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07.03.2001 15:42

Parkinson-Syndrom erkennen und behandeln

Dr. Josef König Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    Forscher haben mutierte Gene und toxische Faktoren als mögliche Ursachen ausgemacht, neue Medikamente sind auf dem Markt, die Einpflanzung von Elektroden ins Gehirn des Patienten verspricht eine Besserung der Symptome. Darüber diskutieren Wissenschaftler aus dem In- und Ausland in Bochum an der RUB noch bis Samstag auf dem 2. Parkinson-Kongress.

    Bochum, 07.03.2001
    Nr. 63

    Parkinson-Syndrom erkennen und behandeln
    Neue Medikamente, OP-Techniken und Diagnosemethoden
    Mögliche Ursache: Genetische und toxische Faktoren

    Im Jahr 1817 hat James Parkinson die Schüttellähmung erstmals als einheitliches Krankheitsbild des nach ihm benannten Syndroms beschrieben. Noch immer ist die Ursache der Krankheit weitgehend unbekannt, die Diagnose schwierig. Aber es hat sich viel getan: Forscher haben mutierte Gene und toxische Faktoren als mögliche Ursachen ausgemacht, neue Medikamente sind auf dem Markt, die Einpflanzung von Elektroden ins Gehirn des Patienten verspricht eine Besserung der Symptome. Darüber diskutieren Wissenschaftler aus dem In- und Ausland in Bochum an der RUB noch bis Samstag auf dem 2. Parkinson-Kongress.

    Mutierte Gene bei jungen Patienten

    Besonders aus der genetischen Forschung kamen in den letzten Jahren wegweisende Antworten auf die Frage nach der Ursache der Parkinson-Krankheit. Durch die molekulargenetische Untersuchung von Familien, in denen die Krankheit vererbt wird, gelang die Identifizierung von Genen, deren Mutation sie auslösen kann. Die meisten erblichen Parkinsonfälle werden durch Mutationen im Parkin-Gen verursacht und betreffen etwa jeden fünften Patienten, der vor seinem 45. Lebensjahr erkrankt. Dieses Gen spielt eine Rolle beim Eiweiß-Abbau innerhalb der Nervenzelle. Es ergeben sich somit immer mehr Hinweise auf eine gesteigerte Eiweißablagerung und einen gestörten Eiweißabbau im Gehirn als mögliche Ursache für den Untergang von Nervenzellen bei Parkinsonpatienten.

    Auch Umweltgifte können Übeltäter sein

    Ohne Zweifel sind jedoch auch andere Faktoren an der Entstehung der Parkinson-Krankheit beteiligt; bei Patienten, die in einem Alter von über 50 Jahren erkranken, spielen insbesondere Neurotoxine vermutlich eine Rolle. Hierbei handelt es sich um Umweltgifte oder Substanzen, die der Körper selbst bildet. In Verdacht sind sie geraten, als das Parkinson-Syndrom bei Heroinabhängigen beobachtet wurde, die sich versehentlich den Heroinabkömmling MPTP gespritzt hatten. Diese Substanz stört vor allem die Zellatmung. In den letzten Jahren haben Forscher eine ganze Reihe von Umweltgiften, allen voran Pestizide und Herbizide, entdeckt, die ebenfalls diese Wirkung haben und möglicherweise zu Parkinson führen können. Aber auch Stoffe, die über die Nahrung in den Körper gelangen oder Stoffe, die durch sogenannte Methylierungsenzyme vom Körper selbst in toxische Substanzen umgewandelt werden, stehen im Verdacht, Parkinson auslösen zu können. Möglicherweise sind im Alter diese Enzyme überaktiv, so dass Substanzen, die in der Jugend ungefährlich sind, im Alter toxische Wirkung entfalten können.

    Fechten kann helfen

    Neben motorischen Symptomen wie Muskelsteifheit, einer Verlangsamung der Bewegungen und der Schüttellähmung leiden Parkinson-Patienten häufig auch unter Störungen der Sinneswahrnehmung wie Riech- und Sehstörungen, unter psychischen Störungen wie Depressionen und unter Gedächtnisstörungen. Ehrgeiz der Mediziner ist es hier, die Lebensqualität der Patienten zu steigern und zu erhalten. Neue therapeutische Verfahren sind besonders rehabilitative Trainingsmethoden zur Verbesserung dieser Symptome. Auch alternative Möglichkeiten werden diskutiert, z. B. eine Therapie durch Fechten.

    Neue bildgebende Verfahren

    Die Diagnose der Parkinson-Krankheit erleichtern neue bildgebende Verfahren. Neben der seit längerem bekannten Positronen-Emissions-Tomographie hat besonders die Entwicklung des chemisch umgewandelten Kokains 123 Jodbeta-CIT, eines neuen Radioliganden für die Single-Photon-Emissions-Tomographie, einen Fortschritt gebracht. Das Verfahren wird unter dem Namen "DaTSCAN" beim Kongress erstmals vorgestellt. Außerdem hat eine Würzburger Arbeitsgruppe ein neues Ultraschallverfahren entwickelt, mit dessen Hilfe schon vor Ausbrechen der Krankheit Veränderungen im Gehirn nachgewiesen werden können. Das Verfahren ist schonend und einfach anzuwenden und wird es in Zukunft vielleicht ermöglichen, Symptome bereits vor ihrem Ausbrechen zu behandeln und so zu verhindern.

    Vor- und Nachteile von Therapien

    Besonderes Gewicht liegt beim Kongress auf der medikamentösen und operativen Therapie der Parkinson-Krankheit. Neue Medikamente, vor allem Dopaminagonisten wie Ropinirol, Pramiexol sowie andersartig wirkende Substanzen wie z.B. Budipin wirken sich positiv auf die motorischen Symptome aus. Jedoch muss der Arzt auch Nebenwirkungen wie Müdigkeit und Schlafattacken berücksichtigen, die z.B. beim Autofahren gefährlich sein können. Andere Medikamente wie L-Dopa, die den Zellmetabolismus verbessern, stehen in Verdacht, womöglich selbst indirekt neurotoxisch zu wirken. Ziel einer zukünftigen Therapie wird es sein, dieses Risiko auszuschließen. Neben der medikamentösen Therapie haben in den letzten Jahren auch operative Verfahren zur Parkinson-Behandlung von sich reden gemacht. Als wirksam gegen die Symptome erwies sich insbesondere die Hochfrequenzstimulation, für die dem Patienten ein bis zwei Elektroden ins Gehirn implantiert werden, die unter der Haut mit einem Impulsgerator verbunden sind, der seinerseits in der Nähe des Schlüsselbeins implantiert wird. Auch die Transplantation von menschlichem fötalen Mittelhirngewebe, die in Deutschland verboten ist, hat einiges Aufsehen erregt. In wieweit die Patienten von der Erforschung von Stammzellen im Ausland profitieren werden, bleibt abzuwarten.

    Weitere Informationen

    Prof. Dr. Wilfried Kuhn, Neurologische Universitätsklinik der Ruhr-Universität im St. Josef-Hospital, Gudrunstr. 56, 44791 Bochum, Tel. 0234/509-1, Fax: 0234/509-2414


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Informationstechnik, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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