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19.05.2009 12:05

Wenn das Essen zur Medizin wird

Margarete Pauli Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit
Julius-Maximilians-Universität Würzburg

    Die Umzugskisten stapeln sich noch in ihrem Büro. Kein Wunder: Gleich zwei Ortswechsel musste Leane Lehmann innerhalb kurzer Zeit verkraften. Erst von der Uni Karlsruhe nach Würzburg, dann vom Chemie-Hauptgebäude in den soeben fertig gestellten Pharmazie-Neubau. Lehmann ist die neue Inhaberin des Lehrstuhls für Lebensmittelchemie an der Universität Würzburg; neuartigen Lebensmitteln und deren angebliche gesundheitsfördernde Wirkung gilt ihr Interesse.

    Soja hat es Leane Lehmann angetan. Schließlich soll die Bohne, in Form von Milch, Würstchen, Sauce oder Tofu genossen, schiere Wunder vollbringen. Soja gilt als gesund, es soll der Entstehung von Krebs vorbeugen und die Beschwerden von Frauen in den Wechseljahren lindern. So zumindest verkündet es die Werbung einschlägiger Hersteller. Verantwortlich dafür sollen bestimmte Inhaltsstoffe der Sojabohne sein: die Isoflavone. Kein Wunder, dass man diese Substanzen inzwischen in hochkonzentrierter Form als Nahrungsergänzungsmittel in Apotheken, Drogerien und selbstverständlich auch im Internet kaufen kann.
    Leane Lehmann interessiert sich allerdings nicht für die Sojabohne, weil sie etwas für ihre Gesundheit tun möchte. Ihr Interesse ist professioneller Natur; die Lebensmittelchemikerin will wissen, ob die Isoflavone tatsächlich die Wirkung erzielen, die ihnen zugeschrieben wird. Außerdem sucht sie nach potenziellen Nebenwirkungen. "Isoflavone greifen möglicherweise, wenn sie in hoch dosierter Form eingenommen werden, in das Hormonsystem des Menschen ein. Wir untersuchen, ob dies zu krankhaften Veränderungen führen kann", sagt die Wissenschaftlerin.
    Leane Lehmann wurde 1972 in Freiburg geboren und ist in Koblenz aufgewachsen; in Kaiserslautern studierte sie bis 1997 Lebensmittelchemie. Sie promovierte 2002 an der Universität Karlsruhe über das gentoxische Potenzial von Substanzen mit östrogener Wirkung; 2008 habilitierte sie sich in Lebensmittelchemie mit einer Arbeit über Lebensmittelinhaltsstoffe als molekulare Modulatoren in der Krebsentstehung. Seit diesem Semester hat sie den Lehrstuhl für Lebensmittelchemie an der Universität Würzburg inne. "Lebensmittelchemie ist ein überaus spannendes Fach", sagt die Professorin. Die Suche nach minimalen Spuren bestimmter Substanzen in Lebensmitteln sowie nach deren Wirkung habe sie schon früh fasziniert. Ihre Leidenschaft für die Forschung wurde während eines Forschungspraktikums an der Universität Kaiserslautern geweckt. "Da war klar: Ich will so weitermachen", sagt sie.
    Die Aufgaben einer Lebensmittelchemikerin haben sich in den vergangenen Jahren deutlich geändert: "Früher durfte ein Lebensmittel keine Arzneiwirkung besitzen. Heute können die Hersteller sogar damit werben, wenn die Wirkung wissenschaftlich belegt ist", sagt Lehmann. Für die Forschung sind damit neue Fragen in den Mittelpunkt geraten: "Ist die Substanz tatsächlich wirksam? Und ist sie sicher?" Vor allem der zweite Punkt beschäftigt die Forscherin. Denn im Gegensatz zu Medikamenten durchlaufen nur bestimmte Lebensmittel, so genannte "neuartige Lebensmittel", ein Zulassungsverfahren. In aller Regel findet eine Sicherheitsbewertung von Lebensmitteln oder deren Inhaltsstoffen erst dann statt, wenn sie bereits auf dem Markt sind.
    Im Normalfall müssen Lebensmittel mit Arzneiwirkung nicht unbedingt ein Problem sein: Die Margarine, die den Cholesterinspiegel senkt, wird niemand tellerweise zu sich nehmen. "Bedenklich wird die Angelegenheit aber dann, wenn viele verschiedene Produkte mit solchen Eigenschaften aufgepeppt werden und sich in ihrer Wirkung summieren. Oder wenn Menschen diese Substanzen in Form von Nahrungsergänzungsmittel in hoher Konzentration zu sich nehmen", so Lehmann. Und deshalb untersucht die Wissenschaftlerin unter anderem, ob Isoflavone in hormonelle Regelkreise eingreifen, oder ob Phytosterole noch andere Wirkungen zeigen als nur den Cholesterinwert zu senken. Außerdem interessiert sich Lehmann, ganz unabhängig von den Nahrungsergänzungsmitteln, dafür, wie Schimmelpilzgifte eigentlich wirken. Die Arbeiten, die sie in Karlsruhe begonnen hat, will sie in Würzburg weiterführen und vertiefen.
    Wie ist das - so ein Wechsel von der Elite-Uni Karlsruhe an die Uni Würzburg? "In Karlsruhe arbeitet man an einem großen Wissenschaftszentrum mit vielen Gruppen und viel Geld auch für Nachwuchsgruppen", sagt Lehmann. Und Würzburg? "Die Bedingungen hier sind sehr gut; das wissenschaftliche Umfeld stimmt, mit der Pharmazie, der Chemie, der Pharmakologie und der Toxikologie werde ich bestimmt gut zusammenarbeiten können", sagt die Professorin. Und was das Geld betrifft: Mehr Drittmittel einwerben, um die Arbeitsgruppe vergrößern zu können, hat sich Lehmann als nächstes Ziel gesetzt.
    Mit den Räumen in dem Neubau des Pharmazie- und Lebensmittelchemiegebäudes ist Leane Lehmann zufrieden - auch wenn die Bauarbeiten momentan noch nicht überall beendet sind. In ihrem Zimmer ist die Einrichtung jedenfalls komplett; Zeit, die Umzugskisten auszupacken.

    Kontakt: Prof. Dr. Leane Lehmann, T: (0931) 31-85481, E-Mail: leane.lehmann@uni-wuerzburg.de


    Bilder

    Leane Lehmann ist die neue Inhaberin des Lehrstuhls für Lebensmittelchemie an der Universität Würzburg. Foto: privat
    Leane Lehmann ist die neue Inhaberin des Lehrstuhls für Lebensmittelchemie an der Universität Würzbu ...

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Personalia
    Deutsch


     

    Leane Lehmann ist die neue Inhaberin des Lehrstuhls für Lebensmittelchemie an der Universität Würzburg. Foto: privat


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