Wissenschaftlern des Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC) Berlin-Buch ist es gelungen, ein von ihnen entwickeltes springendes Gen (Transposon) aktiver zu machen. Sie hoffen mit "Dornröschen", wie sie es nennen, ein verbessertes Werkzeug für die Gentherapie zur Verfügung zu haben. "Das neue Transposonsystem ist mit einer noch nie dagewesenen Effizienz in der Lage, Gene in Zellen einzuschleusen und stabil in deren Erbanlagen einzubauen", betonen Dr. Lajos Mátés, Dr. Zsuzsanna Izsvák und Dr. Zoltán Ivics. Die Forschungsarbeit ist zusammen mit Wissenschaftlern der Katholischen Universität Löwen, Belgien entstanden (Nature Genetics, doi: 10.1038/ng.343).*
Transposons sind molekulare Parasiten, die sich in Genomen vermehren. Gleichzeitig sorgen sie dafür, dass sich das Genom im Laufe der Evolution verändern kann. Genetische Veränderungen haben jedoch die große Mehrheit der Transposons inaktiv gemacht. Aus Fischtransposons, die vermutlich vor rund 20 Millionen Jahren aktiv gewesen waren, gelang es Dr. Ivics und Dr. Izsvák vor über zehn Jahren ein springendes Gen "wiederzubeleben". Sie nannten es in Anlehnung an das Grimm`sche Märchen "Dornröschen" (Sleeping Beauty), weil sie es nach langem Schlaf aufgeweckt hatten. Mit dem neuen Werkzeug konnten die Forscher Gene in Zellen von Wirbeltieren schleusen, doch blieb die Effektivität dieser springenden Gene eingeschränkt. Das galt besonders dann, wenn sie versuchten, Gene in Stammzellen zu schleusen.
Aktivität um das Hundertfache gesteigert
Sie lösten dieses Problem, indem sie die genetische Bauanleitung des Transposons leicht veränderten. Damit konnten sie die Aktivität Dornröschens um das Hundertfache steigern. Jetzt findet ein in eine Zelle eingebrachtes Gen eher seinen Weg in das Genom. "Unser hyperaktives Dornröschen ist sicherer, leichter und günstiger als jede andere bisherige Methode", sagt Dr. Izsvák.
Bislang setzen Forscher vor allem entschärfte Viren ein, um Gene in Zellen einzubringen. Aber auch nicht virale Techniken wurden erprobt. Diese Methoden sind jedoch entweder zu gefährlich oder zu ineffizient, um eine breite Anwendung in der Gentherapie zu finden. Versuche mit dem neuen Transposon "Dornröschen" in Mäusen zeigten dagegen nach Angaben der Forscher, dass eingeschleuste Gene (Transgene) sicher in das Erbgut der Zielzelle gelangen und dort stabil eingebaut werden. Auch nach einem Jahr waren die Gene in den Mäusen aktiv.
Die MDC-Wissenschaftler hoffen, dass ihr neues Werkzeug zum Standardinstrument für den Gentransfer wird. "Eine erste klinische Studie mit dem von uns entwickelten Transposon soll noch in diesem Jahr in den USA starten", sagt Dr. Ivics. Dornröschen soll dort nach seinen Angaben ein therapeutisches Gen in isolierte Abwehrzellen (T-Zellen) einbringen, die für die Therapie von Patienten mit B-Zell-Lymphomen, bösartigen Tumoren des Lymphgewebes, eingesetzt werden.
Die Arbeit entstand im Rahmen eines von der Europäischen Union geförderten Projekts. Zusammen mit neun Partnern aus insgesamt sieben EU-Ländern suchen die MDC-Forscher nach neuen, nicht viralen Techniken für die Gentherapie. Die Koordination des Projekts hat das MDC.
*Molecular Evolution of a Novel Hyperactive Sleeping Beauty Transposase Enables Robust Stable Gene Transfer in Vertebrates
Lajos Mátés1,*, Marinee K. L. Chuah2,*, Eyayu Belay2, Boris Jerchow1, Namitha Manoj1, Abel Acosta-Sanchez2 , Dawid P. Grzela1, Andrea Schmitt1, Katja Becker1, Janka Matrai2, Ling Ma2, , Esmira Samara-Kuko2, Cony Gysemans5, Diana Pryputniewicz1, Csaba Miskey1, Bradley Fletcher3, Thierry VandenDriessche2, Zoltán Ivics1 and Zsuzsanna Izsvák1,4
* Contributed equally
1 Max Delbrück Center for Molecular Medicine, Berlin, Germany
2 Flanders Institute for Biotechnology (VIB), Vesalius Research Center, University of Leuven, Leuven, Belgium
3 Department of Pharmacology and Therapeutics, University of Florida, College of Medicine, Gainesville, FL 32610-0267, USA.
4 Institute of Biochemistry, Biological Research Center of the Hungarian Academy of Sciences, Szeged, Hungary
5 Department of Experimental Medicine, Laboratory for Experimental Transplantation, University of Leuven, Belgium
Barbara Bachtler
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Chemie, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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