupt in der Lage sind, eine wirtschaftliche und demografische Stabilität zu erreichen.

    Die Studie wurde unterstützt von der Gerda Henkel Stiftung und der HeidelbergCement AG.

    Für Fragen und Interviews stehen Ihnen Dr. Reiner Klingholz, Direktor des Berlin-Instituts, unter 0 30 - 31 01 75 60 sowie Marie-Luise Glander und Iris Hoßmann, Wissenschaftliche Mitarbeiterinnen, unter 0 30 - 31 01 68 35 zur Verfügung.


    Weitere Informationen:

    http://www.berlin-institut.org/studien/land-mit-aussicht.html
    http://www.berlin-institut.org/fileadmin/user_upload/Land-mit_Aussicht/LmA_final... - Download der kompletten Studie


    Bilder

    Im Jahre 2007 hatten die Frauen im bundesdeutschen Mittel 1,37 Kinder, doch gibt es viele Ausreißer, betrachtet man die Kreisebene. Spitzenreiter ist das Oldenburger Münsterland mit den Landkreisen Cloppenburg und Vechta im westlichen Niedersachsen. Dort bekommen die Frauen im Schnitt 1,74 respektive 1,57 Kinder. Schlusslichter bilden die Kreise wie Passau, Würzburg und Heidelberg mit weniger als einem Kind pro Frau.
    Im Jahre 2007 hatten die Frauen im bundesdeutschen Mittel 1,37 Kinder, doch gibt es viele Ausreißer, ...
    Iris Hoßmann/Jörg Scholz
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    Je religiöser die Oldenburger Münsterländer sich einschätzen, desto mehr Kinder bekommen sie. Der gleiche Trend ist deutschlandweit zu beobachten. Steigt die Kinderzahl über zwei, gehen die Menschen auch deutlich häufiger in die Kirche - oder umgekehrt.
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    Iris Hoßmann/Jörg Scholz
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Politik, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Im Jahre 2007 hatten die Frauen im bundesdeutschen Mittel 1,37 Kinder, doch gibt es viele Ausreißer, betrachtet man die Kreisebene. Spitzenreiter ist das Oldenburger Münsterland mit den Landkreisen Cloppenburg und Vechta im westlichen Niedersachsen. Dort bekommen die Frauen im Schnitt 1,74 respektive 1,57 Kinder. Schlusslichter bilden die Kreise wie Passau, Würzburg und Heidelberg mit weniger als einem Kind pro Frau.


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    Je religiöser die Oldenburger Münsterländer sich einschätzen, desto mehr Kinder bekommen sie. Der gleiche Trend ist deutschlandweit zu beobachten. Steigt die Kinderzahl über zwei, gehen die Menschen auch deutlich häufiger in die Kirche - oder umgekehrt.


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