Nr. 4, Wissenschaftsdienst "Forschung aktuell" der TU Berlin, 2. Jg. /Nr. 1/März 2001
Landschaftsökonomie
Fallstudie Sylt - Was kostet die Klimaveränderung?
- Bilder vorhanden -
Das Klima auf unserer Erde ändert sich, dies ist ein Fakt. Eindrucksvoll und unmissverständlich beschreiben Fachleute der Vereinten Nationen in ihrem neuesten Bericht die Veränderungen und ihre Ursachen. Doch was kostet der Klimawandel konkret jeden einzelnen Bürger? Wissenschaftler der TU Berlin haben gemeinsam mit anderen Forschern die Kosten am Beispiel der Insel Sylt ermittelt und befragten dazu mehr als 1400 Haushalte.
Sylt im Jahr 2050. Durch die Klimaveränderung haben sich die Wellen um zehn Prozent erhöht, der Wasserstand liegt einen halben Meter höher als noch im Jahr 2000, Küstenschutzmaßnahmen sind nicht durchgeführt worden. Zwei Millionen Quadratmeter Inselfläche sind so durch Abtragen und Überschwemmen verloren gegangen. Häuser, Äcker, Wege und Strandabschnitte mussten in den Gemeinden Rantum und Hörnum aufgegeben werden, die Vermögensverluste belaufen sich auf 2,44 Milliarden Mark.
Das ist eines der Szenarien mit dem die Wissenschaftler der TU Berlin die möglichen Kosten der Klimaveränderungen aufzeigen. "Es ist ein hypothetischer Fall, weil er davon ausgeht, dass Küstenschutzmaßnahmen unterbleiben. Er zeigt jedoch die Vermögenswerte auf, die durch geeignete Küstenschutzmaßnahmen gesichert werden können", erklärt Diplom-Volkswirt Jürgen Meyerhoff.
Die Kosten für zusätzliche Maßnahmen an der Westseite der Insel beziffert die Studie auf 91 Millionen Mark in 50 Jahren. "In einer Kosten-Nutzen-Analyse zeigen wir, dass die Kosten der Klimaänderung durch entsprechende Schutzmaßnahmen auf Sylt beherrschbar sind. Die Sandvorspülungen auf der Westseite sind eine sehr rentable Investition. Der Nutzen dieser Maßnahmen übersteigt bei weitem die Kosten", macht Jürgen Meyerhoff deutlich.
Im zweiten Teil der Studie haben die Wissenschaftler untersucht, wieviel Geld die Menschen in Deutschland bereit sind, für den Schutz der Naturlandschaft Wattenmeer zu bezahlen. "In unser Untersuchung sind wir von zwei unterschiedlichen Personenkreisen ausgegangen. Erstens von Menschen, die das Wattenmeer zum Beispiel als Besucher nutzen und kennen sowie zweitens von der Gruppe der Nicht-Nutzer", erklärt Jürgen Meyerhoff den Forschungsansatz.
Insgesamt wurden 1.412 Haushalte in ganz Deutschland zu ihrer Zahlungsbereitschaft befragt. Ergebnis der Untersuchung: im Durchschnitt sind die Menschen bereit, DM 3,50 pro Monat für den Schutz des Wattenmeeres auszugeben. Bei 37 Millionen Haushalten würde laut Studie eine Summe von jährlich mindestens 1,55 Milliarden Mark für den Erhalt des Wattenmeeres zusammenkommen. "Es gibt einen signifikanten Unterschied in der Zahlungsbereitschaft von Nutzern und Nicht-Nutzern", so Meyerhoff. In einer Analyse dieser Unterschiede arbeiteten die TU-Wissenschaftler einzelne Faktoren für die Höhe der Zahlungsbereitschaft heraus. Je höher das Haushaltseinkommen und das Wissen über das Wattenmeer sowie mögliche Folgen des Klimawandels ist, desto größer ist auch die Zahlungsbereitschaft. Die Entfernung des Wohnortes zum Wattenmeer spielt jedoch keine Rolle. "Durch die in den Interviews ermittelte Zahlungsbereitschaft der Menschen, kann nun der vorher sehr schwierig zu fassende Wert von bedrohten Biotopen in die ökonomische Betrachtung von Küstenschutzmaßnahmen mit einfließen", unterstreicht Jürgen Meyerhoff die Bedeutung dieser Untersuchung.
In der Studie wurde eine solche Betrachtung für Biotope an der Ostküste der Insel Sylt durchgeführt. Auch dort ließe sich laut Studie mit Sandvorspülungen die Insel schützen. "Aus der durchgeführten Umfrage kann ein Betrag von 50 Millionen Mark als Wertschätzung für die Biotope auf der Ostseite abgeleitet werden. Diesem Wert stehen Kosten von jährlich 1,5 Millionen Mark für die Sandvorspülungen gegenüber." Die Kosten zum Schutz der Biotope würden durch die Nachfrage der Menschen nach Natur und Landschaft gedeckt, macht die Studie deutlich.
Die Arbeiten an der TU Berlin sind Teil des Gesamtprojekts "Fallstudie Sylt". Ziel der Studie war es, neben den wirtschaftlichen Aspekten der Klimaveränderungen, ein umfassendes Bild des biologischen, geologischen und sozialen Wandels für Sylt zu zeichnen.
Beteiligt waren die Universität Kiel, die Universität Magdeburg, das Alfred-Wegner-Institut für Polarforschung, die Katastrophenforschungsstelle in Kiel, die Geomar Forschungsstelle für marine Geowissenschaften und die Universität Rostock. Mitte des Jahres erscheint im Springer Verlag ein Buch, in dem die Ergebnisse der Fallstudie Sylt vorgestellt werden.
Alexander Schlichter (as)
Datenbank
Ansprechpartner: Diplom-Volkswirt Jürgen Meyerhoff, Prof. Volkmar Hartje, Technische Universität Berlin, Institut für Management in der Umweltplanung
Kontakt: Franklinstraße 28-29, 10587 Berlin, Tel.: 030/ 314-73322 oder 030/314-24537, E-Mail: meyerhoff @imup.tu-berlin.de, Internet: http://www.tu-berlin.de/~imup/sylt-d.htm
Fachgebiet: Vergleichende Landschaftsökonomie
Forschungsprojekt: Teilprojekt "Kosten einer möglichen Klimaänderung auf Sylt" im Forschungsprojekt "Klimawandel und Küste" des Bundesministeriums für Bildung und Forschung
4900 Zeichen, Texte und Bilder kann man unter www.tu-berlin.de/forschung-aktuell abrufen
http://www.tu-berlin.de/forschung-aktuell
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Biologie, Meer / Klima, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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