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22.03.2001 09:33

Wie Nervenzellen ihre Verständigung steuern

Susanne Liedtke Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Zoologen der Friedrich-Schiller-Universität Jena ist es gelungen, eine vollständige Bestandsaufnahme der Peptidhormone zu machen, die eine einzelne Insektennervenzelle und deren Fortsätze zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt enthalten. "Damit betreten wir Neuland", betont Dr. Reinhard Predel. "Das eröffnet experimentelle Möglichkeiten, die zu einem besseren Verständnis der Funktion dieser Botenstoffe führen sollen."

    Jena (22.03.01) Neuropeptide spielen als Botenstoffe eine zentrale Rolle im tierischen und menschlichen Organismus. Bei der Weitergabe von Informationen von Zelle zu Zelle dienen sie oft der Feinregulierung der Erregungsübertragung an den sogenannten Synapsen, an denen ein Nervenfortsatz auf die nächste Zelle trifft. Auf diese Weise sind sie an der Steuerung wichtiger Funktionen wie Muskelbewegung oder der Verarbeitung von Sinneseindrücken beteiligt. Außerdem dienen sie auch als Hormone, die in das Blut, bzw. bei Insekten die Hämolymphe abgegeben werden.

    Reinhard Predel und sein Kollege Dozent Dr. Manfred Eckert untersuchen diese Peptidhormone an Insekten, hauptsächlich an der Amerikanischen Schabe. "Die Insekten dienen uns als Modellorganismen, weil ihr Nervensystem relativ übersichtlich aufgebaut ist und wir einzelne Nervenzellen identifizieren können, was im komplexen Gehirn eines Wirbeltieres nicht möglich ist", beschreibt Eckert die Vorteile seiner sechsbeinigen Versuchstiere. Trotz dieser Unterschiede seien die Ergebnisse aber prinzipiell auch auf den Menschen übertragbar, weil die elementaren Vorgänge im Nervensystem in der Evolution beibehalten wurden.

    Voraussetzung für die exakte Erfasung der Neuropeptide einzelner Nerven oder Nervenzellen ist die vorherige Aufklärung der Struktur dieser Substanzen. Die Jenaer Wissenschaftler haben bei der Amerikanischen Schabe die meisten dieser Botenstoffe in ihrer Struktur aufgeklärt, die sie verschiedenen Peptidfamilien zuordnen konnten. Um einen Gesamtüberblick über die zu einem bestimmten Zeitpunkt gespeicherten Neuropeptide zu bekommen, müssen die entsprechenden Organe, Nerven oder Zellen sehr sauber und schnell aus dem Tier herauspräpariert werden, erläutert Reinhard Predel. Das Präparat wird dann an einem Massenspektrometer untersucht, das dem Wissenschaftler eindeutige Aussagen übver das Peptidmuster liefert. Bis zu fünf verschiedene Neuropeptidfamilien hat der Tierphysiologe bei seinen Untersuchungen jeweils in einer Nervenzelle gefunden; die Zahl der einzelnen Neuropeptide ist jedoch noch höher, da viele Peptidfamilien mit mehreren Formen vertreten sind. "Wir wissen aber noch nicht, warum es einen so vielseitigen Cocktail gibt", so Predel, "und welche Botenstoffe gleichzeitig oder unabhängig voneinander von den Zellen oder Hormonspeicherorten abgegeben werden."

    Dennoch sei es sehr wichtig, dass nun solche Daten aus Teilen des Nervensystems vorlägen, betont der Zoologe, denn "eine komplette Erfassung der Peptide aus Einzelorganen und Zellen gab es bisher noch nicht".

    Um beobachten zu können, wie sich die Neuropeptide entlang der Nervenfasern innerhalb des Nervensystems verteilen, färbt Manfred Eckert die Botenstoffe mit selbst hergestellten Antikörpern an, die an Fluoreszensfarbstoffe gekoppelt sind. Damit kann Eckert auch Rückschlüsse auf mögliche Zielorgane ziehen. "Mit diesen Untersuchungen stehen wir aber noch am Anfang", erläutert der Jenaer Wissenschaftler, "über Peptidrezeptoren ist erst sehr wenig bekannt".

    Da die Aufklärung der Genome der Fruchtfliege Drosophila, der Maus und des Menschen jetzt aber den Zugriff auf die molekulare Struktur dieser Rezeptoren erlaube, rechnet Eckert in den nächsten zwei bis drei Jahren mit einem großen Fortschritt auf diesem Gebiet.

    Viele grundsätzliche Fragstellungen, die zum Beispiel auch bei der Entwicklung neuer Medikamente hilfreich sein können, lassen sich an Insekten klären. Deshalb gehen die Arbeiten über die reine Grundlagenforschung hinaus, betonen Eckert und Predel: "Wir lernen allmählich die Strategie verstehen, der Zellen bei der Informationsübertragung und deren Regulierung folgen."

    Ansprechpartner:
    Doz. Dr. Manfred Eckert
    Institut für Allgemeine Zoologie und Tierphysiologie
    Tel.: 03641/ 9 49 121, Fax: 9 49 102
    E-Mail: b5ecma@pan.zoo.uni-jena.de
    Dr. Reinhard Predel
    Tel: 03641/ 9 49 125
    E-Mail: B6prre@pan.zoo.uni-jena.de

    Susanne Liedtke
    Friedrich Schiller Universität
    Referat Öffentlichkeitsarbeit
    Fürstengraben 1
    07743 Jena
    Tel: 03641/ 93 10 40
    Fax: 03641/ 93 10 42
    E-mail: Susanne.Liedtke@uni-jena.de


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-jena.de/biologie/zoologie/research/insects.html


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Informationstechnik
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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