Bislang war die orthopädische Lehre eine Männerdomäne, doch das ändert sich jetzt. Als zweite Lehrstuhlinhaberin eines orthopädischen Lehrstuhls in Deutschland trat Prof. Meurer am 1. März ihr Amt an.
Seit Anfang März hat die Klinik für Spezielle Orthopädie und Orthopädische Chirurgie an der Orthopädischen Universitätsklinik Friedrichsheim eine neue Direktorin. Prof. Dr. Andrea
Meurer (42) leitet nun die Klinik im Friedrichsheim, das dem Klinikum der J.W. Goethe-Universität Frankfurt am Main angeschlossen ist. Prof. Meurer ist außerdem neue Ordinaria des Lehrstuhls für Orthopädie.
Volkskrankheiten wie die Arthrose, eine Gelenkentzündung, können eine Prothese medizinisch notwendig machen. Bekannt sind vor allem Hüftprothesen. Von ihnen werden allein in Deutschland jährlich 150.000 bis 200.000 implantiert - eine maximale medizinische Versorgung können hier insbesondere orthopädische Universitätskliniken wie das Friedrichsheim bieten. Durch die Verknüpfung von Krankenversorgung, Forschung und Lehre können die Patienten dort stets nach den neuesten, wissenschaftlich erforschten Methoden behandelt werden. Die Orthopädische Universitätsklinik Friedrichsheim ist eine der größten orthopädischen Kliniken in Deutschland und bietet das gesamte Spektrum orthopädischer Diagnostik und Therapie an. Sie wurde im November 2007 in Form einer gemeinnützigen GmbH von der Stiftung Friedrichsheim an das Frankfurter Universitätsklinikum und die
Goethe-Universität übergeben. Beide nehmen seitdem die betriebswirtschaftliche Verantwortung für die Orthopädische Universitätsklinik wahr. Im Zuge dieser Zusammenführung entwickelte sich auch eine immer engere Zusammenarbeit der orthopädischen Universitätsklinik mit der Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie am Universitätsklinikum. Es konnte bis heute eine enge Verzahnung dieser Bereiche erreicht werden, so dass sowohl am Uniklinikum als auch am Friedrichsheim das gesamte Spektrum der Unfallchirurgie auf höchstem Niveau angeboten wird.
Forschungs- und Behandlungsschwerpunkte der Klinik für Spezielle Orthopädie und Orthopädische Chirurgie sind u.a. Gelenkerkrankungen und Wechseloperationen. Letztere werden bei implantierten Prothesen nötig, die sich durch Knochenverschleiß lockern und ausgewechselt werden müssen. Diese sogenannte Revisionsendoprothetik umfasst eine Überprüfung von Prothesen und deren eventuell nötigen Wechsel, denn Kunstglieder haben zwar eine lange, jedoch meist keine unbegrenzte Lebensdauer.
Eine Revisionsendoprothetik ist ein schwerer und komplizierter Eingriff. Meist wird sie bei älteren und vorerkrankten Patienten nötig. Umso wichtiger ist eine optimale Rundumversorgung der Betroffenen. Am Frankfurter Uniklinikum und dem Friedrichsheim, Häusern der Maximalversorgung, sind diese bestens versorgt. Neueste Forschungsergebnisse fließen durch die Verknüpfung von Forschung und medizinischer Versorgung in optimale Behandlungsmethoden ein.
"Somit bieten wir unseren Patienten einen erheblichen Vorteil in der Behandlung, den Prof. Meurer zusätzlich stärken wird. Wir haben mit unserer neuen Kollegin einen wahren Glücksgriff getan, denn sie möchte die Bereiche Endoprothetik und Revisionsendoprothetik an ihrer Klinik ausbauen", erläutert Prof. Dr. Ingo Marzi, Ärztlicher Direktor des Friedrichheims, die Berufung der neuen Klinikdirektorin.
"Ganz besonders freuen wir uns darüber, dass mit Prof. Meurers Ruf nach Frankfurt eine Männerdomäne aufgebrochen wird. Denn sie ist nach ihrer Kollegin am Universitätsklinikum Gießen-Marburg die zweite Frau in Deutschland, die einen Lehrstuhl für Orthopädie innehat", berichtet der Dekan des Fachbereichs Medizin, Prof. Dr. Josef Pfeilschifter.
"Friedrichsheim ist für mich ein Lebenstraum"
Vor ihrem Start in Frankfurt war Prof. Meurer leitende Oberärztin der Orthopädischen Klinik und Poliklinik des Universitätsklinikums Mainz sowie Chefärztin der Vulpius Klinik in Bad Rappenau. Mit ihrer neuen beruflichen Herausforderung an der Frankfurter Orthopädischen Universitätsklinik geht für die Medizinerin so etwas wie ein Lebenstraum in Erfüllung. "Das Friedrichsheim ist eines der größten akademischen Orthopädiezentren Deutschlands, das über die Grenzen Frankfurts hinaus bekannt ist. Hier zu arbeiten, macht mich deshalb sehr stolz", erklärt die Ärztin. Eine eindeutige Entscheidung also für Frankfurt, die sicherlich dadurch vereinfacht wurde, dass Prof. Meurer ohnehin im Rhein-Main-Gebiet zu Hause ist, war sie doch zuvor viele Jahre in Mainz beschäftigt.
Expertin mit Forschungsschwerpunkten Zellkulturforschung und Bewegungsanalyse
Zwei Schwerpunkte prägen die Forschungsinteressen von Prof. Meurer ganz besonders. Dies ist zum einen die Zellkulturforschung, die am Friedrichsheim bereits etabliert ist. Die Orthopädin beabsichtigt, diesen Forschungsschwerpunkt an der Klinik weiter auszubauen und zu stärken.
Ein weiterer Schwerpunkt sind die Biomechanik, die sich mit Funktionen und Strukturen des Bewegungsapparates befasst, und die damit zusammenhängende instrumentierte Bewegungsanalyse. Auch für diese Gebiete strebt Prof. Meurer eine Erweiterung in ihrer Klinik an. Neben Grundlagenforschung sollen hier das Patientenmonitoring - die Begutachtung des Patienten vor und nach einer OP - und die Dokumentation von Operationserfolgen etabliert werden. So wird bei Patienten mit einem künstlichen Gelenk vor und nach der Operation eine Bewegungsanalyse durchgeführt, die den Ärzten zeigt, wo Muskelschwächen vorhanden sind oder Bewegungsabläufe noch nicht reibungslos funktionieren. Dort können die Orthopäden mit ihren Behandlungsmethoden ansetzen.
Bereits vor zehn Jahren beschäftigte sich die neue Direktorin in ihrer Habilitation mit der Bewegungsanalyse. Sie untersuchte dazu normale und krankhaft veränderte Gehbewegungen des Menschen und habilitierte sich mit ihrer Arbeit 1999 an der Universität Mainz. In der Fortsetzung ihrer Forschungen auf dem Gebiet der menschlichen Gehbewegungen verfasste Prof. Meurer das Buch "Elektromyographie und Goniometrie der menschlichen Gehbewegung" und erhielt dafür 2002 den Konrad Biesalski-Preis der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie.
Weitere Preise, Auszeichnungen und Zusatzqualifikationen vervollständigen Prof. Meurers Profil als Orthopädieexpertin. Neben ihrer ärztlichen Tätigkeit organisierte die Medizinerin zahlreiche wissenschaftliche Tagungen, wie beispielsweise 2004 das Parabelfluggespräch. Hintergrund war - im Rahmen von Prof. Meurers Tätigkeit innerhalb einer großen Arbeitsgruppe am Universitätsklinikum Mainz - eine Zusammenarbeit mit der DLR (Deutsche Luft- und Raumfahrtgesellschaft). Ziel der Kooperation war es, die Muskelrückbildung von Raumfahrern zu untersuchen und ein Trainingssystem zu entwickeln, das diese Muskeldefizite verhindert. Um Messungen am menschlichen Körper in der Schwerelosigkeit vornehmen zu können, hatte die Forschergruppe um Prof. Meurer die Möglichkeit, an sogenannten Parabelflügen teilzunehmen. Dabei handelt es sich um Flugmanöver, bei denen das Flugzeug die Bahn einer Parabel fliegt und für kurze Zeit Schwerelosigkeit erreicht werden kann.
Zwar übernimmt die Orthopädin mit ihrem Start am Friedrichsheim ein für sie neues Amt, nämlich das der Lehrstuhlinhaberin für Orthopädie, doch war Prof. Meurer schon vorher lehrend sehr aktiv. An der Mainzer Orthopädischen Universitätsklinik war sie Unterrichtsbeauftragte und übernahm regelmäßig die Durchführung der Hauptvorlesung und des orthopädischen Praktikums. Neben weiteren Ausbildungseinheiten unterrichtete Prof. Meurer auch Sportstudierende im Fach Orthopädie.
Zukunftspläne: Stärkung von Kinder- und Tumororthopädie
In Zukunft möchte die neu berufene Professorin die Endoprothetik, den künstlichen Gelenkersatz, als Schwerpunkt der Klinik für Spezielle Orthopädie und Orthopädische Chirurgie weiterführen. Das Besondere dabei ist, dass Prof. Meurers Klinik den Gelenkersatz sowie die Wechseloperationen bei Kunstgelenkversagen für alle Körpergelenke anbietet. Neben Standardverfahren werden dabei auch neue, minimal-invasive Techniken angewandt.
Außerdem plant die Orthopädin die Schwerpunkte Zellkulturforschung, Biomechanik und Bewegungsanalyse auszubauen. Als konkrete Ziele für die Zellkulturforschung nennt Prof. Meurer die Etablierung von Methoden, die den Knorpel und große knöcherne Defekte ersetzen. In der am Friedrichsheim bereits gut etablierten Tumorforschung möchte sich die Orthopädin v.a. für den Erhalt von Gliedmaßen einsetzen: "Amputationen aufgrund einer Tumorerkrankung kommen leider immer noch häufig vor und genau die wollen wir vermeiden", erklärt Prof. Meurer. In der Biomechanik und Bewegungsanalyse sind bereits erste konkrete Schritte in Richtung Ausbau getan. Das Friedrichsheim richtet derzeit ein neues Analyselabor ein, wo Grundlagen- und weiterführende Forschung betrieben werden können.
Als weiteres Ziel formuliert Prof. Meurer die Stärkung der Kinderorthopädie, die ihr ganz besonders am Herzen liegt. Als Vorstandsmitglied engagiert sich Prof. Meurer auch in der Deutschsprachigen Vereinigung für Kinderorthopädie.
Für die Lehre hat sich Deutschlands zweite orthopädische Ordinaria vorgenommen, die Studierenden in möglichst kleinen Gruppen direkt am Patienten zu schulen. "Nur so können wir eine gute Ausbildung der jungen Nachwuchsmediziner gewährleisten, weil man sich als Lehrkraft den individuellen Fragen der Studierenden widmen kann", so die Professorin.
Frankfurt am Main, 3. April 2009
Für weitere Informationen:
Prof. Dr. Andrea Meurer
Direktorin der Klinik für Spezielle Orthopädie und Orthopädische Chirurgie
Orthopädische Universitätsklinik Friedrichsheim gGmbH
Fon: (069) 67 05 - 225
Fax: (069) 67 05 - 375
E-Mail: a.meurer@friedrichsheim.de
Internet: www.orthopaedische-uniklinik.de
Ricarda Wessinghage
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Klinikum der J.W. Goethe-Universität Frankfurt am Main
Fon: (0 69) 63 01 - 77 64
Fax: (0 69) 63 01 - 8 32 22
E-Mail: ricarda.wessinghage@kgu.de
Internet: www.kgu.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Medizin
überregional
Personalia
Deutsch
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