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15.07.2009 16:16

Fremde im Visier

Sebastian Hollstein Referat Öffentlichkeitsarbeit
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Jena-Oldenburger Projekt beschäftigt sich mit privaten Fotoalben aus dem Zweiten Weltkrieg / Thüringer Fotoalben gesucht

    Jena (15.07.09) Menschen fotografieren, um sich zu erinnern und legen Fotoalben an, um ihre Erinnerungen zu sammeln und mit anderen zu teilen. Auch wenn die Erlebnisse, die zu den Bildern gehören, allmählich verblassen, so bleibt doch der Blick des Fotografen auf die Geschehnisse, die seine Bilder zeigen. Selbst wenn es der Alltag des Krieges ist.

    Unter dem Titel "Fremde im Visier. Fotoalben aus dem Zweiten Weltkrieg" werden die Ergebnisse eines langjährigen Forschungsprojektes an den Universitäten Oldenburg und Jena in vier deutschen Museen präsentiert. Das Projekt wurde an der Universität Oldenburg begonnen und von 2006 bis 2008 am Jena Center Geschichte des 20. Jahrhunderts der Friedrich-Schiller-Universität Jena von Dr. Petra Bopp unter der Leitung von Prof. Dr. Norbert Frei weitergeführt und abgeschlossen. Nach dem Auftakt in Oldenburg und Stationen in München und Frankfurt am Main wird das Jenaer Stadtmuseum im Herbst 2010 die ungewöhnliche Ausstellung zeigen.

    Im Mittelpunkt stehen Fotografien, die Soldaten während des Zweiten Weltkrieges privat geknipst haben. Denn schon 1939 besaß jeder zehnte Deutsche einen Fotoapparat und viele Wehrmachtsangehörige nahmen ihre Kamera mit in den Krieg. Anfangs entstanden vor allem Aufnahmen, die den Soldatenalltag zeigen. Viele Soldaten sahen zum ersten Mal fremde Länder. Mitten im Krieg entstanden dabei oftmals auch touristische Schnappschüsse. So ließen sich Uniformierte auf der Akropolis in Athen, vor dem Eiffelturm in Paris oder in besetzten französischen Villen in der Normandie ablichten. "Auch in solchen scheinbar harmlosen Bildern kann man den Krieg erkennen", erklärt Ausstellungskuratorin Petra Bopp. "Wenn sich deutsche Soldaten auf dem Triumphbogen in Paris fotografieren lassen, dann ist das nicht nur ein übliches Touristenfoto, sondern es sagt etwas darüber aus, wie sich die deutschen Soldaten im besetzten Frankreich verhielten und wie sie sich selbst sahen."

    Zudem fotografierten die Soldaten mit ihrer Kamera zerstörte Städte und Kriegsgerät, Gefangene, Flüchtlinge, Zivilbevölkerung und Exekutionen. Nicht alle Soldaten befolgten das Fotografierverbot bei Erhängungen und Erschießungen. Durch die Montage von Fotos des Kriegsalltags, von Tod und Gewalt, aber auch des touristischen Blicks auf den Albumseiten - was alles gleichzeitig nebeneinander steht - öffnet sich ein neuer Zugang zu den visuellen Kriegserinnerungen von rund 150 untersuchten Alben aus Privatbesitz. Dabei wird auch deutlich, welch großen Einfluss die Kriegspropaganda auf die Amateurfotografie hatte. Die Fotos zeigen, wie der Krieg gesehen wurde, nicht, wie er war.

    Die Ergebnisse des Forschungsprojekts, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur gefördert wurde, werden auch in einem Buch zur Ausstellung vorgelegt, das demnächst erscheint. Eine Begleitbroschüre mit zahlreichen Abbildungen ist ab sofort im Stadtmuseum "Göhre" zum Preis von 6 Euro erhältlich; sie informiert vorab über die im nächsten Jahr ausgestellten Exponate. Außerdem plant der Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte der Friedrich-Schiller-Universität Jena für das Sommersemester 2010 ein Seminar zu diesem Thema.

    Das Stadtmuseum möchte bei der Präsentation der Ausstellung im nächsten Jahr neben den existierenden Alben vornehmlich norddeutscher Herkunft auch regionale Beispiele zeigen. So soll dabei verglichen werden, wie nach dem Krieg in beiden deutschen Staaten mit den Fotosammlungen der Väter und Großväter umgegangen wurde. Deshalb bittet das Stadtmuseum alle, die solche Alben selbst zusammengestellt oder geerbt haben, sich zu melden und sie für die wissenschaftliche Arbeit und gegebenenfalls auch für die Ausstellung leihweise zur Verfügung zu stellen. Der vertrauensvolle und anonyme Umgang mit den Nachlässen wird garantiert.

    Kontakt:
    Daniel Börner / Sebastian Hollstein
    Stadtmuseum Jena
    Markt 7
    07743 Jena
    Tel.: 03641 / 498256
    E-Mail: stadtmuseum[at]jena.de


    Bilder

    Der Katalogtitel.
    Der Katalogtitel.
    Quelle: Göhre
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie
    regional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Der Katalogtitel.


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