Leipzig - Bei Operationen benötigen Patienten häufig Medikamente zur Entspannung der Muskeln. Diese sogenannten Muskelrelaxanzien erleichtern zum Beispiel das Einführen eines Tubus in die Luftröhre zur kontrollierten Beatmung während der Narkose und schaffen zuverlässig gute Operations¬bedingungen. Viele dieser Medikamente wirken jedoch über das Ende der Narkose hinaus. Atem- und Schluckstörungen sind mögliche Folgen. Ein neuer Wirkstoff kann eine Muskelblockade nun innerhalb weniger Minuten schneller und effektiver als bisher zur Verfügung stehende Medikamente aufheben.
Auf Strategien zur Vermeidung von Restblockaden am Ende einer Operation weist die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) anlässlich des bevorstehenden Deutschen Anästhesiecongresses (DAC) hin. Dieser findet vom 9. bis 12. Mai 2009 in Leipzig statt.
Die sogenannte neuromuskuläre Restblockade - auch postoperative Restcurarisierung (PORC) genannt - bezeichnet einen Zustand, bei dem Patienten nach einer Voll¬narkose die Kontrolle über ihre Muskeln noch nicht vollständig zurückgewonnen haben. Probleme ergeben sich hierbei besonders dadurch, dass vor allem empfindliche Muskeln wie die des Rachens geschwächt sein können. "Der Patient ist in dieser Situation besonders durch eine beeinträchtigte Funktion des oberen Atemweges sowie durch Schluckstörungen gefährdet", erklärt Professor Dr. med. Gabriele Nöldge-Schomburg, Direktorin der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie und Intensiv¬therapie am Universitätsklinikum Rostock im Vorfeld des DAC. "Außerdem werden Restblockaden von unseren Patienten als unangenehm empfunden." Studien hätten gezeigt, dass durch eine PORC das Risiko, im Rahmen von Operationen narkose¬bedingte Komplikationen zu erleiden, ansteigen kann.
Während Narkoseärzte früher nicht immer gleich feststellen konnten, ob eine PORC vorlag oder nicht, erlauben spezielle Messgeräte heute eine genaue Einstufung der Blockadetiefe. Dieses Monitoring ermöglicht eine regelmäßige Kontrolle der Muskelerschaffung während und besonders auch am Ende der Narkose und beugt so Komplikationen vor. Es soll deshalb bei allen Narkosen zur Anwendung kommen, bei denen Medikamente zur Entspannung der Muskeln eingesetzt werden. Dies sind zum Beispiel größere Operationen im Bauch beziehungsweise Eingriffe, bei denen die Patienten über einen Tubus beatmet werden. "Ein Einführen des Beatmungsschlauches ohne Muskelentspannung führt nachgewiesenermaßen zu Stimmbandschäden und Heiserkeit", erklärt Nöldge-Schomburg. "Deshalb ist unter anderem hierbei der Einsatz von Muskelrelaxanzien notwendig."
Medikamente zur Aufhebung einer Muskelblockade (Reversierung) gibt es schon seit langem. In Nordamerika werden sie regelmäßig bei einer Vielzahl von Patienten eingesetzt. Sie sind jedoch mit Nebenwirkungen verbunden: vermehrter Speichelfluss, ein verlangsamter Herzschlag und verengte Atemwege sind mögliche Folgen. Ärzte in Deutschland setzen sie bisher eher zurückhaltend ein. "Ein kürzlich eingeführter Wirkstoff, Sugammadex, scheint jedoch wesentlich besser verträglich und effektiver als bisherige Präparate zu sein. Das Medikament kann eine Muskelblockade jederzeit und in jeder Tiefe innerhalb weniger Minuten beenden", so Nöldge-Schomburg, die diese und weitere Neuerungen im Bereich neuromuskulärer Restblockaden mit ihren Kollegen auf dem DAC in Leipzig erörtern wird.
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Forschungs- / Wissenstransfer, Pressetermine
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